Humor ist sein schöpferisches Kredo. Mit lebensbejahender Leichtigkeit verwandelt Fitz trockene Fakten in mitreißende Geschichten mit ungeschminkter, bloßer Wahrheit im Mittelpunkt. Historische Ereignisse, bekannte Tatsachen und berühmte Namen verwandeln sich in seinen Erzählungen plötzlich in eine Reihe bisher unentdeckter Erkennungszeichen und wirken dadurch anziehender und präsenter. Es ist die fesselnde erzählerische Art des Autors, die ihn zu einem der namhaftesten gegenwärtigen russlanddeutschen Journalisten machte. Es sind sein Sinn für Humor und seine besondere Ausdrucksweise: Mit einem kaum erkennbaren ironischen Lächeln, schlicht, ohne überflüssige Beiwörter, beschreibt er die Realität, in der seine Helden agieren. Und es sind keine erfundenen Helden, es sind Menschen, die unter eigenen Geburtsnamen auftreten und dem Leser über ihr durchaus nicht rosafarbenes und doch faszinierendes Leben berichten.

Das neunte Buch „Deutsche Geheimnisse“ des Schriftstellers und Publizisten Alexander Fitz erschien im Sommer dieses Jahres und ist ein russlanddeutsches Medien-Projekt „Die Welt im Wort“ des Internationalen Vereins der Deutscher Kultur (IVDK, Moskau). Es beinhaltet Erzählungen, Berichte und Novellen, die dem interessierten Publikum bislang wenig bekannte Bruchteile russlanddeutscher Geschichte offenbaren. Der Autor erinnert sich an die Vergangenheit, stellt Hypothesen auf und zieht schlagartige Schlussfolgerungen. Mit Traurigkeit, Humor, Ersichtlichkeit und Rätselhaftigkeit, die im Buch harmonisch, Seite an Seite auftreten. Dem Leser, der an russlanddeutscher Geschichte interessiert ist, der auch gerne mal in die Zukunft schauen möchte und vor allem Humor versteht, werden Schicksale von Politikern, Schauspielern, Geistlichen, Bürgern und Geheimagenten vorgestellt. Die Namen sind uns allen bekannt, doch die Fakten überraschen immer wieder mit schlagartigen Informationen, konkreten Beispielen und Zeugenaussagen.

Die erste Präsentation der Neuerscheinung fand Anfang September in Fulda (Hessen) statt, vor einem Publikum, das ein lebhaftiges Interesse an unserer Geschichte hat und in einem kulturell-historischen Seminar über die Gegenwart und Perspektiven der russlanddeutschen Kultur diskutierte. Die Veranstaltung, ein Projekt des IVDK, organisiert in Zusammenarbeit mit dem Institut für ethnokulturelle Bildung – BiZ mit freundlicher Unterstützung der Ortsgruppe Fulda der Landsmannschaft der Deutschen aus Russland e.V, versammelte in diesen Tagen bekannte Historiker und Kulturschaffende aus Russland sowie aus Deutschland und bezweckte vor allem einen Meinungsaustausch zu verschiedenen Aspekten unserer mannigfaltigen Existenzfragen. Den Teilnehmern des Seminars sollte auch ein kurzer Einblick in die „Deutschen Geheimnisse“ von Alexander Fitz gewährt werden, weil sie das Thema des Seminars aus publizistischer Sicht betrachten.

Olga Martens, stellvertretende Vorsitzende des IVDK, stellte den Teilnehmern das Buch und den Autor vor und betonte, dass sie an der Herausgabe dieses Werkes auch keine einzige Sekunde zweifelte. Nachdem sie sich mit dem Inhalt vertraut gemacht hatte, war sie sofort Feuer und Flamme dafür. Klar gab es auch andere Meinungen dazu. Doch die Entscheidung lag auf der Seite der Vernunft. Frau Martens selbst schätzt das Buch als ein Novum, das auf eine besondere literarische Art und Weise „einen ganz neuen, unerwarteten Aspekt unserer Geschichte hervorhebt“.

Trotz innerer Aufregung wirkte der zur Lesung aus München angereiste Alexander Fitz gelassen und schien sogar ein wenig vergnügt zu sein. Mit lebensfroher Ironie teilte er den Anwesenden die Idee seiner Neuerscheinung mit, sprach über Anregungen, Motivationen und eigene Erfahrungen, betonte, dass er nur „die Wahrheit schreibt, sich mit konkreten Begebenheiten befasst und dies aus einem guten Grund: er ist und bleibt ein Journalist“.
Alexander ist mit unzähligen Wissenschaftlern, Historikern, Schauspielern, Schriftstellern und Geistlichen, deren Namen im Buch vorkommen, längst persönlich bekannt.

Ich fragte den Autor, warum er sein neues Werk eigentlich „Deutsche Geheimnisse“ genannt hat? Die Antwort war überraschend kurz: Jedes Volk hat seine Geheimnisse. Wieso sollten die Russlanddeutschen keine haben?

Dass Alexander recht hat, bestätigt jedes Kapitel im Buch: Jede zweite Person in seinen Erzählungen verbirgt ein Geheimnis, das jahrzehntelang auf besondere Art in Anonymität gehüllt wurde und das man nicht preisgeben durfte. Es waren Geheimnisse, die vor allem die nationale Zugehörigkeit der Menschen, über die im Buch berichtet wird, betrafen. Wie in den Fällen der prominenten „lettischen“, doch wie sich herausstellte, russlanddeutschen Schauspielerin Via Artmane; des in Vergessenheit geratenen talentierten Regisseurs Konstantin Eggert; des hochbegabten Sängers des Bolschoi-Theaters Johann Krause, der auf Befehl des „Vaters aller Völker“ Josef Stalin unter dem Namen Iwan Petrow weltberühmt wurde; des Dichters Jewgenij Jewtuschenko, den wir vielleicht nie kennengelernt hätten, wenn er unter seinem Geburtsnamen Gangnus Gedichte geschrieben hätte.

Um nicht auf der Stelle alle Geheimnisse des Autors auszuplaudern und dem Leser die Freiheit für eigene Enthüllungen unbekannter Seiten russlanddeutscher Geschichte zu bieten, möchte ich noch ein Thema, das der Autor im Buch aufgreift, ansprechen: Das Thema der Weltsicht jedes einzelnen und des Unterschieds zwischen deutsch-russlanddeutsch-russisch zu sein, zu denken und zu handeln. Es betrifft die Erzählungen und Beobachtungen in denen Fitz die Seele des echten deutschen Bürgers auf Herz und Nieren prüft und dem Neuangekommenen die Möglichkeit öffnet, Prioritäten zu setzen und eigenständige Entscheidungen zu treffen.

Dabei kommt es stets zu humorgeladenen Situationen und unerwarteten Wenden des Sujets wie nämlich in „Geheimnisse „deutscher“ Seele“ oder in „Der Bürger und das „deutsche“ Wunder“. Genau diese Geschichten machen das Buch noch attraktiver und unterhaltsamer. Man begreift plötzlich, dass ein großes Geheimnis aus mehreren kleineren besteht und dass es jedem selbst überlassen bleibt, sie zu entdecken und zu erleben. Man muss dabei nur auf den richtigen Weg kommen. Alexander Fitz hat den richtigen Weg für seine Enthüllungen entdeckt. Er untersucht mit Akribie eines Chirurgen die Seelen seiner Mitmenschen, forscht nach Gemeinsamkeiten und Unterschieden, sowie nach verborgenen Geheimnissen jedes Einzelnen, ohne ihm zu nah zu treten oder ihm seine Fehler vorzuhalten. Stets mit Genauigkeit, Mitgefühl und bewundernswerter Vorliebe zum Detail, den wichtigsten professionellen „Geheimnissen“ eines hervorragenden Publizisten.

Das Buch „Deutsche Geheimnisse“ (Russisch: Немецкие тайны“) ist im Verlag GELIKON unter knigi@gelikon.de erhältlich

Rose Steinmark

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