In den letzten Wochen haben die Weltfinanzmärkte verrückt gespielt. Nach sehr starken Kursgewinnen in nur kurzer Zeit sind sie schnell wieder gestiegen, um dann ebenso schnell wieder zu fallen.

Von Ihren Höchstständen Mitte Juli sind die Notierungen wieder ein ganzes Stück entfernt, sie liegen aber im Vergleich zum Jahresanfang immer noch deutlich im Plus. Dieses ständige Auf und Ab der Wertpapierkurse wird Volatilität genannt. Starke Ausschläge bedeuten eine hohe Volatilität, niedrige – eine geringe. Diese Kennziffer ist unter anderem auch ein Maßstab für Investoren. Wer mit solchen Ausschlägen nicht leben kann, sollte folglich die Hände von hochvolatilen Geldanlagen lassen und sich lieber einem Bankensparplan oder einem Sparbuch widmen. Dort ist die Schwankungsbreite sehr gering, allerdings auch die erzielbaren Renditen.
Was sind nun die Ursachen für die genannten starken Schwankungen der Wertpapierkurse praktisch an allen Börsen der Welt in den letzten Monaten? Vereinfacht gesagt ist es die Nervosität der Anleger. Es gibt im Moment keinen eindeutigen Trend der Entwicklung der Börsennotierungen. Deshalb nehmen manche Anleger ihre erzielten Kursgewinne mit, d. h. sie verkaufen ihre Wertpapiere, was den Kurs nach unten drückt. Andere, in höherem Maße risikobereite Anleger sehen die gesunkenen Kurse eher wieder als Chance des Einstieges und kaufen. Folglich steigen die Kurse am nächsten Tag wieder.

Doch warum sind nun die Anleger im Moment weltweit nervös? Es gibt dafür einen schon seit etwa zehn Jahren diskutierten Prozess, der sich in den USA vollzogen hat und jetzt seine praktischen Folgen zeigt: Die Wirtschaft der USA ist ja mit großem Abstand die größte der Welt und folglich ist das auch der Wertpapiermarkt der USA. Zum einen finanzieren sich sehr viele Unternehmen über die Börse, also über die Emission von Aktien, die von einem breiten, meist anonymen Publikum gekauft werden. Auf der anderen Seite ist für die meisten Amerikaner neben dem Immobilienbesitz die Anlage in Aktien die Hauptform des Sparens und der Altersvorsorge. Und hier liegt der Hund begraben. Seit etwa zehn Jahren ist eine sehr schnelle Ausweitung des Kreditvolumens für den Erwerb von Immobilien, vor allem den Bau von Wohnhäusern, zu verzeichnen. Da die Zinsen für Kredite nach dem Terrorakt vom September 2001 sehr lange Teit auf extrem niedrigem Niveau waren, haben natürlich viele Amerikaner in großem Maße Kredite aufgenommen, vor allem eben für Immobilien. Diese Kredite aber sind meistens nicht klein und sie haben lange Laufzeiten von bis zu 30 oder gar 40 Jahren. Solange die wachsende Zahl von Kreditnehmern ihren Kredit normal bedienen konnte, also pünktlich die bisher niedrigen Zinsen und die Tilgung bezahlte, entstanden bei den Banken keinerlei Probleme. In den letzten etwa drei Jahren jedoch sind die Zinsen infolge der höheren Inflationsgefahr wieder deutlich gestiegen und folglich steigen auch die Zinsbelastungen für die Kreditnehmer. Die meisten Kredite in den USA werden nämlich – im Unterschied z. B. zu Deutschland – zu variablen Zinsen ausgegeben. Das heißt, dass die Kreditzinsen mit dem allgemeinen Zinsniveau im Lande steigen oder fallen. Jetzt steigen sie und das in ziemlich flottem Tempo. Nun stellt sich heraus, dass eine ganze Reihe von Kreditnehmern diese höheren Zinsen nicht bezahlen kann und um so mehr auch an eine Tilgung der Kreditsumme nicht zu denken ist. Da das nun eine wachsende Zahl von Kreditnehmern betrifft, wächst die konkrete Gefahr, dass die Banken das verliehene Geld nicht oder nur teilweise wiedersehen. Folglich bekommen nun die Banken Probleme mit ihrer eigenen Finanzierung. Erfahren das die Investoren, werden sie möglichst schnell ihre Titel verkaufen, um Verluste zu vermeiden.

Bei den Banken wächst die Anzahl sogenannter „fauler“ Kredite. Diese Kredite stellen infolge ihrer Ausfallwahrscheinlichkeit ein hohes Risko für die Banken dar. Da jede Bank nun mit hunderten, oft gar tausenden Unternehmen und vielen Haushalten über die normalen Geschäftsbeziehungen verbunden ist, kann das Entstehen von Finanzproblemen bei einer Bank sehr schnell eine Kettenreaktion nicht nur im Bankensektor, sondern in der gesamten Volkswirtschaft auslösen. Diese Angst ist nun da und sie hat eine ernstzunehmende Basis. Der große Anteil fauler Kredite zeugt auch davon, dass die Banken letztlich mehr oder weniger leichtsinnig Kredite vergeben haben, also die Kreditwürdigkeit der Kreditnehmer nicht ausreichend geprüft haben.

Nun sind die USA scheinbar sehr weit, aber Kasachstan ist nah. Hier zu Lande liegt der Anteil solcher „faulen“ Kredite bei sensationellen 45 Prozent. Das ist nicht nur viel, dass ist schon sträflich. Folglich ist es durchaus nicht ausgeschlossen, dass sich das Szenario der USA auch auf Kasachstan überträgt bzw. sich hier ein eigener Prozess dieser Art entwickelt. Diese Gefahr wird solange relativ gering sein, wie die Einkommen schnell steigen und so Geld für hohe oder wachsende Kreditzinsen zur Verfügung steht. Verringert sich jedoch das Tempo der Einkommenssteigerung oder steigt die Inflation und damit das allgemeine Zinsniveau, kann das USA-Szenario schnell auch hiesige Realität werden.

Bodo Lochmann

17/08/07

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