“Hallyu” (한류, wortwörtlich „koreanische Welle“) hat die Welt vollumfänglich erfasst und die Popularität koreanischer Kultur auf ein nie da gewesenes Hoch gebracht. Nicht zuletzt spielen koreanische Dramaserien und K-Pop bei dem Hype um das ostasiatische Land eine nicht unerhebliche Rolle. So verwundert es nicht, dass das Interesse an koreanischen Sprachkursen weltweit stetig und Traditionen und Bräuche des konfuzianistisch geprägten Halbinsel-Staates auch im allgemeinen Bewusstsein längst angekommen sind.

Die Tage feiern koreanischstämmige Menschen überall auf der Welt das koreanische Erntedankfest „Chuseok“ (추석). Auch als „Hangawi“ (한가위) bekannt, steht das drei Tage währende Fest am 15. Tag im achten Monat laut dem chinesischen Kalender, dieses Jahr vom 17.09.-19.09, im Zeichen der Familie und der Zusammenkunft. Menschen aus Nah und Fern kommen zusammen, besuchen ihre entfernten Verwandten und genießen ein gemeinsames, üppig ausgelegtes Mahl. Als stark landwirtschaftlich geprägte Gesellschaft schweißte der Dank einer gelungenen Ernte gegenüber Jung und Alt, Land und Metropole seit jeher zusammen. Vorbildlich ein Zeichen der Verbundenheit. Auch heute gehört der Zeitraum neben „Seollal“ (설날), dem koreanischen Neujahr, als wichtigster traditioneller Feiertag des Landes.

Um die Entstehungsgeschichte ranken sich mehrere Mythen, doch ist der gesellschaftliche Mehrwert unbestreitbar. Die am häufigsten genannte sei wohl ein Wettbewerb zwischen zwei Gruppen von Frauen, der im Zeitraum des Silla-Königreichs (57 v.Chr. – 935 n.Chr.) stattfand. Der Legende nach haben die Frauen um die Wette gewoben und die Verlierergruppe musste den Gewinnerinnen ein köstliches Festmahl zubereiten.

Korea existiert auch in Kasachstan

Auch wenn sich die koreanische Wirtschaft sowie die Gesellschaft gewandelt haben, so bleibt doch die ursprüngliche Idee. Von Generation zu Generation, wie eine unaufhaltsame Welle, der auf Fürsorge, verdienter Erholung nach harter Arbeit und Gemeinschaft stützt. Auch in der multiethnischen Millionenmetropole Almaty verfängt die Nachfrage nach kulturellen Aktivitäten nicht, wie unter anderem die Aktivitäten des Bildungszentrums der Botschaft der Republik Korea zeigen. Unter dem Leitthema der „Einheit“ veranstaltet das Institut am 21.09. ab 10 Uhr im eigenen Haus das Festival zur Bildung und Kultur Koreas, zu dem jeder Korea-Interessierte herzlich eingeladen ist. Das Programm ist prall gefüllt und gibt einen Einblick in Elemente koreanischen Alltags. Darunter erste Kalligraphie-Versuche, also dem Erlernen und Üben der koreanischen Schrift „Hangeul“, das bis heute als historisches Zeugnis koreanischer Fortschrittlichkeit einen wichtigen Teil der koreanischen Identität ausmacht.

Weiterhin lassen sich neben beliebten mit K-Pop unterlegte Tanzwettbewerbe und -auftritte bestaunen und die koreanische Küche degustieren. So ist sowohl für Schüler als auch für Erwachsene und Senioren sicherlich etwas dabei und womöglich findet sich ein generationsübergreifendes neues Hobby.

Zahl der Koreaner in Almaty nicht gering

Wer sich tiefergehend mit der koreanischen Diaspora in Almaty beschäftigen möchte, kommt um einen Besuch im Republikanisch Koreanischen Staatstheater Kasachstans nicht herum. Selbst 93 Jahre nach der Eröffnung zeichnet es sich als verbindende kulturelle Einrichtung zwischen Peripherie und Zentrum aus. Denn – alleine in Almaty sind rund 36 Tausend Angehörige der koreanischen Minderheit beheimatet, was rund ein Drittel der in ganz Kasachstan Lebenden ausmacht.

Doch die aktive Verbundenheit mit dem „Mutterland Korea“, wie die Heimat oft in der koreanischen Diasporaliteratur während der japanischen Kolonialzeit genannt wurde, verzagt hier nicht. Der Verband der Kasachstan-Koreaner setzt sich seit 1990 aktiv für die Förderung in verschiedenen Sphären des Alltags, von kultureller Weiterbildung bis zum politisch-sozialen Zusammenlebens und der technischen Innovation, ein. Nicht zuletzt ist die knapp über 100 Jahre währende Geschichte der koreanisch-kasachstanischen Zeitung „Koryeo Ilbo“ an sich eine bewährte Institution, die beide Länder und Völker verbindet.

Die koreanische Minderheit in Kasachstan mit ihrer Orientierung an traditioneller Kultur und Bräuchen sollte als Vorbild für uns alle, insbesondere uns Kasachstadeutschen, gelten. Nicht alleine die Besinnung zur Familie, sondern der warmherzige, einfache Wunsch nach Geborgenheit auf der einen, und dem Gefühl des Ankommens auf der anderen Seite, ist eine erstrebenswerte Tugend.

Anton Genza

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