DAZ veröffentlicht die besten Arbeiten des Sprachwettbewerbs „Deutsch in meinem Heimatort“. Heute stellen wir die Arbeit Nr. 19 von Wladimir Juchimenko vor.

 

In Scheskasgan wohnen etwa 2.500 Deutsche. Viele von ihnen mussten die schwersten Zeiten der Geschichte der Russlanddeutschen erleben. Hilde Heinrich hat zugestimmt, uns über ihr schweres Schicksal zu erzählen, das Schicksal einer Deutschen, die genau wie viele andere unschuldige Deutsche durch die Repressalien gelitten hat.

Wo und wann wurden Sie geboren, Frau Heinrich?

Ich wurde am 18. Juli 1924 im Dorf Meschel geboren. Es liegt im Krimgebiet.

Was waren Ihre Eltern von Beruf?

Wir lebten im Dorf, und meine Eltern waren Kolchosbauern.

Wo verbrachten Sie Ihre Kindheit?

Auf der Krim. Aus Meschel zog unsere Familie ins Dorf Berket, später ins Dorf Kamrad.

Sie erinnern sich wohl oft an Ihre Kindheit, nicht wahr?

Ja, das stimmt. Das war die schönste Zeit meines Lebens, und die Erinnerungen daran haben sich tief in meinem Herzen eingeprägt: Die schöne Natur, die Möglichkeit, viel Zeit im Freien zu verbringen und mit anderen Kindern zu spielen. Aber man musste den Eltern auch viel im Haushalt helfen. Ich erinnere mich auch sehr gut an meine Paten. Sie brachten uns Kleinen jedes Jahr zu Weihnachten viele Geschenke mit. Wir waren davon immer entzückt.

Wie ist Ihre Familie nach Kasachstan gekommen?

Nachdem der Krieg angefangen hatte, bekam unsere Familie zwölf Stunden Zeit, um sich für die Reise fertig zu machen und unseren Wohnsitz zu verlassen. Es war verboten, etwas mitzunehmen. Am Morgen wurden wir in Fuhrwerke geladen und zur Station gebracht. In Güterwagen kamen wir zuerst nach Rostow, später nach Kalmyckien. Aber als die Frontlinie näher kam, wurden wir nach Kasachstan, ins Dorf Jernasar im Gebiet Dschambul deportiert. Viele Russlanddeutsche erlebten so die gewaltsame Deportation.
Wir wissen, dass Sie Trudarmistin waren. Bitte erzählen Sie von dieser für viele Russlanddeutsche schwierigen Zeit.
1942 war mein älterer Bruder als erster aus unserer Familie in die Trudarmee einberufen worden, danach mein Vater und ich. Wir arbeiteten an der Station Makat im Gebiet Gurjew. Dann wurden wir in die Stadt Orsk geschickt. Von 1943 bis 1945 standen wir unter Aufsicht der Kommandantur. Jeden Tag haben wir 12 Stunden gearbeitet. Dann wurde ich krank. Die Diagnose lautete: Rachitis.

Wie war Ihr Leben nach dem Krieg?

Nach Kriegsende befand ich mich bis 1957 unter Aufsicht der Kommandantur. 1957 zog ich um nach Scheskasgan. Hier wohnte mein jüngerer Bruder.

Welche deutschen Sitten und Gebräuche pflegen Sie in Ihrer Familie?

Auch heute feiern wir in unserer Familie Weihnachten und Ostern nach dem katholischen Kalender. Ich erinnere mich sehr gut daran, wie prima meine Mutter kochte. Es gab nur wenig Lebensmittel für unsere sechsköpfige Familie. Aber meine Mutter hat es geschafft, alle zu ernähren. Auch heute noch koche ich deutsche Speisen aus meiner Kindheit.

Was würden Sie der heutigen deutschen Jugend in Kasachstan wünschen?

Unsere Traditionen nicht zu vergessen und Deutsch zu lernen. Und fest davon überzeugt zu sein, dass es keine guten oder schlechten Nationalitäten gibt. Alle Menschen wollen ruhig und friedlich leben. Ich wünsche allen eine friedliche Zeit, damit niemand mehr erleben muss, was Krieg ist, und ich hoffe, dass die heutigen Jugendlichen nie so schreckliche Erlebnisse in ihrem Leben haben werden, wie unsere Generation sie überstanden hat.

Hilde Heinrich antwortete nur kurz. Es war offensichtlich, dass ihr die Erinnerungen viel Schmerz bereiteten. Wir bedankten uns für das interessante Interview, tranken Tee mit ihrem berühmten Riwwelkuchen und verabschiedeten uns dann herzlich von ihr.

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