Die Regierungen der meisten Länder stellen gegenwärtig gewaltige Finanzmittel bereit, um die aktuelle Finanzkrise in den Griff zu bekommen und die Realwirtschaft zu beleben. Die US-Regierungen unter Bush und Obama haben zusammen sogar etwa 1,5 Billionen Dollar als Hilfspaket für die Wirtschaft geschnürt.
Die Regierungen anderer Länder stellen zwar in absoluten Zahlen weniger, im Vergleich zu ihren Bruttoinlandsprodukten (BIP) jedoch noch mehr bereit als die USA. Da die Krise bezüglich Tiefe und Schnelligkeit ihrer Verbreitung kaum vorhersehbar war, waren diese staatlichen Ausgaben natürlich in keinem Land der Welt eingeplant.
Damit stehen jetzt die Fragen im Raum, wie viel ein Staat eigentlich bereitstellen kann, woher er das Geld kurzfristig nimmt und welche Folgen sich aus der Bereitstellung solcher Geldberge ergeben. Da infolge des Rückgangs der Wirtschaftsleistung auch die Steuereinnahmen sinken, ist die Antwort auf das „woher“ leicht erkennbar: der Staat muss Kredite aufnehmen, also Schulden machen. Dafür gibt es einen eingefahrenen Mechanismus der Emission von Staatsanleihen, für die man dann allerdings auch entsprechende Käufer finden muss. Das ist im Moment nicht einfach. Erstens behalten die Bürger ihr Geld derzeit generell lieber im Kopfkissen. Zweitens drängen gegenwärtig praktisch alle Staaten mit ihren Anleihen auf die Kapitalmärkte, weswegen das Angebot der Staatsanleihen zunimmt. Drittens steht im Moment schon eine Reihe von Staaten am Rande des Bankrotts, was zu Vorsicht bei potentiellen Käufern führt. Wegen dieses angestiegenen Angebots und der eher geschrumpften Nachfrage gibt es im Moment weltweit eine scharfe Konkurrenz zwischen den Regierungen um den Sparer und seine Einlagen. Gerade für wirtschaftlich schwächere Länder bedeutet das, dass sie überdurchschnittlich hohe Zinsen bieten müssen, um überhaupt Käufer für ihre Anleihen zu finden. Dies erhöht die Kosten dieser Refinanzierungsweise für diese Staaten erheblich, und führt folglich zu einer Zunahme des Schuldendienstes.
Da von den Regierungen erwartet wird, dass sie die Retter in der höchsten Not spielen, gibt es gegenwärtig wohl kaum einen anderen Weg als den des sprunghaften Anstiegs der Staatsschulden. Dabei sollte man doch mindestens ein Auge auf die möglichen Folgen der Schuldenzunahme werfen. Denn auch Staaten können Pleite gehen, wie unlängst Island gezeigt hat. Bei hoher Verschuldung und gleichzeitig schlechtem Rating der Staatsanleihen wird es Regierungen nicht ohne weiteres möglich sein, ihre Anleihen zu verkaufen. Folglich können bestehende Schulden nicht bedient werden. Das führt wiederum dazu, dass sich Besitzer älterer Staatsanleihen möglichst schnell von diesen trennen wollen. Dann ist der Schreckensmoment da, die entsprechende Regierung muss den Offenbarungseid leisten. Im Moment zittern zum Beispiel die italienische und die griechische Regierung, weil sie ihre in diesem Jahr zu bedienenden Schulden mit neuen begleichen müssen und sie infolge hoher Staatsschulden (Italien: 106 Prozent vom BIP) nicht sicher sein können, dass sich genügend Käufer für Anleihen finden werden.
Die aktuelle Verschuldungslawine wird die Staatshaushalte noch sehr lange belasten, auch nachdem wir die aktuelle Krise schon vergessen haben und uns vielleicht schon mit einer neuen beschäftigen müssen. Steuererhöhungen als klassisches Instrument der Erhöhung der Staatseinnahmen sind vorprogrammiert. Beliebt zur Schuldentilgung ist auch eine bewusste Erhöhung des Inflationsniveaus. Damit hat sich der deutsche Staat in den 1920er Jahren ziemlich schnell entschuldet. Dafür waren allerdings Inflationsraten von bis zu mehreren Millionen (!) Prozent pro Jahr notwendig. Der Einsatz beider Instrumente trifft folglich den kleinen Mann.
Vielleicht sollten wir uns damit beruhigen, dass ein besonders rabiates Entschuldungsinstrument heute nicht mehr aktuell ist. Oft genug hatten vor allem Revolutionäre die Gläubiger ihrer Vorgänger einfach geköpft oder erschossen und waren so die Schulden los. In finanztechnischer Hinsicht ein sehr wirksames, aber nur sehr bedingt demokratisches Mittel der Schuldentilgung.
Bodo Lochmann
20/02/09