Mit dem 1. Januar 2016 jährt sich für die Deutsche Allgemeine Zeitung nunmehr zum 50. Male das geschichtsträchtige Datum der Gründung der Zeitung im Jahre 1966. Ein guter Grund, zum 50jährigen Jubiläum Rückschau zu halten und auch ganz persönliche „DAZ-Momente“ zu erinnern.
Drei Jahre nach meinem letzten Arbeitstag in der Redaktion der DAZ halte ich immer noch gerne die eine oder andere Ausgabe in den Händen und verfolge am Telefon und im Netz die neuesten Entwicklungen. Die DAZ und ihr Redaktionskollektiv haben eben einen besonderen Platz in meinem Leben eingenommen – sowohl in den Erinnerungen als auch im Herzen!
Noch heute erscheint es mir, als sei es gestern gewesen: An einem sonnigen Spätsommertag 2011 begleitete mich die Chefredakteurin der DAZ, Olesja Klimenko, an meinem ersten Arbeitstag von der belebten Kreuzung Al-Farabi bis zum „Deutschen Haus“, wo die DAZ-Redaktion ihr Büro hat. Der Empfang war von einer Herzlichkeit geprägt, die mir sehr gut tat. Das südliche „Flair“ Almatys und der ganz eigene Charme der ehemaligen Hauptstadt Kasachstans taten ihr Übriges…
Als entsandte Redakteurin des Instituts für Auslandsbeziehungen (ifa) reizte mich die kulturelle Vermittlerrolle zwischen Kasachstan und Deutschland, aber auch die Schnittstellenfunktion zwischen deutschstämmiger Minderheit, Redaktion und dem ifa-Institut in Stuttgart.
Die Deutsche Allgemeine Zeitung hat als einzige deutsch-russischsprachige Zeitung im zentralasiatischen Raum auch diese Vermittler– und Brückenfunktion inne. Zielgruppen unterschiedlichster Couleur informieren sich in der DAZ über die kulturelle und wirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Kasachstan, über soziale und politische Fragestellungen, vor allem aber über Aktivitäten innerhalb der deutschen Minderheit Kasachstans.
Die als offizielle Minderheitenzeitung eingestufte DAZ verfolgt hohe Ansprüche an ihre redaktionelle und journalistische Arbeit: den grenzüberschreitenden Dialog, Völkerverständigung und die Vernetzung von Menschen, Wissen und Erfahrungen: Allein diese Mischung führte in den letzten Jahren viele engagierte ifa-Redakteure und noch viel mehr Praktikanten nach Almaty, weit weg von Deutschland und Europa.
Die DAZ erlebte eine wechselvolle Geschichte; allein das 50jährige Jubiläum verlangt schon zwingend eine historische Rückschau. Im Wandel der Zeit änderten sich für die Zeitung nicht nur der Name, sondern auch die Zielgruppe und die Ausrichtung.
Im Gründungsjahr 1966 erschien die erste Ausgabe der Minderheitenzeitung – unter dem damaligen Namen „Freundschaft“. Nach der politischen Rehabilitation der Sowjetdeutschen im Jahre 1964 durch den Obersten Sowjet konnte die „Freundschaft“ nun als Sprachrohr für die deutschstämmige Minderheit in der kasachischen Sowjetrepublik in der deutschen Muttersprache berichten. Zu dieser Zeit erschien das Minderheiten-Organ fünfmal pro Woche, allerdings nur auf vier Seiten statt der heutigen 12. Verlegt wurde die Tageszeitung in Zelinograd – dem heutigen Astana, wo sich auch die Redaktion befand.
Nach dem Zerfall der Sowjetunion erschien die Zeitung in den 90er Jahren nur noch unregelmäßig, bis die „Wiedergeburt“ (Assoziation der gesellschaftlichen Vereinigungen der Deutschen Kasachstans) im Jahre 2000 gemeinsam mit der Regierung Kasachstans Herausgeber der DAZ wird.
Auf älteren Fotos der Anfangsjahre erkennt man unter dem Redaktionskollektiv ein Gesicht, was vielen Redakteuren aus Deutschland in lebhafter Erinnerung geblieben ist: Unter den „Gründern“ von 1966 befand sich Eugen Hildebrand, der nunmehr seit 50 Jahren als Korrektor und studierter Sprachwissenschaftler für den deutschsprachigen Teil der Zeitung verantwortlich ist.
Sehr gern erinnere ich mich an die langen Abende in der Redaktion, als die Korrekturen nach vielen Überprüfungen abgeschlossen waren und wir gemeinsam mit Eugen Hildebrand aufatmen konnten: die Zeitung ging in den Druck! Eine unendliche Leichtigkeit und Freude stellte sich bei uns ein, diesen kreativen Prozess gemeinsam aufs Neue abgeschlossen zu haben. Dafür möchte ich Herrn Hildebrand an dieser Stelle von ganzem Herzen Dank sagen!
Die DAZ steht für Kulturvermittlung und Sprachförderung: Die Zeitung ist eingebettet in die Arbeit der Assoziation der Vereinigungen der Deutschen Kasachstans mit ihren vielfältigen kulturellen Aktivitäten und Deutsch-Sprachkursen an den einzelnen Regionalzentren. Neben dem deutschen und russischen Teil bietet sie sogar eine Seite zum Kasachisch-Lernen für Kinder an.
Sie ist aber auch innerhalb des großen Netzwerks der deutschen Sprach– und Kulturmittler sehr präsent, angefangen vom Goethe-Institut, der Deutsch-Kasachischen Universität DKU über Wirtschaftsvertreter und Delegationen bis hin zu Vertretern des diplomatischen Dienstes der Bundesrepublik Deutschland.
An einen besonderen Höhepunkt erinnere ich mich noch lebhaft: jedes Jahr fand das kulturübergreifende Projekt „ZAM“ – Zentralasiatische Medienwerkstatt in Almaty statt, welches gemeinsam mit Kulturmittlern vor Ort und dem ifa von der DAZ-Redaktion organisiert wurde. Vieles mußte abgestimmt und besprochen werden. Es ging nicht nur um Kreativität und Spaß, sondern um Fördermittel und somit um viel Geld. Trotz des hohen Koordinationsaufwands war unser Zusammentreffen mit den jungen Nachwuchsjournalisten aus Kirgisien, Tadschikistan, Usbekistan und natürlich Kasachstan ein sehr wichtiger Motivator für unsere Arbeit.
Neben dem deutschen Teil der Zeitung wurde jede Woche auch der russische Teil der Zeitung mit aktuellen und interessanten Artikeln, Meldungen, Reiseberichten usw. befüllt. Mit Engagement, Erfahrung und redaktionellem Spürsinn meistert die langjährige Chefredakteurin Olesja Klimenko bis heute diese anspruchsvolle Aufgabe: neue Projekte anzustoßen, Ideen zu verwirklichen und alles dafür zu tun, daß jede Wochenausgabe dem Publikum in Zentralasien und Deutschland inhaltlich und optisch gerecht wird.
Dabei konnte sie auf ein umfangreiches Netzwerk von bekannten deutschstämmigen Autoren in Kasachstan zurückgreifen, zu dem der unvergessene Herold Belger gehörte!
Die Deutsche Allgemeine Zeitung der heutigen Zeit steht für Menschen mit einer besonderen Aufgabe: Menschen, ohne die weder ein Artikel noch ein Interview hätte entstehen können.
Menschen, die unabhängig von ihrem beruflichen und persönlichen Hintergrund gemeinsam an einer Sache arbeiten, für deren Ergebnis letztlich alle verantwortlich sind: Redakteure, Praktikanten, Layouter und Korrektoren.
Was wären unsere „Werke“ ohne die geschickten Hände der Layouterin Veronika gewesen, die mit einer gehörigen Portion Improvisationstalent in akribischer Feinarbeit oft stundenlang am Layout von Text und Fotos feilte!
Gerade diese menschliche Komponente in der Redaktion der DAZ hat mich sehr fasziniert und tut es bis heute. Mir hat diese Art zu arbeiten sehr viel Spaß bereitet – auch wenn das hieß, bis spätabends die Korrekturfahnen zu lesen, das Layout umzuändern usw., weil die Zeitung dringend in den Druck sollte.
Ohne Übertreibung kann ich heute behaupten, dass die Arbeit in der Deutschen Allgemeinen Zeitung die bisher eindrucksvollste und schönste Erfahrung in meinem Arbeitsleben war.
Daher gratuliere ich der DAZ aufs Herzlichste zum 50. Jubiläum und wünsche der Redaktion weiterhin viel Schaffenskraft, Inspiration und Freude bei der redaktionellen Arbeit sowie Enthusiasmus für die Belange der deutschstämmigen Minderheit Kasachstans!