Im Rahmen des „Green Deals“ will die EU für Importe aus Drittstaaten eine CO2-Abgabe erheben. Davon ist auch Kasachstan betroffen, das 40 Prozent seiner Waren und Dienstleistungen in die EU exportiert. Michael Quiring von Rödl & Partner erläutert in einem Beitrag für die DAZ, was die geplanten Maßnahmen konkret für das Land bedeuten und welches Potential sich daraus für deutsche Unternehmen in Kasachstan ergibt.

Die europäische Kommission hat am 14. Juli 2021 ein Maßnahmenpaket vorgestellt, das der Umsetzung des sog. „Green Deals“ dienen soll.

Dieses sog. „Fit for 55“-Gesetzespaket stellt ein Programm dar, um den umwelt- und klimafreundlichen Umbau der europäischen Wirtschaft umzusetzen. Im Grunde handelt es sich um Bestrebungen, die eine Verschärfung der EU-Klimaziele zum Gegenstand haben. Damit möchte die Europäische Union ihre Vorreiterrolle in der weltweiten Klimapolitik festigen.

Der Handel mit Emissionszertifikaten bleibt hierbei das wichtigste Instrument, um die gesetzten Klimaziele zu erreichen. Im Rahmen des europäischen Emissionshandelssystems (EU ETS) beabsichtigt die EU, die zulässige Menge an CO2 durch eine zunächst einmalige Absenkung der Menge der Emissionszertifikate erheblich zu limitieren. Kombiniert mit dem ohnehin bereits stark gestiegenen CO2-Preis führt dies zu höheren Belastungen bei europäischen Unternehmen. Des Weiteren soll die weitere Zuteilung von kostenlosen CO2-Zertifikaten an Verpflichtungen von Unternehmen geknüpft werden, Investitionen in den Klimaschutz zu tätigen.

Abgaben infolge des Carbon Border Adjustment Mechanism

Teil des von der EU vorgelegten Legislativpakets ist ein CO2-Grenzausgleichsmechanismus. Der CBAM (Carbon Border Adjustment Mechanism) soll zunächst auf energieintensive Güter Anwendung finden. Diese sind Zement, Stahl, Aluminium, Dünger und Elektrizität. Der Mechanismus soll sodann auf weitere Güter ausgedehnt werden. Ungesehen der Diskussion, dass dieser Mechanismus der Verlagerung der Produktion und Investitionen ins Nicht-EURO-Ausland vorbeugen soll, bedeutet es für Importe aus Drittstaaten, dass für importierte Güter eine CO2-Abgabe berechnet werden wird.

Daraus folgt, dass faktisch bei den außerhalb der Europäischen Union hergestellten Gütern eine CO2-Abgabe zu zahlen wäre, die der Belastung der europäischen Unternehmen (berechnet nach dem CO2-Preis EURO/Tonne) entsprechen würde. Je weniger Kohlenstoffdioxid bei der Produktion ausgestoßen wird, desto günstiger werden die Importe aus Drittstaaten. Schließlich bemisst sich die CO2-Abgabe jeweils an dem aktuellen CO2-Preis im EU ETS. Dieser lag am 10.10.2021 bei über 58 EURO/Tonne. Mit einem weiteren Anstieg des CO2 pro Tonne ist zu rechnen.

Gedankenspiele der kasachischen Regierung zur CO2-Abgabe

Für Transformationsländer wie Kasachstan entsteht durch die Einführung des CBAM erheblicher Handlungsbedarf. Es kursieren bereits jetzt Zahlen, dass ab 2023 die Belastung der kasachstanischen Exporteure langfristig bis auf 1,5 Milliarden USD ansteigen könnte. Andere Prognosen gehen zwar von anderen Zahlen aus, bestätigen allerdings ebenfalls, dass es zu erheblichen Belastungen für den kasachstanischen Export kommen wird.

Eine entscheidende Rolle dürfte den lokalen Regelungen in den jeweiligen Exportländern zukommen, die ihrerseits eine CO2-Abgabe in dem eigenen Land festgesetzt haben. Ist die CO2-Abgabe in dem jeweiligen Exportland genauso hoch wie in der Europäischen Union, entfällt die Verpflichtung, eine CO2-Abgabe bei der Einfuhr in die EU zu zahlen. Vor diesem Hintergrund ist unter anderem die Aussage des kasachischen Umweltministeriums zu sehen, eine eigene CO2-Abgabe einführen zu wollen.

Auch gibt es Überlegungen, einen „Carbon Fund“ zu gründen. Solche Gedankenspiele verwundern nicht, wenn man bedenkt, dass rund 40 Prozent aller Exporte aus Kasachstan ihren Weg in die EU finden. Die Anrechnung einer im Exportland gezahlten CO2-Abgabe setzt allerdings seinerseits voraus, dass die Berechnungsgrundlagen in Drittstaaten mit denen der EU vergleichbar und transparent sind.

Der Emissionshandel in Kasachstan

Um eine Orientierung zu geben, wie weit Kasachstan mit der Dekarbonisierung vorangeschritten ist, ist kurz auf den Status des in Kasachstan existierenden Emissionshandelssystems einzugehen. Dieses ist bislang nur auf große Verursacher von CO2 anwendbar. Beispielsweise müssen nur die Verursacher, die mehr als 20.000 Tonnen CO2 pro Jahr ausstoßen, überhaupt am Emissionshandel teilnehmen (vgl. § 289 Abs. 3 des kas. Umweltkodex). Als Treibhausgas ist zudem lediglich Kohlenstoffdioxid definiert, während der Emissionshandel mit anderen Treibhausgasen überhaupt nicht geregelt ist (vgl. § 289 Abs. 1 des Umweltkodex). Verursacher, die zwischen 10.000 und 20.000 Tonnen CO2 jährlich ausstoßen, müssen die Menge des CO2-Ausstoßes melden. Jene Informationen müssen ausweislich der kasachischen Regelungen nicht verifiziert werden.

Zu beachten ist ferner auch, dass in Kasachstan die Zuteilung von kostenlosen CO2-Zertifikaten 2021 zugenommen hat. Ob vergleichbare Tendenzen mit den Zielen der EU, die Gesamtmenge der Emissionszertifikate zu reduzieren, vereinbar sein wird, ist zweifelhaft.

Die aufgeführten Beispiele dürften belegen, dass Kasachstan in den kommenden Jahren bemüht sein wird, eine eigene CO2-Abgabe einzuführen. Das Land wird dabei erhebliche Anstrengungen unternehmen müssen, damit die kasachstanische CO2-Abgabe von der EU akzeptiert werden kann. Zu unterschiedlich sind die Beiträge der EU und die von Kasachstan nach dem zeitlich gesteckten Rahmen und der Regelungstiefe. Inwieweit eine mit den Regelungen der Eurasischen Wirtschaftsunion konforme Lösung gemeinsam mit Russland, das 2019/2020 insgesamt für rund 3,9 Milliarden Euro Stahl, Ferrolegierungen und Roheisen in die EU eingeführt hat, gefunden werden muss und kann, ist eine weitere Fragestellung, die hier nicht weiter erörtert werden kann. Sie wird aber wohl eine von mehreren Fragestellungen sein, wie sich die bei der Produktion in Kasachstan entstehenden CO2-Emissionen kalkulieren und transparent nachweisen lassen.

Umweltvorgaben der EU bewirken auch in Kasachstan Veränderungen

Die Chancen für die deutsche Wirtschaft, lokale Unternehmen bei der Verbesserung der Umweltbilanz zu unterstützen, dürften indes riesig sein. Als Beispiel kann man eine aktuelle Pressmitteilung von ThyssenKrupp vom 06.10.2021 anführen. Das Unternehmen hat bekannt gegeben, dass es die CO2-Intensität einer Tonne Stahl (der neuen Marke bluemint® Steel) so um 70 Prozent verringert habe. Der Transfer solcher Technologien nach Kasachstan wäre eine denklogische Konsequenz zur Umsetzung der Dekarbonisierung.
Neben dem Einsatz von grünem Wasserstoff würde ein Technologietransfer Unternehmen in Kasachstan ermöglichen, den CO2-Ausstoß erheblich zu reduzieren.

Weitere Vorgaben der EU zu den Anforderungen an Luft- und Wasserqualität werden auch insoweit Veränderungen der Fertigungsprozesse in Kasachstan bewirken. Produkte deutscher Unternehmen in den Bereichen Energieeffizienz sowie zur Verringerung von Schadstoffemissionen werden deshalb auch in Kasachstan gefragt sein. Der CBAM wird sich folglich aller Voraussicht nach positiv auf die deutsche Wirtschaft in Kasachstan auswirken. Es bleibt abzuwarten, wann Kasachstan eine eigene CO2-Abgabe einführen wird.

Michael Quiring

Ansprechpartner:
Michael Quiring

Partner
Rechtsanwalt
Lokaler Branch Manager Zentralasien
T +7 727 3560 655
F +7 727 3560 615
E michael.quiring@roedl.com

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