Immer weniger junge Menschen lernen an Kasachstans Schulen Deutsch als Fremdsprache. Relativ konstant bleibt dagegen der kleine Kreis der Intensiv-Sprachlerner. Zum Ende ihrer Schulzeit können die besten Deutschlerner an sieben Schulen im Land das Deutsche Sprachdiplom ablegen. Ende Mai wurden die Sprachdiplome in Kasachstan feierlich übergeben – die DAZ war in der Schule Nr. 68 in Almaty dabei.
/Bild: Ulf Seegers. ‚Generalkonsul Hans-Jürgen Keilholz überreicht Asel Nurumbetowa das Deutsche Sprachdiplom. Auch Fachleiterin Aiman Akylbetowa (Mitte) freut sich für ihren Schützling.’/
Schüler und Lehrer haben die fensterlose, triste Aula der Schule Nr. 68 in Almaty dieses Mal mit Fahnen und Luftballons besonders bunt geschmückt. Schließlich gibt es ein Jubiläum zu feiern. Bereits zum zehnten Mal werden in diesem Jahr die Deutschen Sprachdiplome (DSD) in Kasachstan verliehen, und die Schule Nr. 68 gehörte mit zu den ersten Schulen im Land, an denen die anspruchsvolle Deutsch-Prüfung abgelegt werden konnte. Etwa 50 stolze Eltern, Freunde, Lehrer und Repräsentanten deutscher Institutionen in Kasachstan sind in der Aula zusammengekommen. Die jungen Moderatoren geben mit Hilfe der Deutschlehrerin ihren Begrüßungsworten noch den letzten Schliff. Dann marschieren die Diplomanden zu klassischer Musik ein.
Für sie ist der lang ersehnte Moment endlich gekommen. Manche von ihnen lernen schon seit der ersten Klasse Deutsch. Jetzt nach elf Jahren Schule und fast 1.000 Deutschstunden haben sie die Prüfung zum DSD gemeistert. Keine ganz einfache Prüfung. An der Schule Nr. 68 haben von dreizehn Teilnehmern nur sieben die Prüfung bestanden. Sie erhalten von Hans-Jürgen Keilholz, dem deutschen Generalkonsul in Almaty, die begehrten Diplome. Begehrt deshalb, weil sie einige Vorteile bringen. Die ehemaligen Schüler können damit ihre sehr guten Deutschkenntnisse belegen und sich beispielsweise direkt bei einer deutschen Hochschule bewerben. Aber auch an der Deutsch-Kasachischen Universität in Almaty sind sie sehr willkommen. Nicht zuletzt erkennen deutsche Unternehmen im Ausland das DSD als wichtige Qualifikation an.
Reinhard Zühlke, Fachberater und Koordinator für die Schulen mit vertieftem Deutschunterricht in Kasachstan, gratuliert den Diplomanden zur bestandenen Prüfung. Er dankt vor allem den Eltern der Absolventen, denn häufig waren sie es, die festgelegt haben, dass ihre Kinder den so genannten vertieften Deutschunterricht erhalten.
So auch bei Asel Nurumbetowa. „Meine Eltern haben entschieden, dass ich gleich zur Einschulung mit dem Deutschunterricht anfange.“
Die Sprache sei ihr leicht gefallen – bis auf die Grammatik. „Durch den Landeskunde-Unterricht kenne ich Deutschland fast besser als Kasachstan“, erzählt sie lachend.
Die Freude der Absolventen ist groß. Bei Michael Seifert, einem der sieben Glücklichen von der Schule Nr. 68, sind Erleichterung und Stolz direkt zu spüren. Er betont in seiner Rede immer wieder: „Wir haben es geschafft!“ Der Diplomand macht aber auch klar, dass das DSD nur ein Zwischenziel ist: „Wir dürfen nicht stoppen, wir müssen immer weitergehen“. Das scheint für den ehrgeizigen jungen Mann auch das persönliche Motto zu sein. Mit 83 von 96 möglichen Punkten hat er das beste Prüfungsergebnis in Kasachstan erzielt. Mindestens die Hälfte der geforderten Prüfungsleistung muss erbracht werden, um das angestrebte Diplom zu bekommen. In ganz Kasachstan schafften das in diesem Jahr 67 Schüler.
Diese Schüler sind eine wichtige Brücke zwischen Deutschland und Kasachstan, meint der deutsche Generalkonsul. Es sei gut, Deutsch in der Tasche zu haben, und es rauszuholen, wenn man es mal braucht. So wie Julia Paschewkina. Die 26-Jährige ist Diplomandin des ersten DSD-Jahrganges in Kasachstan und wurde anlässlich des Jubiläums eingeladen, über ihre Erfahrungen zu berichten. Zunächst studierte sie an der Kasachischen Universität für Internationale Beziehungen und Weltsprachen in Almaty Germanistik und Anglistik. Später arbeitete Paschewkina für den Deutschen Akademischen Austauschdienst und studierte im Abendstudium an der Deutsch-Kasachischen Universität Marketing. Sie bewarb sich für ein Studium in Deutschland und wurde angenommen. Nach gut zwei Jahren in Deutschland hat sie vor wenigen Tagen ihre Masterarbeit abgegeben. In Kasachstan ist sie eigentlich nur zum Urlaub, denn sie hat in Österreich bereits einen Arbeitsvertrag unterschrieben. Trotz der Alpen, vermisst sie Almaty. Kasachische Studenten seien eben heimatverbunden.
Ähnlich wie dieser Lebensweg klingen auch die Pläne des aktuellen Diplomanden-Jahrganges. Asel Nurumbetowa zum Beispiel möchte erst einmal an der Deutsch-Kasachischen Universität studieren und später dann vielleicht das Studium in Deutschland fortsetzen. So ist das DSD ein wichtiger Zwischenschritt auf dem langen Weg durchs Leben.
Rustam Albrecht:
Ich bin sehr glücklich. Schon seit der ersten Klasse lerne ich Deutsch und jetzt habe ich endlich das Deutsche Sprachdiplom bekommen. Ich habe hier viel gelernt, die Disziplin an der Schule war gut, und auch der Spaß kam nicht zu kurz. Mein Vater ist Ingenieur, und ich möchte auch Ingenieur werden. Mit meinen Sprachkenntnissen könnte ich nach Deutschland gehen, aber ich möchte erstmal hier studieren. Das Deutsche Sprachdiplom wird mir aber bestimmt helfen, Karriere zu machen.
Michael Seifert:
Ich bin in Kasachstan geboren. Meine Eltern haben dann eine Zeit lang mit mir in Deutschland gelebt. Nach unserer Rückkehr wollte ich die Sprache nicht vergessen und meine Kenntnisse noch verbessern. Die Schule hat mir sehr viele Chancen geboten wie beispielsweise das Deutsche Sprachdiplom, das kann man nicht überall bekommen. Mit Russisch, Englisch und Deutsch habe ich hier in Kasachstan tolle Perspektiven. Außerdem lerne ich noch intensiv Kasachisch.
Von Ulf Seegers
29/05/09