In November trafen sich die „Jungen Redakteure“ zu einem Journalisten-Seminar in Almaty. In den letzten drei Teilen lesen Sie, mit welchen Themen sich die Gruppe der Neulinge befasst hat. Die Arbeit wurde unterstützt von Teilnehmerinnen früherer JR-Seminare und einer befreundeten Autorin.

Fortsetzung der Reihe „Junge Redakteure“. Vorheriger Beitrag: 30.12.2019

„СОР“ und „СОЧ“ – was ist das?

Seit drei Jahren lernen die Schüler in Kasachstan nach einem neuen Schulprogramm. Wie es geht, und was die Schüler und die Lehrer darüber denken, können Sie in diesem Interview lesen.

Im Jahr 2016 führte das Bildungsministerium in manchen Klassenstufen ein neues Bewertungssystem ein. Am Anfang galt dieses System nur für die Klasse 1, im folgenden Jahr galt es auch für die Klassen 2, 5 und 7, im Jahr 2018 für die 3., 6., und 8. Klassen, und im Jahr 2019 für die 4. und 10. Klassen. Das bedeutet, dass im Schuljahr 2020-2021 alle Klassen von 1 bis 12 nach einem neuen Schulprogramm lernen werden.

Der größte Unterschied zwischen dem neuen und alten Schulsystem ist die Bewertung der Schüler. Jetzt bekommen sie die Noten in Prozent nur für die Klassenarbeiten einer Lektion – „COP“, und für die Klassenarbeit des Viertels – „COЧ“.

Das wichtigste Ziel dieses Systems ist die Entwicklung des Denkens und der Logik der Schüler. Um die Klassenarbeiten gut zu schreiben, sollen die Schüler nicht alles lernen, sondern nur logisch kombinieren. In diesen Klassenarbeiten müssen die Schüler nicht nur einfach auf die Fragen antworten, sondern auch Essays schreiben, Aufgaben zum Vergleich und zur Analyse durchführen. Ich führte mit einer Lehrerin des 18. Gymnasiums und einer Schülerin der NIS kleine Interviews, in denen ich ihnen Fragen zu diesem Schulprogramm und ihrer Meinungen dazu stellte.

Am Anfang wurde dieses Ausbildungsprogramm in der NIS eingeführt und anschließend nach dem gleichen Prinzip in allen anderen Schulen Kasachstans. Azhar Tulejewa, Schülerin der 11. Klasse der Nazarbayev Intellectual School, beantwortete meine Fragen zu diesem Bewertungsprogramm.

Wie lange lernst du schon nach diesem neuen Schulprogramm und auf welche Schwierigkeiten bist du gestoßen?

Als ich in Klasse 7 an die NIS kam, hatten wir das einfache nominale Bewertungssystem (sehr gut, gut, schlecht). Aber in der 9. Klasse wurde es auf «СОР» und «СОЧ» geändert. Die Umstellung in der 9. Klasse war schwer, weil dieser Prozess sehr unerwartet kam. Wegen der ungewöhnlichen Anforderungen hatten nun fast alle Schüler aus unserer Klassenstufe einen großen Leistungsabfall zu verzeichnen.

Wie findest du dieses Schulsystem? Welche Vor- und Nachteile siehst du?

Ich denke, dass dieses Bewertungssystem effektiv ist, weil es Logik und selbstständiges Denken fördert. Es hilft den Schülern, sich den komplexen Unterrichtsstoff für eine Lektion anzueignen, und dann bei der Klassenarbeit des Viertels alles unter Beweis zu stellen. Andererseits müssen wir immer stark auf unsere Noten achten, deshalb können wir uns auf nichts anderes als das Lernen konzentrieren.

Hast du wegen dieses Schulprogramms mehr Freizeit bekommen?

Eigentlich nicht. Ehrlich gesagt, bin ich am Ende des Viertels – wie alle anderen Schüler auch – ziemlich belastet, weil wir uns auf die Klassenarbeiten für fast alle Fächer vorbereiten müssen.

Habt ihr in der NIS auch das Kundelik*? Und ist es jetzt bequem, es mit dem neuen Bewertungssystem zu benutzen?

In der Schule haben wir kein Kundelik, aber etwas Ähnliches. Da stehen unsere Punkte für «СОР» (allgemein max. 50 Prozent) und «СОЧ» (auch max. 50 Prozent), und die Noten für das Viertel, die von der Summe der Prozente abhängen. Ich bin damit grundsätzlich zufrieden, aber ein bisschen kompliziert ist, dass wir, um zu wissen, welche Noten wir am Ende des Viertels bekommen werden, die Prozente selbst in Noten umrechnen müssen.

Dankeschön Azhar, dass du auf meine Fragen geantwortet hast. Ich wünsche dir weiterhin viel Erfolg in der Schule!

________________________________________________________________________* Das Kundelik ist eine Web-Seite ähnlich einem Klassenbuch, in dem Schüler und ihre Eltern in Kasachstan ein eigenes Benutzerkonto haben und ihre Noten anschauen können. Die Eintragung erfolgt durch jeden Lehrer nach jeder Stunde.
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Auf meine Fragen antwortete auch die Geschichtslehrerin des 18. Gymnasiums, Gulisar Adilowna Alijewa.

Wie lange unterrichten Sie schon nach diesem neuen Programm?

Nach diesem Programm lehre ich seit dem vorigen Schuljahr. Am Anfang nur in den 8. Klassen, und in diesem Schuljahr kamen noch die 9. und 10. dazu.

Haben Sie Ihre Unterrichtsmethode geändert? Wenn Ja, war es für Sie kompliziert?

Dieses Programm setzt eine Veränderung der Unterrichtsmethoden voraus. Ja, für mich war es kompliziert, und für die anderen Lehrer bestimmt auch.

Welche Vorteile und Nachteile dieses Programms können Sie nennen?

Heutzutage sind die Vorteile dieses Programms noch nicht abzusehen, aber etwas später wird es bei den Jugendlichen solche Fähigkeiten wie kritisches Denken und die Fähigkeit zum Analysieren entwickeln. Positiv ist bereits, dass die Eltern täglich die Leistungen ihres Kindes selbst nachlesen können. Als Nachteil sehe ich, dass dieses Bewertungssystem stufenweise in verschiedenen Klassen eingeführt wurde, denn es ist erstens kompliziert für die Schüler und einfach unlogisch, dass das System in der 9. oder 10. Klasse vollständig wechselt. Ich denke, dass es nur für die Erstklässer hätte eingeführt werden sollen, damit sie von Anfang an nach diesem Programm hätten lernen können. Meiner Meinung nach wäre es besser, den Begriff „Klassenarbeiten“ flexibel gestalten zu können. Es gibt Fächer, da könnte man auch als Lehrer Projekte, Präsentationen und schöpferische Aufgaben als Klassenarbeiten benoten. Dies ist leider nicht erlaubt.

Ist es für Sie bequem, das „Kundelik“ während des neuen Programms zu benutzen?

Einerseits ist das Kundelik sehr praktisch, da wir alle Informationen in der elektronischen Variante haben und es sofort benutzen können, aber andererseits ist es am Ende des Viertels so, dass wegen der Auslastung das Netz oft zusammenbricht. Die Lehrer können dann die Noten nicht eintragen und die Schüler sich diese nicht ansehen.

Welches Programm ist Ihrer Meinung nach effektiver – das alte oder das neue? Und warum?

In diesem Moment kann ich nicht sagen, welches Programm effektiver ist, weil es noch keine Absolventen des neuen Bewertungssystems gibt.

Welche Ratschläge würden Sie den Schülern geben, die wegen der Veränderungen des Schulprogramms Schwierigkeiten beim Lernen haben?

Alle Schwierigkeiten kann man überwinden. Schüler sollten systematisch und kontinuierlich lernen, nicht nur für die Klassenarbeit am Ende des Viertels.

Vielen Dank, dass Sie die Zeit gefunden haben, meine Fragen zu beantworten. Ich hoffe, dass dieses Programm später zum Erfolg führt.

Die Interviews führte Dilana Mustafajewa, Teilnehmerin eines früheren JR-Seminars.

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