Bei der Bildungskonferenz in Astana sollte herausgearbeitet werden, wie Deutschland und Kasachstan ihre Beziehungen im Bildungsbereich weiterführen können. Gezeigt hat sie aber auch, wie wichtig die Erhaltung der Identitäten im Land ist.

Am 16. März hat die Konferenz zum 25. Jahrestag der Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen Deutschland und Kasachstan stattgefunden, mit dem Titel: „Gemeinsam unsere Zukunft gestalten: Bildung in Deutschland und Kasachstan.” Organisiert wurde die Konferenz vom Verband der ethnischen Deutschen in Kasachstan „Wiedergeburt”, der deutschen Botschaft in Kasachstan in Kooperation mit dem Bildungsministerium der Republik Kasachstan.

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Leiterin des Geothe-Instituts Almaty, Barbara von Münchhausen und Liliya Goncharuk, Vorsitzende der Gebietsgesellschaft “Wiedergeburt” in Semey. | Bild: Andrej Pachevskiy

Die Konferenz beleuchtete viele Seiten der Zusammenarbeit beider Staaten im Bereich Bildung. Ziel war, das Herausarbeiten von Verbesserungsvorschlägen und Problempunkten, um das volle Potential der bilateralen Zusammenarbeit ausschöpfen zu können. In vier Panels, jedes zu einem anderen Thema, wurden Hochschulzusammenarbeit, Schulpolitik, berufliche Bildung sowie Kultur– und Bildungspolitik behandelt. Die anwesenden DiskutantInnen waren aus verschiedenen Bereichen. Unter anderem sprachen Vize-Außenminister Roman Wassilenko und Vize-Bildungsministerin Bibigul Assylovs. Aus Deutschland reisten zudem VertreterInnen verschiedener Bildungsinstitutionen an.

In seiner Eingangsrede sprach Wassilenko von den guten Beziehungen zwischen Kasachstan und Deutschland. Deutschland gehört zu den zehn größten Investoren in Kasachstan und hat bei der Expo im Sommer den größten ausländischen Pavillon.

„Wissenschaft lebt von Austausch“

Im Panel zwei zum Thema Schulpolitik in Deutschland und Kasachstan erklärt Svetlana Ispussinova, stellvertretende Vorstandsvorsitzende der Nazarbayev Intellectual Schools, das Problem der Mehrsprachigkeit, vor dem das kasachische Bildungssystem steht. Viele Schüler könnten entweder Russisch oder Kasachisch nicht gut schreiben und sprechen. Hier fehle vor allem der Grundstock und auch kommunikative Ansätze. Die Kinder hätten vor allem Probleme beim Sprechen. Zusätzliche Sprachbelastung mit Englisch oder Deutsch mache die Situation um so komplizierter.

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Markus Kaiser, Direktor der Deutsch –Kasachischen Universität (DKU) in Almaty, betont die Wichtigkeit des Austausches im wissenschaftlichen Hochschulbereich. Wissenschaft lebe weitgehend vom Austausch. Diesen zu verbessern sei die Aufgabe, trotz der Schwierigkeit, den Status der deutschen Sprache in Kasachstan zu erhalten. Hierfür leistet die DKU einen Beitrag durch GastdozentInnen aus Deutschland und Stipendienmöglichkeiten für die besten StudentInnen für einen Doppelabschluss in Deutschland und Kasachstan.

Herausforderungen in Deutschland

Auch die Herausforderungen des deutschen Bildungssystems sind vielfältig, wie Annika Ohle vom Institut für Schulentwicklungsforschung an der TU Dortmund weiß. Alle 16 Bundesländer haben unterschiedliche Lehrpläne und Systeme. Es gibt eine hohe Diversität an Schulformen. Eine der Diskussionen, die vorherrscht, ist die Frage, ob 12 oder 13 Jahre Schule bis zum Abitur absolviert werden sollen. In der 12-jährigen Form berichten Schüler und Eltern gleichermaßen von der höheren Belastung durch die verkürzte Zeit. Ein Drittel der Schülerinnen und Schüler hat zudem Migrationshintergrund. Im Schnitt schneiden diese Kinder schlechter ab. Soziale Herkunft wird immer noch stark von den Eltern an ihre Kinder weitergegeben. Es stellt sich die Frage, wie man diese fördern kann.

Nationale Einheit und kulturelle Diversität

Die deutsche Sprache in Kasachstan soll nicht in den Hintergrund geraten. | Bild: Andrej Pachevskiy

In Panel vier wurde unter der Moderation von Markus Kaiser die Kultur– und Bildungspolitik und deren Beitrag zur nationalen Identität diskutiert. Kaiser zieht nach der Diskussion eine positive Bilanz: „Die kasachischen und auch die deutschen Panelisten haben klar gemacht, welchen Beitrag Kultur– und Bildungspolitik zur nationalen Identitätsbildung leisten kann, aber auch, dass ein Kulturaustausch stattfinden muss. Weil man einerseits die eigene Identität schärfen, aber andererseits auch lernen muss, miteinander umzugehen, zu leben und tolerant zu sein.”

Stetiger Identitätswandel und Sprache

Wichtig sei, den Status quo der deutschen Sprache in Kasachstan zu erhalten. Denn vor allem die Sprache bilde Identität und diese wandle sich stetig, so Anett Schwarz vom deutschen Auswärtigen Amt. Die eigene Identität zu verstehen, sei wichtig für kulturellen Austausch und Toleranz.

Wie wird aber Deutschland von den engen Beziehungen profitieren? Das besteht vor allem in der Vermittlung eines modernen und “richtigen” Bildes von Deutschland, so Mario Schönfeld von der Zentralstelle für Auslandsschulwesen: “Das Deutschlandbild das hier vermittelt wird, ist oft sehr einseitig. Schüler sind oft erstaunt, wie das wahre Deutschland ist.“ Es herrsche teils Verunsicherung bei den Eltern, zum Beispiel aufgrund von einseitiger Berichterstattung. „Dafür sind wir auch da, um dieses Bild wieder gerade zu rücken.“

Horizont erweitern durch Deutsch

Auch die, um dessen Zukunft es geht, SchülerInnen und StudentInnen, sind bei der Konferenz vertreten. Eine Schülerin der 46. Schule erklärt: „In unserem deutschsprachigen Gymnasium lernen wir Deutsch, um dann die Möglichkeit zu haben, in einem europäischen, deutschsprachigen Land zu leben. Mit deutscher Sprache eröffnen sich uns viele Möglichkeiten, so können wir mit Informationen und Nachrichten auf deutschen Informationskanälen unseren Horizont erweitern. Wir wollen die deutsche Kultur kennenlernen und uns mit deutschsprachigen Schülern austauschen. In erster Linie geht es uns aber um das Studieren. Wenn wir das DSD ablegen, können wir eine deutsche Universität besuchen. Die deutschen Universitäten sind besser als die in Kasachstan und es gibt dort Studiengänge, die es bei uns noch nicht gibt. Zum Beispiel Kardiochirurgie.” Auch ihre Eltern haben schon in Deutschland studiert und sie ermutigt, dies ebenfalls zu tun.

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Ein anderer Schüler ergänzt: „Bei der heutigen Konferenz geht es darum, dass die deutsche Sprache in Kasachstan eine wichtige Rolle spielen sollte. Vor einiger Zeit wurde beschlossen, dass Englisch in der Schulbildung wichtiger sein soll, als Deutsch. Deswegen werden in vielen Schulen, so auch in unserer, die Unterrichtsstunden für Deutsch gekürzt und dafür die Anzahl der Englischstunden erhöht. Ich nehme heute an dieser Konferenz teil, und will auch meine eigene Meinung zu diesem Thema äußern. Ich will nicht, dass die deutsche Sprache in den Hintergrund gerät.” Auch er legt Wert auf die Möglichkeiten für kasachische Schüler nach der 11. Klasse in Deutschland zu studieren.

Nach intensiven vier Stunden Diskussion, stehen bei einem Buffett alle beisammen und plaudern angeregt. Auch so kann friedliches Zusammenleben gesichert werden – durch gegenseitige Freundschaft und Sympathie.

Diana Köhler

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