Über die Freilassung der Deutschen Susanne Osthoff nach mehr als dreiwöchiger Geiselhaft im Irak
FRANKFURTER RUNDSCHAU (Frankfurt)
Dass Susanne Osthoff der Gefangenschaft entkam, mag einem umsichtigen Krisenmanagement zu danken sein, vielleicht auch der Tatsache, dass sie unübersehbar eine Freundin des Iraks und der Iraker ist. Es darf aber nicht den Blick dafür verstellen, dass dort täglich zu Dutzenden Menschen sterben, die genauso wenig wie die Deutsche und ihr Fahrer Verantwortung tragen für das ständige Morden – sei es, weil sie sich zufällig in der Nähe eines wahnsinnigen Anschlags aufhalten, oder sei es auch, weil sie zum Beispiel als US-Soldaten im nicht enden wollenden Krieg verheizt werden.
WESTFALEN-BLATT (Bielefeld)
Auf diese frohe Botschaft haben wir 23 Tage gewartet. Dass sie vor dem Weihnachtsfest eintraf, erfüllt die Angehörigen von Susanne Osthoff mit großer Freude. Mit ihnen freuen sich in besonderer Weise alle, die sich in Erklärungen, auf Demonstrationen oder bei Mahnwachen für die Freilassung der engagierten Archäologin eingesetzt haben. Um klar zu sagen: Es hätten mehr sein müssen. So manche Kommentare von deutschen Landsleuten über ihren angeblichen Leichtsinn waren beschämend.
THÜRINGISCHE LANDESZEITUNG (Weimar)
Was bleibt, ist die Erinnerung daran, dass es die Muslime in Deutschland waren, die früh und deutlich gegen den Terror im Namen des Islam Stellung bezogen haben und außerdem das großzügige Angebot ihres Zentralrats-Vorsitzenden, sich als Austausch-Geisel zur Verfügung zu stellen. Was bleibt, sind die überwiegend von Muslimen organisierten Mahnwachen in deutschen Städten. Das sollten wir uns immer ins Gedächtnis rufen, wenn vereinfachend in der politischen Debatte Islam und Terror viel zu oft gleichgesetzt werden. Die Muslime haben hier deutliche Zeichen gesetzt.
BADISCHE ZEITUNG (Freiburg)
Ob und wie viel Geld für die Freilassung der Deutschen bezahlt wurde, wird man wohl nie erfahren. Das gehört zu den Regeln dieses Geschäfts. Was Susanne Osthoff veranlasste, mit dem Auto eine höchst gefährliche Route zu wählen, wird sie nun selbst erklären können. Vielleicht auch, wer sie entführt hat. An der Freude über ihre Freilassung ändert das nichts.
GENERAL-ANZEIGER (Bonn)
Außenminister Steinmeier informierte nüchtern und knapp, weit entfernt von pompöser Selbstbeweihräucherung. Das passt in das Bild der letzten Wochen, und dafür gebühren der Bundesregierung, dem Außenminister, dem Krisenstab Respekt und Lob. Um den Erfolg nicht zu gefährden, hat die Regierung mit der Geheimhaltung ihrer Anstrengungen das Risiko in Kauf genommen, bei einem durchaus möglichen Scheitern als unfähig und hilflos abgestempelt zu werden. Hut ab vor dieser verantwortungsbewussten Entscheidung.
BERLINER ZEITUNG (Berlin)
Krisenstab und Vermittler haben geräuschlos und ergebnisorientiert gearbeitet. Die Regierung Merkel hat ihre erste Geiselkrise professionell gemanagt. Susanne Osthoff, die Frau mit deutschem Pass, hat alle konsularische Fürsorge und mehr erfahren. Es ist gut zu wissen, dass ein funktionierender Apparat anspringt, wenn er gebraucht wird – und sei es nur von einer einzelnen Person und unabhängig von den Umständen, die sie in die Notlage brachten. Niemand sage, ihm könne das nicht passieren. Das Leben nimmt so gern überraschende, unerwünschte, ja bittere Wendungen.
ABENDZEITUNG (München)
Eines unterscheidet das aktuelle Thema von allen vorangegangenen: Dass sich für die Freilassung von Susanne Osthoff und ihrem Fahrer so viele Fürsprecher auch in der islamischen Welt gefunden haben. Dieser Umstand sollte uns zu denken geben, wenn uns wieder jemand einreden will, mit dem Islam und dem Westen ständen sich zwei monolithische Blöcke gegenüber. Vielleicht also hat das Augenmerk auf Susanne Osthoff und ihr Schicksal auch in dieser Hinsicht sein Gutes gehabt.