Zehn Kilometer außerhalb von Almaty beginnt die Wanderung. Erst recht steil, später gnädiger. Nach zwei bis drei Stunden durch Wald und Wiesen, über Stein und Staub erreicht der Wanderer das erste große Plateau: Etwa 2.230 Meter über dem Meeresspiegel befindet sich mitten im Ile-Alatau National Park die Kok Zhailau. Von hier aus hat man nicht nur einen hervorragenden Ausblick auf das Stadtgebiet Almatys, auch die benachbarten Berge des nördlichen Tienschan-Gebirges erstrecken sich über den Horizont.

Auf der grünen Wiese können Touristen verschiedenen Aktivitäten nachgehen. Überdachte Sitzbänke laden zum Picknick ein, für ein paar tausend Tenge können Pferde für einen kurzen Ausritt gemietet werden und nach dem anstrengenden ersten Aufstieg lohnt sich auch ein Nickerchen im Schatten der Tannen. Für viele Wanderer ist die Kok Zhailau jedoch nur die erste Etappe des Ausflugs. Knapp sieben Kilometer weiter und 500 Meter höher befinden sich die „Drei Brüder“ – eine Felsformation, die bereits von der Kok Zhailau aus gut erkennbar ist. Das Ende der Route bildet der Gipfel des Kumbel. Er liegt auf gut 3.200 Metern Höhe und ist nach einer neun Kilometer weiten Wanderung von den Drei Brüdern zu erreichen.

Neben den touristischen Aktivitäten wird die Kok Zhailau auch landwirtschaftlich genutzt. Domestizierte Pferde und Kühe bewegen sich frei grasend über die Weide und durch die lichten Wälder. Auch der Name des Plateaus hat einen landwirtschaftlichen Ursprung. Übersetzt heißt Kok Zhailau etwa Blaue Sommerweide – in den warmen Monaten trieben die nomadischen Völker der Umgebung ihre Viehherden hier hoch. Im Herbst ging es dann etwas tiefer auf die „Kuzeu“, überwintert wurde auf der „Kystau“ – der Winterweide. Bevor es wieder auf die Zhailau empor ging, erlebten die Nomaden das Erwachen des Frühlings auf der sogenannten „Kokteu“.

Auch heute noch – ohne die Nomaden – zeigt sich die Kok Zhailau im Winter von einer anderen Seite: Dort, wo im Sommer noch Motocross- und Downhill-Räder über die staubigen Trampelpfade jagten, wandern und rodeln die Menschen nun über schneebedeckte Wiesen. Früher konnten aufmerksame Beobachter mit etwas Glück hier sogar das Wappentier Almatys, den Schneeleoparden, in freier Wildbahn beobachten. Seit einigen Jahren sind die Raubkatzen jedoch eher selten anzutreffen.

Jan Philipp Fleischer

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