Reaktion des Gesellschaftsvereins der Kurden Kasachstans auf die Gewalt im Iran

Frauen schneiden auf offener Straße ihre Haare ab, zeigen sich in den sozialen Medien ohne Kopftuch und verbrennen dieses. Es sind die zahlreichen Reaktionen darauf, was sich vor kurzem im Iran abspielte: Der grausame Tod der 22-jährigen Zhina „Mahsa“ Amini hat eine weltweite Protestwelle ausgelöst. Die Iranerin mit kurdischer Abstammung starb nach ihrer Verhaftung an den Folgen brutaler Polizeigewalt in einem Krankenhaus. Und das alles nur, weil sie laut Sittenpolizei ihr muslimisches Kopftuch, den Hijab, nicht vorschriftsgemäß trug. Das Schicksal von Mahsa Amini ist kein Einzelfall: Die iranische Sittenpolizei kontrolliert sehr streng die Einhaltung des Verschleierungsgesetzes des Regimes seit der Revolution 1979, welches besagt, dass Frauen und Mädchen bereits ab dem neunten Lebensjahr Haare und Körper bedeckt haben müssen.

Weltweite Solidaritätsbekundungen

„Jin Jiyan Azadi“ (deutsch: Frau, Leben, Freiheit) lauten die Worte der weltweiten Protestbewegungen nie dagewesenen Ausmaßes, die durchaus als eine Revolution der Frauen gesehen werden kann. Zehntausende Menschen haben sich allein in Deutschland mit dem Opfer des tragischen Vorfalls solidarisiert. Viele der in Deutschland lebenden Menschen iranischer Abstammung gingen auf die Straßen, um ein Zeichen zu setzen. Ein Zeichen dafür, dass die Welt hinter den Frauen, aber auch anderen verfolgten gesellschaftlichen Gruppen – unter anderem den Kurden – im Iran steht.

Auch in Kasachstan existiert eine kurdische Minderheit. Etwa 50.000 Menschen kurdischer Abstammung leben hauptsächlich im Süden der Republik. Eine von ihnen ist Gulnara Aliewna Abdul-Ogly, Vorsitzende des Frauenkomitees des Kurdischen Vereins „Berbang“ in Kasachstan. Durch ihre Tätigkeit weiß sie: Der Zusammenhalt der Diaspora ist groß. Der Angriff auf eine Angehörige ihrer Volksgruppe ging auch an ihnen nicht spurlos vorbei.
„In der kurdischen Gemeinschaft unterscheiden wir nicht zwischen Männern und Frauen. Die Reaktionen in unserem Verein waren dementsprechend geeint: Männer diskutierten und verurteilten den Vorfall genauso stark wie wir Frauen“, erzählt sie.

Der Große Wunsch nach der weiblichen Selbstbestimmung

„Im Islam werden Frauen nicht bedroht oder getötet, wenn sie kein Kopftuch tragen – außer in den Ländern, in denen dies gesetzlich vorgeschrieben ist“, betont Gulnara direkt zu Beginn des Gesprächs. Damit räumt sie nicht nur mit einem weit verbreiteten Missverständnis auf, sondern benennt auch das Hauptproblem, gegen das sich die aktuellen Proteste richten: die Unterdrückung von Frauen in einer von Männern dominierten Gesellschaft. In vielen Ländern wird die Frau darauf reduziert, ein verführerisches Wesen zu sein; Männer können nur wegschauen, wenn sie bedeckt wird.

Nach diesem Prinzip wird das weibliche Geschlecht bereits Jahrzehnten unterdrückt. Frauen wird das Recht auf Selbstbestimmung vorenthalten. Man bezeichnet sie damit als Individuen, die nicht in der Lage sind, eigene Entscheidungen zu treffen. Entscheidungen darüber, welche Kleidung sie morgens aus ihrem Schrank nehmen.

Nicht wegschauen

„Ich glaube auch, dass wir am Ende leider gar nicht die Ernsthaftigkeit des Problems so richtig nachvollziehen und verstehen, weil wir selbst nicht in so einem Regime leben“, gibt Gulnara traurig zu. Aber es gelte, nicht wegzuschauen: Die Solidarisierung mit den Frauen und Männern, die sich nun einmal mehr aktiv gegen das Regime auflehnen, und ihr Leben aufs Spiel setzen, ist wichtig. Aber auch in westlichen Gesellschaften stehen Frauen meist noch sehr deutlich hinter dem männlichen Geschlecht. Frau, Leben, Freiheit sollte zu einem der ungeschriebenen Gesetze unserer globalisierten Gesellschaft gehören. In jedem Land.

Annabel Rosin

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