Am 22. Februar fand in der Botschaft der Republik Kasachstan der „Kasachisch-Deutsche Runde Tisch“ statt. Eingeladen dazu hatten der Ost-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft und die Botschaft der Republik Kasachstan. Auch der Liberale Mittelstand Berlin war vertreten.
In seiner Eröffnungsrede verwies der Botschafter Kasachstans, S.E. Nurlan Onzhanov, auf die bereits lange und intensive Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Kasachstan im Bereich Maschinenbau. Allein in den letzten neun Jahren hat sich demnach das Gesamtvolumen der Maschinenbauexporte von 600 Millionen US-Dollar auf 6,4 Milliarden US-Dollar verneunfacht.
Die deutsche mittelständische Wirtschaft kann neue Ankerpunkte setzen, um somit eine Intensivierung des Maschinenbausektors weiter voranzubringen. Auf Initiative von Kasachstans Präsident Kassym-Schomart Tokajew wurden Regierungsarbeitsgruppen unter Einbeziehung deutscher Unternehmen eingerichtet. Parallel dazu wurden in Kooperation mit dem AIFC (Astana International Financial Center) umfassende Pakete von steuerlichen und finanziellen Anreizen zu Investitionen in Kasachstan geschaffen. Die Regierung Kasachstans legt dabei großen Wert auf die gegenseitige und vorteilhafte Zusammenarbeit mit Deutschland und wird alles tun, um deutsche Partner zu unterstützen.
Landwirtschaft bietet großes Potential
Einen Impulsvortrag zur aktuellen Situation des Maschinenbaus in Kasachstan, insbesondere in der Landwirtschaft, hielt Catrina Claas-Mühlhäuser, Vorsitzende des Gesellschafterausschusses der Claas-Gruppe aus Harsewinkel. In Kasachstan hat die Claas Gruppe mehr als 2.000 Mähdrescher und 1.250 Traktoren im Einsatz – Tendenz steigend. In Petropawlowsk befindet sich eine Produktionsfläche von 5.400 Quadratmetern mit 50 hochqualifizierten Mitarbeitern und Servicetechnikern. Die Fabrik ist ganzjährig ausgelastet.
Claas-Mühlhäuser wies darauf hin, dass bereits seit 1990 die Zusammenarbeit im Agrarsektor zwischen Deutschland und Kasachstan auf einem guten Wege ist. Kasachstan wird als verlässlicher Partner wahrgenommen. Deshalb geht ein mittelständisches Familienunternehmen wie die Claas Gruppe langfristige Kooperationen ein. Die wirtschaftlichen und strukturellen Rahmenbedingungen in Kasachstan sind vorbildlich. Die Qualifikation der Mitarbeiter vor Ort ist ausgezeichnet. Die Digitalisierung im Agrarsektor schreitet voran, was sich auch in der Entwicklung der Landwirtschaftsmaschinen bemerkbar macht. So steigern moderne und effiziente Landmaschinen den Ernteertrag. Und das Potential ist beträchtlich: Die Nutzfläche in Kasachstan beträgt 22 Millionen Hektar, wovon 70 Produktion zur Getreideproduktion verwendet werden. Kasachstan ist beispielsweise der weltweit größte Exporteur von Backweizen.
Gute Voraussetzungen für industrielle Diversifizierung
Michael Harms, Geschäftsführer des Ost-Ausschusses der Deutschen Wirtschaft, führte aus, dass Kasachstan auf einem guten Weg ist, die Reformen im Lande weiter voran zu bringen. Zudem lobte er, dass Präsident Tokajew eine kluge und gute Außenpolitik verfolgt. Er nannte drei Themen, die zukünftig in Kasachstan eine wichtige Rolle spielen werden: Energie und grüne Transformation, Rohstoffe, sowie Logistik und Infrastruktur. In allen Bereichen ist der deutsche Maschinenbau sehr gut vertreten. Harms verwies auf interessante Leuchtturm- und Pilotprojekte, die bereits in Kasachstan umgesetzt wurden.
Kasachstan spielt in der europäischen Union eine wichtige Rolle und wird von dieser in seinen Reformvorhaben unterstützt. Es geht darum, Projekte in der Breite umzusetzen und somit die Maschinenbauindustrie zu fördern. Insgesamt sind im Maschinenbausektor Reserven vorhanden, so dass die Zusammenarbeit mit dem Ziel einer industriellen Diversifizierung vorangebracht werden kann. Die Rahmenbedingungen dazu sind bereits geschaffen worden.
Vorbild duales Ausbildungssystem
Der Präsident des Verbandes der Maschinenbauer Kasachstans, Meiram Pshembayev, lobte die gute Zusammenarbeit mit den Wirtschaftsverbänden VDMA (Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau) und VDA (Verband der Automobilindustrie). Er verwies auf die Führungsrolle der mittelständischen deutschen Maschinenbauindustrie in der Welt. Deutschland habe die Technik und das Know-How, Kasachstan dagegen die entsprechenden Rohstoffe in den Bereichen Erdgas, Erdöl und Bergbau. Das Ziel müsse es sein, weitere Anstrengungen zu unternehmen, um gemeinsame Ergebnisse zu erzielen.
Hervorgehoben wurden in diesem Zusammenhang u.a. die Unternehmen Siemens, Claas oder Schneider Elektronik. 2019 hat Kasachstans Präsident Tokajew eine Roadmap zur Unterstützung und Förderung der Maschinenbauindustrie für fünf Jahre entworfen. Diese wurde bereits 2022 umgesetzt. Am 29.12.2022 gab es einen weiteren Auftrag zur Entwicklung eines staatlichen Programms, das bis zum 15. März 2023 abgeschlossen sein soll. Ziel ist es, die Aktivitäten im Maschinenbau um 100 Prozent zu steigern. Parallel dazu soll der Import reduziert und der Binnenmarkt versorgt werden. Damit verbunden soll auch der Export von Maschinen aus Kasachstan um 25 Prozent steigen.
Ein weiteres Ziel des Programms ist es, junge Menschen auszubilden. Dabei wurde das in Deutschland entwickelte duale Ausbildungssystem besonders hervorgehoben: 30 Prozent Theorie, 70 Prozent praktische Arbeit an der Werkbank. Pro Jahr sollen 25-30.000 junge Menschen jährlich im Maschinenbausektor eingestellt werden.
Grüne Transformation und Wirtschaft
Als Fazit der vier Reden bleibt festzuhalten, dass in der deutschen mittelständischen Maschinenbauindustrie viel Potential vorhanden ist, welches in Kasachstan mit Projekten und diversen Förderungsmöglichkeiten gehoben werden kann. Die Felder des Maschinenbaus sind sehr vielfältig und umfangreich. Eine Intensivierung der Zusammenarbeit im Rahmen von langfristigen Projekten, für die eine gute Basis geschaffen wurde, hat daher Aussichten auf Erfolg – sei es im Bereich der Landwirtschaft, des Bergbaus, der Erdöl- und Erdgasförderung, der Kraftwerkindustrie oder auch der Eisenbahnindustrie.
In einer anschließenden Diskussion mit Experten wurde u.a. die Rolle der grünen Transformation in den einzelnen Bereichen der Wirtschaft diskutiert. Außerdem ging es darum, wie sich dieser Prozess im Bereich von Finanzierungspaketen und Finanzierungen insgesamt auswirkt. Die Experten waren Angela Mans (VDA), Dr. Nils Roitsch (Claas Global Sales GmbH), Zhanar Ibasheva (stv. Vorsitende des Fonds für industrielle Entwicklung der Republik Kasachstans), Dr. Mathias Klein (EMAG Gruppe), Sascha Händler (Textima Export Import), Nurlan Baibazarov (Vorstandsvorsitzender der Entwicklungsbank von Kasachstan). Moderiert wurde die Veranstaltung von Eduard Kinsbrunner (Regionaldirektor Zentralasien, Ost-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft).