Verbesserung der Qualität ist das Ziel der kasachischen Bildungspolitik. Kolumnist Bodo Lochmann hat aber seine Zweifel, ob dies auch ohne eine breitere Aufstellung in der Bildungslandschaft gelingen kann.

In diesen Tagen haben Regierung und Nationalbank Kasachstans der Öffentlichkeit ihre gemeinsame Einschätzung der Entwicklung von Wirtschaft und Gesellschaft des Landes bis zum Jahre 2017 vorgestellt. Solche Prognosen sind natürlich immer mit Unsicherheiten behaftet, denn schließlich sind fünf Jahre nicht gerade ein kurzer Zeitraum, in dem sehr viel Unvorhersehbares passieren kann. Dennoch sind solche Bewertungen wichtig, vor allem dafür, dass sich die Gesellschaft darauf einstellen kann, was sie erwartet.

In dem viele Seiten umfassenden Zahlenwerk gibt es keine Sensationen, gleichwohl aber eine Reihe interessanter Aussagen und Ziele. Die großen makroökonomischen Zielstellungen haben sich gegenüber den Planungen des vergangenen Jahres kaum geändert. Es bleibt bei den stabilen Wachstumsraten des realen Bruttoinlandsprodukts (BIP) von um die sechs Prozent jährlich, was allerdings eine leichte Erhöhung gegenüber den letzten Zahlen ist. Hier dürfte die Einschätzung, dass die Erdölpreise auf dem hohen Niveau von nicht weniger als 90 Dollar pro Barrel verharren, ausschlaggebend gewesen sein. Stabil bleibt hingegen die Inflationserwartung; die erwartete jahresdurchschnittliche Rate wird mit sechs bis acht Prozent angegeben. Das kann man durchaus so interpretieren, dass die Nationalbank entweder ihr Pulver im Antiinflationskampf verschossen hat oder sich mit dieser doch ziemlich hohen Rate abfindet. Wesentliche Teile der Inflation sind ja auch durch monopolnahe Strukturen in der Wirtschaft bedingt, und die kann die Nationalbank mit geldpolitischen Maßnahmen eh nicht knacken. Hier müsste die Wettbewerbspolitik ran, aber mehr Wettbewerb muss man erst einmal wollen.

Unverändert hoch wird auch das positive Außenhandelssaldo ausfallen. Es wird mit zwar mit abnehmenden Überschüssen des Exports über den Import gerechnet, aber der Überschuss wird in 2017 mit 24 Milliarden Dollar immer noch so hoch sein, dass es keine Probleme mit der Devisenversorgung geben wird. In anderen Ländern sieht das ja durchaus anders aus, dort ist es infolge permanent negativer Außenhandelssalden eher schwierig, Devisen zu kaufen. Die jungen Kasachstaner kennen eine solche Situation aber nicht, was ja auch nicht schlecht ist.

Die jungen Kasachstaner betrifft jedoch vor allem die Frage der Ausbildung und der beruflichen Zukunft. Prognostiziert wird eine steigende absolute Anzahl von Absolventen sowohl mit Hochschul- als auch mit Facharbeiterausbildung: In ersterer Kategorie soll die Anzahl der Absolventen von rund 169.000 in diesem Jahr auf 205.000 im Jahr 2017 steigen. Richtige vorrangige Orientierung sind dabei technische Abschlüsse, denn hier ist der Fachkräftemangel – ähnlich wie in Deutschland – besonders hoch. Die Anzahl der Absolventen von Berufsschulen soll im gleichen Zeitraum von 187.000 auf 192.500, also langsamer als die Zahl der Hochschulabsolventen, steigen. Ob diese Relation wirklich den realen Bedarf der Wirtschaft widerspiegelt, kann bezweifelt werden.

Schwerpunkt im Bildungssektor soll von der Vorschul- bis zur Hochschulausbildung die Verbesserung der Qualität sein. Dem soll der Bau neuer Schulen für den Ersatz einer nach wie vor großen Zahl von Schulen im Havariezustand, der Abbau des Dreischichtbetriebs in Schulen, der Einführung interaktiver Lehrmethoden, die Schaffung von „Colleges auf internationalem Niveau“, die Schaffung eines Systems der unabhängigen Qualitätskontrolle im Bildungssektor (bisher kontrolliert das Bildungsministerium die Ausbildungsqualität in seinem Verantwortungsbereich selbst), vor allem aber der weitere Ausbau des Systems der „Intellektuellen Nasarbajew-Schulen“ dienen. Letztere sind im Verbund mit der sich in Astana im Aufbau befindlichen Nasarbajew-Universität die einzigen Bildungsträger, die im vorliegenden Konzept als Träger verallgemeinerungswürdiger Bildungsqualität genannt werden. Das aber dürfte denn wohl doch eine etwas dünne Basis für die bildungs- und innovationsseitigen Ziele sein, die sich Kasachstan richtigerweise gestellt hat. Ohne eine breite und vielfältige Bildungslandschaft, die sich weitgehend frei von kleinlicher Bürokratie und Bevormundung entwickeln kann, werden jedoch viele hehre Ziele letztlich nur fromme Wünsche bleiben. Das Ignorieren anderer Erfahrungsträger außerhalb der N-Linie erscheint in diesem Kontext denn doch bedenklich.

Bodo Lochmann

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