In Tadschikistan wird derzeit über das Hidschab-Trageverbot diskutiert. Das schwarze Kopftuch gehört nicht zur traditionellen tadschikischen Kleidung, ist aber ein religiöses Kleidungsstück. Die Entscheidung, es zu tragen, bleibt eine freie Entscheidung der Frauen in Tadschikistan. Doch das Innenministerium hat kürzlich eine Kampagne gegen das „fremde“ Kleidungsstück gestartet.

Hidschab-Trägerinnen vs. Hidschab-Gegner

 In der letzten Zeit ist das Thema des Tragens des Hidschabs ist eines der aktuellsten Themen in Tadschikistan. Zufolge der Anweisung des Bildungsministeriums ist es seit 2007 verboten, Hidschabs in den Schulen zu tragen. In öffentlichen Gebäuden wie Universitäten ist eine Frau mit Hidschab nicht gern gesehen. Stattdessen bleibt die tadschikische Tracht – eine bunte Kleidung – ein bevorzugtes Kleidungsstück. Denn das traditionelle Kopftuch ist am Hinterkopf gebunden, bedeckt den Hals und den oberen Teil des Dekolletees. Trotzdem ist der Hidschab in Tadschikistan sehr verbreitet. Medienangaben zufolge, soll die Zahl der Hidschab-Trägerinnen gar zugenommen haben.

Dabei gehört der Hidschab eigentlich gar nicht so richtig zur traditionellen Kleidung. Seit Jahrzehnten gab es keine schwarzen Kleider in der tadschikischen Kleidungskultur. Sogar Trauerkleider sind heutzutage in dunkelgrünen, dunkelblauen und braunen Farben gehalten.

Warum tragen die Frauen in Tadschikistan Hidschabs? Die Antwort scheint eine religiöse Begründung zu sein. Warum haben dann die Menschen, die keine Hidschabs tragen, Angst vor den Hidschab-Trägerinnen? Antworten versucht das folgende Interview zu finden: Marjam (Name von der Redaktion geändert) ist Studentin der Russisch-Tadschikischen (Slawischen) Universität, sie trägt schon das zweite Jahr Hidschab.

Du hast sicherlich schon von dem Erlass des Innenministeriums gehört, eine „Aufklärungskampagne“ mit den Frauen durchzuführen, um diese davon zu überzeugen „fremde“ Kleidung, insbesondere Hidschab, nicht mehr zu tragen? Was hältst du davon?
Ja, ich habe davon gehört. Ich möchte sagen, dass unser Land ein demokratischer Staat ist, und jeder ist berechtigt, das anzuziehen, was er will.

Ist dabei Dein Gesicht immer nicht zudeckt?

Stimmt, da im Islam es nicht unbedingt notwendig ist, sich vollständig zu bedecken. Wenn nur die Augen nicht verdeckt bleiben, ist es bereits eine andere Art der Kleidung, dann tragen die Frauen einen Gesichtsschleier, den Niqab.

Hidschab-Trägerinnen vs. Hidschab-Gegner

Wolltest Du jemals einen Niqab tragen?

Bis jetzt nicht, aber diejenigen, die Hidschab tragen, haben diesen Gedanken natürlich im Kopf. Im Koran steht, dass die Körpersteile zuzudecken sind, die die Männer heranlocken, damit bei den Männern keine schlechten Gedanken aufkommen. Diejenigen, die Niqab tragen, zeigen, dass ihr attraktivster Körperteil ihr Gesicht sei.

Bist du jemals von der Miliz aufgehalten worden?

Nein, ich bin von niemandem auf der Straße aufgehalten worden. Aber beim Universitätseingang wurde ich einmal aufgehalten. Man hat sich erst bei mir entschuldigt und mich dann gebeten, ein einfaches nationales Kopftuch zu tragen.

Ist es schon einmal vorgekommen, dass Du von der Gesellschaft nicht aufgenommen wurdest?

Ich wurde einmal von einer Dozentin an der Uni getadelt. Sie fragte uns, ob wir den Valentinstag kennen. Ich habe mich als einzige gemeldet und erklärt, dass es ein moderner Feiertag sei. Daraufhin sagte sie: Wenn sie eine Frau mit Hidschab sähe, müsse sie immer daran denken, dass sie ungebildet und unmodern sei. Ich sollte diese Bemerkung nicht persönlich nehmen.

Auf der einen Seite kann ich das sogar verstehen, da in vielen streng religiösen Familien die Mädchen gezwungen werden, sich mit Hidschab zu kleiden. Viele Eltern denken, dass es schneller und leichter werde, ihre Tochter zu verheiraten. Wenn die Menschen dich mit Hidschab sehen, dann denken sie, du gehörst zu diesen streng religiösen Familien. Das betrifft auch die Arbeit. Es ist schwer, eine Frau zu finden, die im Büro Hidschab trägt. Hidschab-Trägerinnen dürfen auch sowieso nicht überall hin. Ich darf zum Beispiel kein Cafe oder Restaurant besuchen, wo Alkohol getrunken und geraucht wird.

Welche Empfehlungen hast Du?

In unserer Uni gibt es eine einheitliche Uniform. Ich möchte, dass bei tadschikischen Kleidern auch einheitliche Formen für diejenigen eingeführt werden, die Hidschab tragen. Ich möchte auch, dass die Kleidung bescheiden bleibt und nicht vulgär ist.

Asisa Rachimowa und Gulnosa Chamilowa studieren ebenfalls an der RTSU (Slawische Universität). Sie tragen keine Hidschabs.

Asisa, was ist Deine Meinung über den Erlass und über das Tragen von Hidschabs in Tadschikistan?

Ich bin für diesen Erlass. Tadschikistan ist kein islamischer, sondern ein weltlicher Staat. Es gibt bestimmte Orte, wo man eine solche Kleidung tragen kann. Zum Beispiel in der Moschee. Aber in den Lehranstalten existiert eine geeignete Uniform-Regelung, sie soll eingehalten werden sollte. Mir scheint, dass das Tragen eines Hidschab bei uns nur eine Mode ist. Ich denke, dass sich die Mädchen hinter der Kleidung nur verstecken. Sie tragen Hidschab und Make-up. Dabei dient meiner Meinung nach der Hidschab nur dazu, bescheiden und erzogen zu wirken.

Hidschab-Trägerinnen vs. Hidschab-Gegner

Gulnosa, könntest Du bitte deine Meinung über das Tragen des Hischabs erläutern?

Ich finde auch, dass das Tragen des Hidschabs einfach zu einer Mode in Tadschikistan geworden ist.

Und wieso? Könntest du bitte konkretisieren?

Also, ich habe bemerkt, dass Frauen mit Hidschabs glauben, dass sie besser und höher als alle anderen Menschen sind. Nicht selten bin ich von ihnen auch von Kopf bis Fuß mit unfreundlichen Blicken gemustert worden. Der religiöse Teil unserer Bevölkerung kritisiert eben oft Kleidungen, Lebensweise und das Benehmen anderer Personen.
Meine Nachbarn fragen mich, warum ich keinen Hidschab und keine langen Kleider trage: Als Antwort erzähle ich ihnen immer von meinen Erlebnissen:

Ich fuhr einmal Marschrutka (Taxibus) und saß neben dem Fahrer auf dem Vordersitz. Aus dem Radio hörte ich ein lustiges, nicht lautes, iranisches Lied. Später stieg ein 20-järiges Mädchen in die Marschrutka ein. Sie trug Hidschab. Plötzlich begann sie mit dem Fahrer zu schimpfen. „Was für ein Moslem bist du?“ „Was ist das für eine Musik, die du da hörst?“ Ein zweites Mal saß ein Prediger in der Marschrutka neben mir. Er betete in einem monotonen Ton, der mir Angst einjagte.

Auf jeden Fall habe ich nichts gegen Hidschab-Trägerinnen. Es ist ihre persönliche Entscheidung. Gewiss fehlen noch vielen Kenntnisse über den wahren Islam. Deswegen wird alles anders und falsch interpretiert.

Von Shahnoz Bakhtiyorov

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