In der Mitte des Raums steht das DJ-Pult mit zwei Plattenspielern und Mischpult, dahinter ein Regal voller Schallplatten. Das ist die „Stay True DJ School“ von Timur Paltujew aka DJ Steppa-T und Jan Rodionow aka DJ Jan-Kit. Seit 2013 wird hier das Handwerk des Auflegens gelehrt. Mit Timur haben wir über die Hip-Hop-Szene in Kasachstan und das Leben als DJ gesprochen.
Wie bist du auf die Idee gekommen, eine DJ-Schule zu gründen?
Vor sieben Jahren habe ich einen kleinen Raum gemietet, Plattenspieler und Mischpult gekauft, und mir selbst DJ-Techniken beigebracht. Ein paar Monate später fragte mich jemand, ob ich ihm zeigen könne, wie DJing funktioniert. Ich dachte mir, ich probiere es. Daraus entstand die Idee, eine Schule zu gründen. Das Ziel ist, den Leuten die Grundlagen des Handwerks beizubringen. DJing ist Teil der Hip-Hop-Kultur und für uns ist das Auflegen ein kreatives Ausdrucksmittel. Wir legen viel Wert auf die technische Beherrschung des Instruments Plattenspieler. Denn, wenn man weiß, wie man mit Plattenspielern auflegt, kann man auf allen Geräten spielen. Das ist wie beim Autofahren: Wenn man mit Gangschaltung fahren kann, kann man auch Automatik fahren.
Warum braucht es dafür unbedingt eine Schule? Warum kommen die Leute zu euch?
Almaty ist eigentlich eine Stadt des Nachtlebens. Doch in den Bars wird überall die gleiche Musik gespielt. DJs sind zu Musikboxen geworden, die auf Wunsch Lieder spielen. Wir versuchen eine neue Generation von DJs hervorzubringen, die einen eigenen Stil haben und so auch das Publikum für Underground-Musik begeistern können.
Ich glaube, für viele ist es auch eine Traumvorstellung. Sie wollen berühmt sein, in großen Clubs spielen und das Highlife leben. Mit dieser Idee kommen vor allem junge Männer zu uns. Das hat aber nichts mit der Realität zu tun. Auflegen ist harte Arbeit, man muss viel üben und nur die wenigsten DJs werden berühmt.
Lernen auch Frauen bei euch?
Ja, wir haben auch viele Schülerinnen. Ich finde, Mädchen haben mehr Leidenschaft für die Musik und sind disziplinierter. Sie wissen, wie man lernt, und dass sie üben müssen, um besser zu werden. Die Mädchen schauen Jan und mir beim Scratchen zu und stellen Fragen. Die Jungs haben mehr Attitüden und glauben, sie wüssten schon alles. Sie stellen nie Fragen.
Ich hatte zum Beispiel eine Schülerin namens Jewgenija. Sie war Motocross-Rennfahrerin. Sie sagte, sie wisse nicht, wie man eine Playlist erstellt. Ich habe ihr 150 Drum-and-Bass-Platten zum Durchhören gegeben. Ich sagte, sie solle sich aussuchen, was ihr gefällt, sich die Zeiten der Lieder aufschreiben und eine Playlist erstellen. Sie hat sich drei Monate lang durch die Platten gehört. Jedes Mal, wenn sie zu uns kam, hat sie an ihrer Playlist gearbeitet. Frauen bleiben eher dran und lernen tatsächlich die Technik. Ich würde sagen, bei Männern funktioniert es im Schnitt bei zwei von einhundert und bei Frauen bei zwei bis drei von zehn.
Wie ist die Hip-Hop-Szene in Almaty?
Die Hip-Hop-Szene in Almaty ist sehr klein. Wir sind eine Handvoll DJs, Graffiti-Künstler und Breakdancer. Ich denke, die Community, die sich für Underground-Hip Hop interessiert, ist so um die 300 Leute. Jan und ich lieben Hip-Hop, aber der Großteil unserer Schüler sind nicht unbedingt Hip-Hop-Fans.
Wohin gehst du, um Konzerte zu sehen?
Es gibt kaum Hip-Hop-Konzerte in Kasachstan. Daher fahre ich zu Konzerten entweder nach Moskau, St. Petersburg oder nach Südostasien, wie zum Beispiel nach Bangkok. In Georgien gibt es mittlerweile auch viele Gigs und eine sehr aktive Rave-Szene. Das Problem ist, dass Kasachstan zwar in der Mitte zwischen Europa und Asien liegt, aber trotzdem weit entfernt von allem ist.
https://www.facebook.com/staytruedj/videos/371086140160678/
2014 hast du an den „Red Bull 3Style World DJ Championships” teilgenommen. Wie kam es dazu?
In dem Jahr hatte Red Bull ein „3Style DJ-Battle“ in Kasachstan veranstaltet, zu dem ich als Teilnehmer eingeladen worden war. Sechs DJs aus Kasachstan und Usbekistan lieferten sich einen Wettstreit vor Publikum. Ich gewann und konnte dann an der Weltmeisterschaft in Aserbaidschan teilnehmen. Ich war der erste DJ, der Kasachstan bei diesem Wettbewerb repräsentierte.
Wie funktioniert das „3Style Battle“?
Beim „Red Bull 3Style“ zählt, im Unterschied zu anderen Wettbewerben, nicht nur die Technik, sondern auch Originalität, Musikauswahl und wie das Set dem Publikum gefällt. Jeder hat 15 Minuten Zeit, um alles zu zeigen. Es war eine große Herausforderung für mich, weil ich gerade erst mit Scratchen und Beatjuggling angefangen hatte und die anderen DJs schon jahrelange Erfahrung besaßen. Ich konnte viel von ihnen lernen. Das „3Style Battle“ ist wie eine internationale Familie. Ich habe Freundschaften geschlossen, die bis heute halten. Dahinter steckt auch die Idee, Leute aus der ganzen Welt zusammenzubringen und einen Austausch zu ermöglichen. Stell dir vor, du wohnst in einem Hotel voller DJs: Da ist eine Woche lang Party.