Mit Interfood gibt es eine Möglichkeit, deutsche Produkte in Kasachstan zu kaufen, Mixmarkt ist das Pendant für östliche Waren in Deutschland. Trotzdem unterscheiden sich beide Märkte in Konzept und Zielgruppe von Grund auf.

Den ersten Ratschlag, den ich bekommen hatte, nachdem ich in Almaty angekommen war, war bei Interfood einzukaufen. Es sei zwar ein wenig teurer, aber dafür würde ich die gleichen Produkte bekommen wie zu Hause in Deutschland. Toll, dachte ich mir, dafür bin ich also in eine Stadt knapp 5.000 km von meiner Heimat entfernt geflogen, um dann genau das gleiche essen und genau das gleiche Klopapier verwenden zu können wie immer und dabei noch doppelt so viel zu bezahlen. Das war am ersten Tag, alles war noch neu, und ich wollte so viel entdecken wie möglich. Da hatte ich auch noch nicht mit Heimweh gerechnet und wie man sich darüber freut, ab und zu mal etwas kochen zu können, von dem man im Vornherein weiß, wie es schmecken wird. Deswegen kaufe ich nun zwar meistens in lokalen Geschäften und gönne mir aber manchmal ein bisschen Senf oder Schoko-Koalabären bei Interfood.
Für die Einheimischen scheint es anders zu sein: Viele von ihnen kaufen regelmäßig dort ein, es ist ein Modestatement. Es gilt als schick, und man meint außerdem hier bessere Qualität zu bekommen. Europäische Markenartikel, die man in anderen Geschäften kaufen kann, würden oft in Russland abgefüllt werden und verlören dabei an Qualität. Durch Direktimport würde das vermieden, erklärt mir eine frühere Mitarbeiterin von Interfood. Doch auch die meisten Produkte der Edeka-Hausmarke „Gut und Günstig“ sind populär, während sie in Deutschland meist nur als Billigalternative gesehen werden.

Seltsam mutete es für mich an, als mir erklärt wurde, dass man außerdem dort kauft, wenn man etwas Exotisches möchte. Deutsche Waren und exotisch? Naja, aus der kasachischen Perspektive eben schon.

Nostalgische Spätaussiedler

Obwohl die Angestellten von Interfood eigentlich alle Deutsch sprechen müssen, ist die Verkehrssprache Russisch: Die Handvoll Deutscher, die hier wohnt, ist nicht die Zielgruppe.
Anders herum gibt es im Mixmarkt, einer Discountkette für östliche Lebensmittel in Deutschland, kaum Deutsche ohne östlichen Hintergrund, die hier einkaufen. Ganz natürlich wird man beim Betreten des Geschäfts auf Russisch begrüßt und nur bei offensichtlicher sprachlicher Hilflosigkeit wird einem auf Deutsch weitergeholfen. Zu kaufen gibt es dort ebenfalls Produkte, die Aussiedler an ihre Heimat erinnern: Essiggurken, Konfekt, Kvas, Krimsekt, Kondensmilch, schwarze Tomaten, sogar so ausgefallene Dinge wie Kumys. Aber auch Dinge des täglichen Lebens sind zu finden: Tees, Butter, frisches Fleisch, Bier. Allerdings alles russisch beschriftet und oft klingt bei dem Namen ein Augenzwinkern mit (wie bei einem Bockbier, das „Balkanbüffel“ heißt). Die Hausmarke „Da“ erscheint wie eine Karrikatur auf die Billigmarke der Rewe Group, „Ja“. Im Radio erklingen russische Poplieder. Man kommt sich vor wie in einem fernen Land. „Mixmarkt ist toll!“, sagt die Deutschrussin Ewgenija. „Da gibt es eingelegte Tomaten und leckeren getrockneten Fisch. Wir gehen oft dorthin.“ Das mag auch an den günstigen Preisen liegen. Man kauft hier nicht teurer ein als in anderen Discountern und auch nicht schlechter. Hier fahren dicke BMWs ebenso wie verrostete Ladas vor.

Dass man die Preise tief halten kann, liegt auch am Aufbau, der ganz anders ist als bei dem kleinen Unternehmen Interfood: Die Mixmarkt-Kette wurde 1997 in Nordrheinwestfalen von Spätaussiedlern gegründet. Die meisten Waren werden nicht importiert, sondern von der Lebensmittelgruppe „Monolith“ in Deutschland hergestellt. Mittlerweile gibt es in (West-) Deutschland mehr als 100 Filialen und auch im übrigen Europa, vor allem in Italien, Griechenland und Portugal findet man immer mehr Märkte. (Zum Vergleich: Die bekanntesten deutschen Discounter haben durchschnittlich 2000 Filialen.)

Pflege von liebgewonnenen Klischees

Alteingesessene Deutsche gehen normalerweise nicht zu Mixmarkt. Das liegt nicht daran, dass sie nicht willkommen wären, im Gegenteil: Wohlwollend wird man beim Einkauf von einem offensichtlich unbekannten Waren beobachtet. Manchmal bekommt man von anderen Kunden Ratschläge zu speziellen Produkten. Doch vielen Deutschen fehlt wohl einfach der Mut, etwas Neues auszuprobieren. Auch die wenigen, die sich hinter die Türen des unbekannten Gebiets wagen, bleiben meist bei den Artikeln, von denen sie wissen, was sie haben: Kaviar, Pralinen und Wodka.

Manche Filialen sind in kleine Einkaufszentren eingebettet. Es gibt dort Geschäfte mit russischen Büchern, Keramik mit viel Goldverzierung und Mode, die sich seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion nicht verändert zu haben scheint. Für Erwachsene ist es eine Erinnerung an längst vergangene Zeiten, die die Jahre versüßt hat, Jüngere entdecken dort Erzählungen der Eltern und Großeltern wieder.

Die „Mixmarkt-Zeitung“, ein Anzeigenblatt, das wöchentlich erscheint, druckt Privatanzeigen und kleine Artikel zu ihren Produkten. Ein Highlight davon waren wohl die Tipps in der Silvesterausgabe, wie man am besten seinen Wodka-Kater überwindet- bei Mixmarkt pflegt man gerne Klischees.

Von Emilie Caissier

Teilen mit:

Все самое актуальное, важное и интересное - в Телеграм-канале «Немцы Казахстана». Будь в курсе событий! https://t.me/daz_asia