Kasachische Aktien erleben einen Aufschwung, der durch die ungebremste Nachfrage nach Rohstoffen noch länger anhalten könnte. Wie deutsche Privatanleger davon profitieren können, verrät die DAZ im zweiten Teil ihrer Aktien-Serie.

Aktien sind zunehmend auch in Kasachstan en vogue. Das zeigen Zahlen der wichtigsten kasachischen Wertpapierbörse KASE (für Kazakhstan Stock Exchange) von Mitte April. Demnach stieg im ersten Quartal 2021 das Handelsvolumen am Aktienmarkt gegenüber dem Vorjahresquartal um satte 83 Prozent. Das war zum Teil möglich durch 17.000 neue Depots, die Privatanleger eröffneten. Und über den gewaltigen Anstieg des Leitindex KASE hat die DAZ bereits im ersten Teil ihrer Aktienserie berichtet. Dabei sind kasachische Aktien durchaus nicht nur in Kasachstan selbst gefragt, sondern werden auch zunehmend in deutsch- und englischsprachigen Foren besprochen. Ein guter Anlass also, einmal unter die Lupe zu nehmen, wie Anleger vom aktuellen Aufschwung profitieren können.

Für Kasachstaner mit Aktienaffinität führt der Weg natürlich an die eigenen Wertpapierbörsen. Anders als in den anderen zentralasiatischen Ländern gibt es hier gleich zwei, die mehr oder weniger miteinander konkurrieren. Die KASE als ältere von beiden arbeitet seit 1993 in Almaty. Der erste Börsengang in der Geschichte des unabhängigen Kasachstans fand vor 15 Jahren hier statt. Auf sie geht auch der besagte Leitindex KASE zurück, der die größten Unternehmen des Landes nach Liquidität abbildet – also nach der Zahl der mit diesen Papieren durchgeführten Transaktionen.

Kasachische Aktien für Ausländer schwer zu bekommen

Um mehr ausländisches Kapital anzuziehen, wurde 2017 in Astana noch die Börse AIX (Astana International Exchange) gegründet, die an das Astana International Financial Centre angegliedert ist. Wichtigster Unterschied gegenüber der KASE ist, dass die AIX nach englischem Recht reguliert ist, was ausländischen Investoren ein größeres Gefühl von Rechtssicherheit geben soll. Allerdings ist die AIX wenig liquide, und 90 Prozent aller Investitionsoperationen in Kasachstan werden über die KASE abgewickelt.

Steil bergauf: Die Abbildung zeigt die Kursentwicklung des KASE-Index seit 2016. Quelle: Website der Börse KASE.

Insgesamt sind die Aktien von 140 kasachischen Unternehmen an der KASE handelbar. Wer in Kasachstan über einen Einwohnerstatus verfügt, kann einfach ein Depot bei einem Broker eröffnen und jede dieser Aktien handeln. Auch Aktien bekannter internationaler Konzerne wie Tesla, Apple, Microsoft oder Coca Cola sind dort zu haben. Für Ausländer dagegen sieht es wesentlich schwieriger aus. Denn sie können kasachische (und ausländische) Aktien nur dann handeln, wenn ihr Broker über eine „remote membership“ etwa mit der KASE verbunden ist. Bislang haben aber nur institutionelle Investoren aus Russland eine solche Mitgliedschaft inne, keine deutschen Banken oder Broker – auch wenn diese grundsätzlich die Möglichkeit haben, mit einem Broker in Kasachstan einen Vertrag abzuschließen und Wertpapiere über diesen zu handeln.

Kasachische Aktien als GDRs in London gelistet

Zum Glück für deutsche Privatanleger mit einem Faible für Kasachstan-Aktien haben aber einige der großen Firmen des Landes per Zweitlisting ihre Papiere in Form von Global Depository Receipts (GDR) auch an der Londoner Börse platziert. GDRs sind Hinterlegungsscheine, die das Recht auf eine bestimmte Anzahl von Aktien eines Unternehmens verbriefen – ähnlich wie die American Depositary Receipts (ADR), über die etwa chinesische Techkonzerne wie Alibaba und Tencent ihre Aktien an den US-Börsen gelistet haben. Dass die Kasachen anders als die Chinesen die Londoner Börse gegenüber den US-Börsen bevorzugen, liegt eher an Tradition und guten Erfahrungen als an technischen oder institutionellen Gründen.

Von den acht Unternehmen aus dem KASE-Leitindex sind aktuell vier auch an der Londoner Börse gelistet. Deutsche Privatanleger können dort GDRs von Kazatomprom, Halyk Bank, KAZ Minerals und KCell kaufen und verkaufen. Für die beiden zuletzt Genannten gilt das aber nicht mehr lange: KAZ Minerals und KCell haben inzwischen ein Delisting beschlossen und werden daher bald von der Londoner Börse verschwinden, ebenso wie von der AIX in Nur-Sultan. Der Handel mit Aktien und GDRs von KAZ Minerals soll ab dem
11. Mai an allen Börsen eingestellt werden, nachdem die beiden Hauptanteilseigner Wladimir Kim und Oleg Nowatschuk über ihr Konsortium Nova Resources ihren Anteil am Unternehmen auf 96 Prozent aufgestockt hatten. KCell nimmt seine GDRs am 7. Juli von den Börsen in London und Nur-Sultan, allerdings soll der Handel mit einfachen Aktien zumindest an der KASE weiter möglich bleiben.

Beim Aktienkauf auf den Spread achten!

Weiter in London gehandelt werden indes die GDRs von Kaspi.kz. Der Börsenneuling legte im vergangenen Jahr ein Rekord-IPO hin und wurde auf Anhieb zum teuersten Unternehmen in der Geschichte Kasachstans. Als Technologie-Startup sticht das Unternehmen aus der sonst sehr Old-Economy-lastigen kasachischen Wirtschaft hervor. Mit E-Commerce und Digital Payment vereint es zwei absolute Megatrends in seinem Geschäftsmodell, die durch Corona noch zusätzlich befeuert wurden. Kein Wunder also, dass der Kurs sich seit dem Börsengang im Oktober in etwa verdoppelt hat. Wer angesichts der anhaltenden Rohstoffrallye bei Metallförderern mit Kasachstan-Fokus dabei sein will, der findet in London noch Aktien (keine GDRs) von Central Asia Metals.

Die genannten GDRs von London-gelisteten kasachischen Firmen können Privatanleger übrigens auch an deutschen Börsen handeln. Allerdings sind dabei ein paar Dinge zu beachten. Zwar scheinen Inlandsorders auf den ersten Blick die günstigere Option zu sein, da hier die Gebühren niedriger sind. Bei der Comdirect etwa fallen Mindestgebühren von 12,90 Euro pro Auslandsorder an, gegenüber 9,90 Euro bei Inlandsorders. Die ING bietet Auslandsorders generell nur an Börsenplätzen in den USA und Kanada an.

Allerdings sind die an den deutschen Börsenplätzen gehandelten GDRs weniger liquide als in London oder im Direkthandel. Das zeigt sich am Spread, also der Differenz zwischen Kauf- und Verkaufspreis. Wer beispielsweise am Montag GDRs von Kazatomprom kaufen wollte, der musste an der Börse in Frankfurt ordentlich draufzahlen: Bei einem Kaufpreis von 71,50 Euro und einem Verkaufspreis von 68,50 Euro betrug hier der Spread 4,2 Prozent. Einfach gesagt wären Anleger mit so viel Prozent im Minus gewesen, hätten sie sich die GDRs zu diesen Konditionen ins Depot gelegt. Zum Vergleich: An der Londoner Börse betrug der Spread zum gleichen Zeitpunkt gerade mal 1,17 Prozent.

Kasachstan-Zertifikate für Risikofreudige

Wer das erhöhte Risiko eines Investments in Einzelaktien scheut, der findet auch Wege, breiter gestreut über ETFs oder Zertifikate in Kasachstan zu investieren. Allerdings ist die Auswahl im Vergleich zu anderen Ländern oder Regionen relativ überschaubar. Eine Möglichkeit sind Themen-ETFs zu Branchen, in denen kasachische Firmen eine große Rolle spielen. So hat etwa der in New York ansässige Fondsbetreiber Global X einen Global X Uranium ETF aufgelegt, in dem Kazatomprom als weltgrößter Uranproduzent mit rund 23 Prozent die größte Position stellt. Auf Jahressicht hat der ETF über 60 Prozent zugelegt. Neben den Kasachen sind auch nordamerikanische Explorationsfirmen wie Cameco oder Energy Fuels an Bord. ETFs auf den Leitindex KASE werden leider nur an der KASE selbst und an der Moskauer Börse gehandelt.

Für risikofreudigere Zeitgenossen bieten Derivate eine Chance, die auf dem KTX-Index der Wiener Börse basieren. Die Österreicher haben den (aktuell) äußerst rohstoff- und finanzlastigen Index 2007 aufgesetzt. Die fünf Positionen, die er umfasst, sind momentan Kazatomprom GDRs mit einer Gewichtung von 25,4 Prozent, KAZ Minerals (25,3 Prozent), Kaspi.kz GDRs (24,9 Prozent), Halyk Bank GDRs (19,3 Prozent) und KCell GDRs
(4,9 Prozent).

Die Zusammensetzung des Index wird jedes Jahr im März und September überprüft; durch den bevorstehenden Wegfall der GDRs von KAZ Minerals und KCell dürften demnächst Veränderungen ins Haus stehen. Wer die mit fünf Werten sehr geringe Diversifizierung in Kauf nimmt, der kann sich ein Open-End Zertifikat der österreichischen Raiffeisen Centrobank oder ein Open End Partizipationszertifikat von Goldman Sachs ins Depot legen. Allerdings sollte man in jedem Fall bedenken, dass Derivate eher etwas für erfahrene Anleger sind.

Künftige Privatisierungen als Chance

Interessant wird sein, welche Möglichkeiten sich in den kommenden Jahren im Zuge der geplanten Privatisierung kasachischer Staatsunternehmen auftun. Der kasachische Staat hält über seinen Staatsfonds Samruk-Kazyna die Mehrheit der Anteile an einigen Großunternehmen, die eigentlich bis 2021 an die Börse gebracht werden sollten. Wegen der wirtschaftlichen Herausforderungen durch die Corona-Pandemie wurden diese IPOs aber auf einen späteren Zeitpunkt verschoben.

So soll es für die nationale Fluggesellschaft Air Astana, die zu 51 Prozent im Besitz von Samruk-Kazyna ist und zu 49 Prozent dem britischen Luftfahrt- und Rüstungskonzern BAE Systems gehört, 2022 so weit sein. Dann soll auch die Öl- und Gasfirma KazMunayGaz an die Börse gehen. Ebenfalls für 2022 ist zudem die Privatisierung des Bergbauunternehmens Tau-Ken Samruk geplant, für 2023 die der nationalen Eisenbahngesellschaft Kazakhstan Temir Scholy.

Christoph Strauch

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