In Kirgisistan stimmt eine deutliche Mehrheit für eine Verfassungsänderung, die den Präsidenten mit mehr Vollmachten ausstattet. Die Wahlbeteiligung ist allerdings ähnlich gering wie bei den Wahlen im Januar. Beobachter sehen die Änderungen kritisch und befürchten die Einschränkung von Freiheiten.

Sadyr Schaparow festigt seine Macht in Kirgisistan. Bei dem Verfassungsreferendum am Sonntag stimmte eine Mehrheit dafür, den Präsidenten mit mehr Vollmachten auszustatten. Nach vorläufigen Endergebnissen der Zentralen Wahlkommission setzte sich das Lager der Befürworter mit 80 Prozent deutlich gegen die Gegner der Verfassungsänderung durch. Allerdings lag die Wahlbeteiligung bei niedrigen 36,7 Prozent, was die Legitimität des Ergebnisses trübt. Bereits bei der Wahl Schaparows zum Präsidenten sowie der Abstimmung über den Übergang vom parlamentarischen zum präsidentiellen Regierungssystem hatte die Wahlbeteiligung unter 40 Prozent gelegen. Das Ergebnis eines Referendums ist jedoch gültig, sobald über 30 Prozent der Wahlberechtigten ihre Stimme abgegeben haben. Das Referendum fand zeitgleich mit den Kommunalwahlen in Kirgisistan statt.

Insgesamt werden 81 Änderungen in der aktuellen Verfassung vorgenommen, die den Umbau vom parlamentarischen zum präsientiellen System zementieren. Das Staatsoberhaupt soll künftig zwei Wahlperioden hintereinander für je fünf Jahre sein Amt bekleiden können. Laut der alten Verfassung war ein Zeitraum von sechs Jahren möglich, allerdings ohne Wiederwahl. Laut der neuen Verfassung ordnet sich zudem der Regierungschef dem Präsidenten unter und wird von diesem ernannt. Auch das Parlament wird in seiner Macht beschnitten. Künftig soll es statt wie bislang 120 nur noch 90 Sitze haben. Zudem ist die Schaffung eines neuen Organs namens „Kurultaj“ vorgesehen, das als höchstes Beratungs- und Koordinierungsgremium dienen soll und vom Präsidenten einberufen wird.

Orientierung an alten Traditionen und moralischen Werten

Vieles in der neuen Verfassung orientiert sich an alten kirgisischen Traditionen. Hervorgehoben wird die Bedeutung von Familie und Religion. Zudem sollen moralische Werte unter besonderem gesetzlichem Schutz stehen. Unter anderem die vage Formulierung dieses Artikels sowie Unklarheit über dessen Auslegung sorgten im Vorfeld des Referendums für Kritik. Zivile Organisationen, Juristen und ausländische Beobachter befürchten, dass damit auch fundamentale Freiheiten wie die Meinungsfreiheit eingeschränkt werden könnten. Sie argumentieren weiter, dass die neuen Bestimmungen die Unabhängigkeit der Justiz untergraben könnte, da der Präsident auch die meisten Richter ernennt. Die Befürworter der Verfassungsänderung argumentieren dagegen, dass diese das politische System effizienter mache.

„Bis jetzt hat Kirgisistan nach einer Verfassung gelebt, die es von anderen Ländern kopiert hat“, sagte Schaparow am Sonntag bei der Stimmabgabe. Zum ersten Mal hätten die Kirgisen selbständig eine eigene Verfassung ausgearbeitet. „Daran waren die Aksakale, Akademiker, promovierte Juristen, insgesamt 100 Leute beteiligt – in Live-Übertragungen, offen und unter Einezug der Öffentlichkeit“, betonte Schaparow. Auch das steht jedoch im Widerspruch zu den Aussagen von Kritikern, die monieren, dass eine breite öffentliche Auseinandersetzung nicht stattgefunden habe.

cstr.

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