Der E-Scooter kommt nach Deutschland. Während er in Kasachstan schon lange zum Straßenbild gehört, wurde in der Bundesrepublik lange um eine Zulassung gerungen.
Der E-Scooter ist ein Fortbewegungsmittel, dass dem aktuellen Zeitgeist entspricht: leicht, leise, wendig, einklappbar und die Luft wird nicht mit unnötigen Abgasen verpestet. Aus dem Stadtbild Almatys sind die flinken Geräte gar nicht mehr wegzudenken. Egal, wo man hinblickt: ein stylischer Elektroroller schmückt die Straßen. Selbst den Bezirksbürgermeister Bekkali Torgajew konnte man neulich mit einem E-Scooter durch Almaty fahren sehen.
Die Vorteile liegen auf der Hand: Längere Strecken sind problemlos möglich, man steht nicht Stau und ist unabhängig vom eher unzuverlässigen Almatyner ÖPNV. „Die Infrastruktur der öffentlichen Verkehrsmittel hier in Almaty ist schlecht. Die Busse kommen nicht regulär und sind überfüllt. Daher lohnt es sich in dieser Stadt einen E-Scooter zuzulegen“, sagt ein junger Mann, der den E-Scooter täglich nutzt. Ein anderer Elektroroller-Besitzer ergänzt: „Man kann problemlos zehn oder 20 Kilometer auf einer Strecke zurücklegen. Aber hier in Almaty muss man natürlich berücksichtigen, ob man zu den Bergen hin oder von den Bergen weg fährt – also hoch oder runter und auch wieviel man wiegt. Je größer die Belastung für den Scooter, desto höher ist der Batterieverbrauch.“ Um den Akku wieder aufzuladen, reicht es, den Roller an eine Steckdose anzuschließen.
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In Deutschland kann man wahrscheinlich ab Mitte Juni ganz offiziell den elektrischen Tretroller nutzen. Bisher waren diese verboten. In der Kritik stand vor allem der Sicherheitsaspekt, weshalb die Zulassung für E-Scooter große Hürden nehmen musste. Erst am 22. Mai stimmte das Bundeskabinett der „Elektrokleinstfahrzeuge-Verordnung“ zu. Demnach dürfen die Roller maximal 20 Stundenkilometer fahren. Die Motorleistung ist auf 500 Watt begrenzt – außer bei selbstbalancierenden Fahrzeugen, die 1400 Watt haben dürfen. Klingel, Scheinwerfer, Schlussleuchte und Seitenreflektoren sind Pflicht, ebenso wie eine Versicherung. Gefahren werden darf nur auf Radwegen und auf der Straße, sofern keine Radwege vorhanden sind.
In Kasachstan wird die maximale Geschwindigkeit durch die technische Leistung der Vehikel bestimmt – das können bis zu 50 Stundenkilometer sein. Was in beiden Ländern gleich ist: Man muss weder einen Führerschein besitzen noch einen Helm tragen. Wie in Deutschland dürfen die E-Scooter ausschließlich auf Radwegen oder Straßen verwendet werden. Nur halten sich in Almaty die wenigsten daran. „Ich verwende den Scooter hauptsächlich auf dem Radweg. Wenn keiner vorhanden ist, dann fahre ich eben auf dem Gehweg. Es gibt auch Passanten, die auf dem Radweg laufen. Sogar mit Kinderwagen. Die Menschen halten sich hier kaum an die Vorschriften, weder die Fußgänger noch die Scooter-Fahrer – es ist chaotisch“, meint ein weiterer Nutzer des Elektrorollers.
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Doch auch wenn ein Helm keine Pflicht ist, sollte er getragen werden. Ebenso wie Knie- oder Ellenbogenschützer. Denn kommt es zu einem Unfall, ist man anders als im Auto dem Zusammenstoß mit vollem Körper ausgesetzt. Hinzu kommt der oft chaotische Verkehr hierzulande: „Wenn man einen E-Scooter in Almaty fährt, dann muss man definitiv die schlechten Fahrkünste der Almatyner berücksichtigen. Man muss sich echt umschauen, wenn man nicht von einem Auto getroffen werden will“, meint ein weiterer Nutzer.
Neben der privaten Nutzung kommt auch die „Shared Economy“ langsam in Kasachstan an. Seit einiger Zeit gibt es schon Fahrradverleihstationen und Car-Sharing-Modelle. In Almaty soll ab diesem Jahr mit der Vermietung von Elektrorollern begonnen werden, wie der stellvertretende Vorstandsvorsitzende des Almaty Development Centers, Ruslan Asaubajew, im Oktober mitteilte. „Der Mietpreis wird pro Minute abgerechnet. Die Leute müssen keine Roller kaufen und irgendwo auf den Balkon stellen. Es reicht aus, nach draußen zu gehen, einen Elektroroller zu mieten, zu benutzen und dort stehen zu lassen, wo man es braucht“, sagte er. In Deutschland wird jedoch genau das befürchtet: Das irgendwann überall in den Städten die Roller herrenlos rumliegen.