Kein Kind – kein Glück. Eine Spanierin verzweifelt an ihrem Kinderwunsch: Die Themen des Theaterstücks „Yerma“, welches in einem andalusischen Dorf 1934 spielt, sind aktueller denn je. Deshalb nahm auch das Deutsche Theater in Almaty das Drama in Angriff.

Mann und Frau hören sich nicht mehr richtig zu. Davon zeugt das Drama Theaterstück „Yerma“, vom spanischen Dichter Federico Garcia Lorca geschrieben, von Irina Simonowa in Szene gesetzt. Am 3. Oktober feierte es Premiere im Deutschen Theater Almaty.

Andalusien, 1934: Geheimnisvolle Schatten und Lichtspektakel malen den Teufel an die (Lein-)Wand – Yerma kann kein Kind gebären. Dabei ist dies ihr sehnlichster Wunsch – ja, sogar Sinn ihres Lebens. Ihr liebevoller Ehemann Juan (Adylow Kubanytschbek) bemitleidet zwar ihre Wehleiden, aber versteht eben nicht. Für ihn ist die eigene Apfelplantage wichtiger, ein Kind nur unnötige Last. Spanische Gitarrenklänge und feurige Tanzeinlagen untermalen ein Stück, welches die Oberflächlichkeit der modernen Gesellschaft beklagt. Larissa Fatejewa als Yerma glänzt – auf der Bühne, und mit Tränen in den Augen: Die kompletten 80 Minuten Spielzeit trauert, weint, leidet, jammert, wimmert und klagt sie. Mit ihrer inneren Zerrissenheit reißt sie auch die Zuschauer in ihren Bann; zwiegespalten steht sie Juan gegenüber. Sie liebt ihn, aber empfindet keine Leidenschaft – ihr Vater hatte die Hochzeit der beiden initiiert. Ohne Leidenschaft jedoch kein Kind, wird sie von einer Alten aus dem Dorf ermahnt. Diese empfindet Yerma zu ihrem Leidwesen mehr für ihre Jugendliebe Victor als für den Ehemann. Allein er beschert ihr Lebensmut und Hoffnung. Wenn es auch gewaltig zwischen Victor und Yerma funkt, so bleibt sie entgegen eines Ratschlags der Alten doch treu – die Ehre ist Yerma wichtiger.

Außer Kontrolle

Zu allem Überfluss zerreißen sich auch noch Yermas vermeintliche Freundinnen das Maul über die Kinderlose. Sie hören Yerma zwar zu, doch niemand will sie so wirklich verstehen. Minimalistisch das Bühnenbild: Ein Eselkarren ruft Erinnerungen an ein spanisches Dorf hervor, erst recht die langen, gesäumten Kleider der Frauen und Hemd und Weste der Männer – die Wirkung verfehlt es keineswegs. Auch die Bewegungen entführen den Zuschauer in die spanische Provinz: Wilde Stepptänze, harte, leidenschaftliche Gestik, Yerma wirft den Kopf in den Nacken, herzzerreißender Gesang, temperamentvolle Streits zwischen Yerma und Juan – die Zuschauer sind begeistert.

Auch Regisseurin Simonowa war sofort Feuer und Flamme für das Stück: „Das Thema war so faszinierend, weil es für Spanien ungewöhnlich ist – normalerweise geht es um Leidenschaft und Rache.“ Natürlich gehe es in diesem Stück auch um Leidenschaft und Liebe, aber es werde eine tiefere Schicht der Leidenschaft aufgedeckt: Heutzutage scheine es, dass echte Liebe verloren gehe, weil Mann und Frau sich entfernten. Gerade deshalb sei das Stück aktuell, denn die Beziehung zwischen Paaren sei immer mehr von Distanz und Oberflächlichkeit geprägt – das gegenseitige Verständnis hingegen Mangelware.

Dass eine Beziehung ohne gegenseitiges Verständnis jedoch zum Scheitern verurteilt ist, wird in „Yerma“ mehr als deutlich: Da sich die Kinderlose im Stich gelassen und unverstanden fühlt, verliert sie schließlich die Kontrolle – in der Hitze eines Streits erwürgt sie Juan.

Von Christine Faget

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