Die Finanzierung sowohl von privaten als auch öffentlichen Aufgaben und Projekten über die Kapitalmärkte mit Hilfe von Krediten ist die normalste Sache der Welt. Der Kreditmechanismus hilft bei der schnellen Realisierung von Projekten, die Alternative wäre das Ansparen von eigenem Geld, und das dauert meist viel zu lange.

Jetzt hat die kasachische Regierung bei der Weltbank einen Kredit in Höhe von einer Milliarde Dollar bekommen. Dieser soll für „die nachhaltige Entwicklung der Wirtschaft“ eingesetzt werden. Darunter kann man ziemlich viel verstehen, vor allem auch die Umstrukturierung der Wirtschaft auf langfristig zukunftsfähige Produktionen. Praktisch wird der Kredit jedoch für die Deckung des Defizits des Staatshaushaltes im laufenden Jahr eingesetzt.

Insgesamt hat Kasachstan damit von der Weltbank, deren Mitglied das Land seit 1992 ist, 35 Kredite in einer Gesamthöhe von 5,2 Milliarden Dollar erhalten und auch pünktlich zurückgezahlt.

Dieser neue Kredit ist in bestimmter Hinsicht bemerkenswert. Er ist zum einen der größte Einzelkredit der Weltbank an Kasachstan mit der sehr langen Laufzeit von 25 Jahren. Kasachstan kann diese Summe über einen langen Zeitraum in kleinen Portionen zurückzahlen, was aus heutiger Sicht keinerlei Problem sein dürfte. Die Kreditsumme klingt im ersten Moment hoch, im Vergleich zum Kreditbedarf anderer Länder ist das aber nicht viel. Allein Griechenland benötigt in diesem Haushaltsjahr über 30 Milliarden Dollar.

Die Kreditvergabe an Kasachstan ist von der Öffentlichkeit kaum bemerkt über die Bühne gegangen. Für die Weltbank ist die Regierung ein verlässlicher, kreditwürdiger Partner. Das Defizit des Staatshaushalts ist krisenbedingt in diesem Jahr mit etwa fünf Prozent vom Bruttoninlandsprodukt (BIP) für Kasachstan zwar ungewohnt hoch angesetzt, aber keinesfalls so problematisch wie das vieler anderer Länder, wo dieser Wert manchmal zweistellige Werte erreicht. Auch die staatliche Gesamtverschuldung ist für Kasachstan kein Problem, der Wert liegt nach wie vor mit etwa zehn Prozent vom BIP in Regionen, von denen andere Länder nur träumen. Finanztechnisch ist dieser Kredit also eher unter „problemlos“ einzuordnen.

Dennoch stellen sich einige Fragen. Da ist zum einen die Frage nach der Notwendigkeit dieses Kredits. Klar, das Loch im Staatshaushalt muss gestopft werden, und nicht alles kann man kurzfristig durch Ausgabenkürzungen erreichen. Allerdings hat Kasachstan für den Zweck des Haushaltsausgleichs aus den Öleinnahmen den Nationalfonds geschaffen, in dem bereits an die 20 Milliarden Dollar schlummern. Warum werden diese nicht eingesetzt? Wahrscheinlich sind die Kreditzinsen niedriger, als die erwarteten Erträge aus den Mitteln des Nationalfonds, oder aber die letzteren sind so angelegt, dass sie im Moment nicht verfügbar sind.

Eine weitere Frage ist der konkrete Einsatz der Kreditmittel. Staatliche Mittel werden überall auf der Welt überwiegend für die laufende Konsumtion und nur ein geringer Teil für Investitionen verwendet. Besser wäre es umgekehrt. Zumindest die Benennung des oben genannten Verwendungszwecks des Kredits sollte bedeuten, dass das viele Geld doch für die Wirtschaft eingesetzt wird. Die bisherige hiesige Praxis der Finanzierung von Wirtschaftsprojekten mit Staatsgeldern lässt allerdings Pessimismus aufkommen: es ist in der Regel viel Geld der Steuerzahler ausgegeben worden, ohne die verkündeten Ziele erreicht zu haben. Wenn das mit eigenem Geld passiert, ist das schon bedenklich; keinesfalls sollten Misserfolge aber mit Krediten finanziert werden.

Bodo Lochmann

04/06/10

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