Das Tempus-Programm der Europäischen Union unterstützt seit dem Fall des Eisernen Vorhangs den Reformprozess der Hochschulen in Mittel- und Osteuropa. Auch in Zentralasien verändert Tempus seit Jahren die Bildungslandschaft, doch eine Bewerbung um die Teilnahme am Programm ist nicht einfach. Um über die komplizierten Tempus-Vorgaben zu informieren, organisierten der DAAD und die DKU gemeinsam ein Kooperationsseminar in Almaty.
/Foto: Rafael Wiedenmeier. ‚Reges Interesse bei allen Beteiligten: Claire Morel steht den Teilnehmern des Kooperationsseminars Rede und Antwort.’/
„Wir haben keine Lösungen für Sie, wir müssen diese gemeinsam finden.“ Mit diesen Worten gab Angelika Sachsenröder, Leiterin der Tempus-Kontaktstelle des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD) in Deutschland, die Stoßrichtung vor, als sich Ende September Vertreter von Bildungs- und Kultureinrichtungen zum Deutsch-Zentralasiatischen Kooperationsseminar an der Deutsch-Kasachischen Universität (DKU) in Almaty trafen. Dort sollte über das neue Tempus-IV-Programm informiert und in Workshops neue Kooperationsideen zusammengeführt werden. Angelika Sachsenröder moderierte die Vorträge, Diskussionen und Gespräche an den zwei Tagen und versuchte in Zusammenarbeit mit Claire Morel, Programmmanagerin für Tempus in Zentralasien, mögliche Bewerber der neuen und vierten Runde von Tempus darüber zu informieren, wie man sich bewirbt, um letztendlich Mittel für etwaige Projekte aus den Finanztöpfen der EU zu erhalten.
Was genau ist dieses Tempus IV?
Das EU-finanzierte Bildungsprogramm Tempus unterstützt Strukturreformen des Hochschulbereichs in Osteuropa und Russland, Zentralasien, den Ländern des westlichen Balkans und den südlichen Mittelmeeranrainern. Dabei geht es um zwei verschiedene Projekttypen. Einerseits um gemeinsame Projekte, die unter anderem die Anpassung von Lehrplänen und die Einführung von Qualitätssicherungssystemen in die Verwaltungsstrukturen der Hochschulen betreffen.
Andererseits werden von Tempus Strukturmaßnahmen vorangetrieben, um Reformen des Hochschulsystems auch auf nationaler Ebene zu fördern. Der EU-Zuschuss für gemeinsame Projekte und Strukturmaßnahmen liegt zwischen 500.000 und 1,5 Millionen Euro. Eine neue Hürde von Tempus IV, das von 2007 bis 2013 läuft, ist die Zahl der Projektteilnehmer. Denn die Schwierigkeit ist nicht nur, ein förderwürdiges Konzept vorzulegen und eine Kofinanzierung auf die Beine zu stellen. Um eine Tempus-Förderung beantragen zu können, müssen sich Hochschulen zu einem Konsortium zusammenschließen. Für „nationale“ Projekte müssen sich zum Beispiel Institutionen aus drei verschiedenen EU-Mitgliedstaaten mit mindestens drei Hochschulen aus lediglich einem Partnerland zusammenschließen. Bei „multi-country“-Projekten, die Einrichtungen aus mehreren Tempus-Partnerländern einschließen, ist es ausreichend, wenn neben den drei EU-Partnern jeweils eine Hochschule aus jedem Partnerland beteiligt ist.
Anfänger-Fehler
„Vor allem für Länder, die sich das erste Mal bewerben, ist dies alles sehr schwer zu organisieren“, ergänzt Claire Morel. Da ist es wohl auch kein Wunder, wenn von den 52 Bewerberprojekten, bei denen Kasachstan in der letzten Tempus-III-Phase zwischen 2000 und 2006 involviert war, nur 15 durch die akademische und technische Überprüfung kamen.
Doch es gibt genügend Beispiele erfolgreicher Kooperationen: Die Entwicklung eines neuen, Bologna-konformen Lehrplans für Handelstheorie und Ökonometrie der Universität Regensburg zusammen mit der Eurasian National University in Astana im Jahr 2006 oder ein Projekt zur Schaffung und Verbreitung eines institutionellen Qualitätssicherungssystems für kasachstanische Universitäten. Daran beteiligten sich 2005 insgesamt zwölf Partner, von Warschau über Almaty und Semipalatinsk bis Hamburg und Wien.
Weitere geglückte Projekte stellten die Leiterinnen der verschiedenen nationalen Tempus-Büros aus Kasachstan, Usbekistan und Kirgisistan während des Kooperationsseminars an der DKU vor. Doch ob das Seminar die Richtigen anspricht, kann man noch nicht abschätzen, denn viele Teilnehmer sind eher zum „Schnuppern“ nach Almaty gekommen. „Tempus ist ein Programm mit speziellen Erfordernissen, und das deckt sich im Augenblick noch nicht mit dem, was wir uns vorstellen“, sagt Franz Hubert von der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Humboldt-Universität Berlin. „Aber das ist alles noch recht frisch, und wenn es nicht Tempus ist, dann eben etwas anderes.“ (dpa)
10/10/08