Mit ihrem Oldtimer „Hudo“ ist Heidi Hetzer schon seit Juli unterwegs. Nach einer langen Zwangspause in Kasachstan fährt sie jetzt durch China weiter. Die 77-Jährige macht eine Weltumrundung in ihrem Oldtimer. In Zentralasien ist sie dabei nicht nur mit Motorproblemen, Visaschwierigkeiten, sondern auch mit Beziehungsstress konfrontiert worden.

Heidi Hetzer steckte über einen Monat in Kasachstan fest. Es hatte nicht geklappt über die chinesische Grenze zu fahren, weil sie für ihren „Hudo“ keine gültigen Papiere mehr hatte. „Hudo“ ist ihr Oldtimer mit dem die ehemalige Rallyefahrerin nun auf einer Weltumrundung unterwegs ist. Der Hudson Great Eight ist nur sieben Jahre älter als sie und bisher ihr einziger, wenn auch nicht ganz verlässlicher Gefährte – genauer ihr Gefährt; hinsichtlich Reisebegleitungen hatte sie bisher nicht so viel Glück.

Vor drei Monaten ist die mutige Ralleyfahrerin zusammen mit ihrem Beifahrer, dem Reisefotografen Jordan Schönfelder auf Weltreise in ihrem 84 Jahre alten Auto aufgebrochen. Vor mehr als drei Monaten ging es in Berlin los. Dort verteilte sie vor dem Hotel Kempinski noch 128 Eier. Eine große symbolische Geste. Auch Clärenore Stinnes hatte bei ihrer Weltumrundung so viele dabei. Die Tochter des Großindustriellen aus Mühlheim, brach 1927 zu einer Weltumrundung auf. Damals war sie 26 Jahre alt. Heidi Hetzer ist 77 Jahre alt. „Wenn man was erleben will, muss man eben ganz alt oder ganz jung sein.“ Das sagt sie mit einer weisen Selbstverständlichkeit, und ihre Stimme klingt dabei, als würde sie nichts mehr so schnell aus der Ruhe bringen – auch nicht, dass sie gerade alleine unterwegs ist.

Zeit für eine Weltumrundung

Noch in Deutschlands fing „Hudos“ Motor an zu stottern. „Da habe ich gesagt, ich bin doch nicht blöd und bin sofort wieder umgedreht“. In Heinsberg musste sich Heidi Hetzer ihrem „Hudo“ einen neuen Motor einbauen lassen. Auf solche Zwischenfälle hatte sie sich vorbereitet, indem sie sich einen zweiten Hudson Great Eight gekauft hatte, der als Ersatzteillager dient. Unvorbereitet traf sie aber die Launen ihres Beifahrers. „Ich habe mich sofort von meinem Beifahrer getrennt, weil er immer ängstlich war“, erzählt sie der DAZ. Der Fotograf Jordan Schönfelder begleite sie also nicht lange. Für eine kurze Zeit durfte dann eine Journalistin von der BZ mitfahren. „Das war wunderbar“, schwärmt Heidi Hetzer.

In Istanbul stand sie nun alleine da. Nun brauchte sie einen neuen Mann, der sie begleitete. „Da war ich in großer Not. Ich wusste nicht, mit wem ich weiterfahren sollte. Ich brauchte jemanden, der nett ist, irgendwie Ahnung von Technik und Zeit hat, sagt sie. In der Tat kann Heidi Hetzer mit jedem Problem irgendwie umgehen: Der stotternde Motor wurde umgetauscht, und in Buchara musste eine neue Kupplung eingebaut werden. Die kam extra aus Amerika. „Vier Tage ist die Fracht im Kreis geschickt worden.“ Zeit ist jedoch in vielerlei Hinsicht ein Hindernis. „Wer hat denn heute noch Zeit?“, fragt sie und klingt dabei schon fast philosophisch.

Wie ihr Vorbild Clärenore hat sie eingeplant, zwei Jahre lang die Welt zu bereisen. Insgesamt sollen es 60 Länder werden. Für einige davon braucht sie ein Visum und Einreisepapiere für ihren „Hudo“. Darum hatte sie sich ein halbes Jahr vor ihrer Abreise gekümmert.

„Hudo“ hatte „Magenschmerzen“

Ihr dritter Begleiter wurde der 48-jährige Patrick Heinrichs. Der Internetunternehmer durfte in Istanbul zusteigen. „Das ging sehr gut weiter. Patrick hat alles übernommen – Internet, Fotos, Schreiben. Nur zu mir war er nicht nett. Er war auf einmal der Chef und hatte alles entschieden“, berichtet Heidi Hetzer von der zweiten Beziehungskrise mit ihrem Beifahrer. Zu allem Überfluss hatte „Hudo“ dann auch noch „Magenschmerzen“. In Chiwa musste die Kupplung ausgetauscht werden. Außerdem fehlte ein Pleuel. Das musste extra aus Amerika kommen. „Vier Tage ist es im Kreis geschickt worden“, grummelt Heidi Hetzer. Für die Rallyefahrerin und ihren Begleiter bedeutete das, dass sie sich für die Zeit der Reparaturen in Usbekistan aufhalten mussten. „Ich hatte Zeit, mein Tagebuch durchzusehen, und festgestellt, dass das gar nicht mehr meine Reise ist.“ In Buchara hatte Patrick dann die nächste große Reparatur organisiert und durchgeführt.

„Hudo“ ging immer noch nicht wieder besser. Auch ihre Beziehungskrise konnten er und die rastlose Heidi nicht mehr kitten. „Wir haben uns dann getrennt, und ich habe mich alleine nach Samarkand schleppen lassen – eine wunderschöne Stadt“, erzählt Heidi Hetzer und lächelt. Ihr Blick hat sich aufgehellt.

Weder Machos noch Angsthasen halten die 77-Jährige auf. Noch im vergangenen Jahr stürzte sie sich bei einem Seifenkistenrennen den Mehringdamm in Berlin-Kreuzberg hinunter. So kommt sie auch nicht aus der Ruhe, wenn ihr gestauchter Zeigefinger dick geschwollen ist.

Heidi Hetzer geht es um das Erleben. Sie will wissen, wie es sich anfühlt, in einem Oldtimer die Welt zu umrunden. Genau darum ist sie auch mit dem sieben Jahre älteren Hudson unterwegs. „Für Clärenore war damals alles neu, aber für mich ist das der Reiz, wenn alles wackelt“. Das bedeutet auch Verzicht, zum Beispiel auf angemessene Kleidung.

Das ist der Berliner Geschäftsfrau – Heidi Hetzer ist die berühmteste Opel-Händlerin Berlins – erst jetzt während ihres ungeplanten Zwischenstopps in Almaty aufgefallen: „Ich bin nicht ausgestattet für Empfänge“. Sie hat einen Hosenanzug, ein Kleid und einen Rock dabei und trägt ein rotes langärmeliges T-Shirt und eine dunkelblaue Jeans. Die habe sie sich vor kurzem hier in Almaty gekauft, verrät sie.

Heidi Hetzer sitzt in Almaty fest

Viele Klamotten passen nicht in „Hudos“ Kofferraum, weil dort noch Platz für einen großen Wagenheber, ganz viel Werkzeug und zwei Reservetanks sein muss.

Schon auf kasachischem Boden wäre ihr „Hudo“ fast verdurstet. Es gab einfach keine Tankstelle in Sicht und der Reservetank war auch schon aufgebraucht. Dann ist Heidi Hetzer in eine Polizeikontrolle geraten. Der Polizist zeigte grob in eine andere Richtung, in der ungefähr in zwei Kilometern eine Tankstelle sein sollte. „Da habe ich mir gedacht, du musst es probieren. Da war eine Tankstelle mit deutschen Zapfsäulen. Unfassbar.“

Wenn mit den Papieren alles gut läuft, darf Heidi Hetzer bald zur nächsten Etappe aufbrechen und wird Almaty Richtung China verlassen. Dort bekommen sie und ihr „Hudo“ einen landeskundigen Begleiter, ohne den Heidi Hetzer nicht durch China reisen dürfte. Die Unnachgiebigkeit der chinesischen Beamten hatte die rastlose und rasante Rallyefahrerin bereits zu spüren bekommen. Diese ließen sich nicht erweichen, denn sie hatte keine gültigen Papiere für ihren „Hudo“ dabei. Sie musste also wieder zurückfahren.

„Irgendwo in der Walachei war ich ganz traurig, weil ich nicht über die chinesische Grenze gekommen bin. Plötzlich kommt ein Mann an, und wir kommen ins Gespräch“, erinnert sich Heidi Hetzer und ihre Stimme verrät, dass sie immer noch davon überrascht ist, dass dieser Mann deutsch sprach und lacht wieder. Es freut sie, dass sie auch alleine zurechtkommt. Auch ohne Beifahrer lernt sie ständig neue Leute kennen, die sich mit ihrem „Hudo“ fotografieren lassen wollen. Die beiden geben ein gutes Paar ab. Heidi Hetzers innerer Motor ist ihre Neugierde und der starke innere Drang, sich zu bewegen.

„Hier in Almaty ist alles schön, wunderbar, aber ich will innerlich weg. Ich habe nur dieses Bedürfnis. Ich kann nicht irgendwo dasitzen. Ich muss ein Ziel haben.“ Jetzt ist ihr Ziel, über China weiterzureisen und auch wieder einen neuen Beifahrer oder gar eine neue Beifahrerin zu finden.

Inzwischen ist es kalt geworden und „Hudo“ hat neue Winterreifen bekommen. Die Papiere sind auch endlich da. Heidi Hetzers Weltreise geht nun endlich weiter.

Von Dominik Vorhölter

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