In Kasachstan möchten immer mehr Jugendliche einen Beitrag zum Umweltschutz leisten – freiwillig. In Programmen wie „Volunteers 4 Climate“ oder „Recycling Birge“ vernetzen sie sich und geben ihr Wissen an Gleichaltrige weiter.

Gesellschaftliches Engagement erfreut sich in Kasachstan immer größerer Beliebtheit. Dabei war die Bereitschaft, sich ehrenamtlich zu betätigen, lange Zeit mäßig ausgeprägt. Als junge Republik litt das Land unter dem Erbe der Sowjetunion, wo entsprechende Aktivitäten von oben organisiert und gelenkt waren und Eigenverantwortlichkeit nicht gefördert wurde.

Doch vor allem im Umweltbereich werden Missstände inzwischen nicht nur von staatlicher Seite erkannt, benannt und angegangen. Denn Luftverschmutzung, Vermüllung oder verunreinigtes Trinkwasser beeinträchtigen die Lebensqualität eines jeden Menschen. Besonders Vertreter der jungen Generation, die sehr aktiv in den sozialen Medien sind und sich dort vernetzen, möchten gemeinsam etwas dagegen unternehmen.

Freiwilligenarbeit kostet Zeit

Die Schülerin Alima Kaliyeva vom Gymnasium Nr. 34 in Almaty betätigt sich seit Jahren ehrenamtlich. Im Mittelpunkt ihres Interesses stehen die Themen Umweltschutz und Nachhaltigkeit. Über Instagram informiert sie sich seit etwa zwei Jahren über ökologische Probleme weltweit und verfolgt die Aktivitäten von Freiwilligen und Umweltorganisationen. „Ich begann irgendwann, selbst fasziniert zu sein davon, dass ich trotz meines jungen Alters einen Beitrag leisten kann“, sagt die heute 17-Jährige.

Und das tut sie auch. Aktuell ist Alima im Unicef-Programm „Volunteers 4 Climate“ („Frewillige für das Klima“) aktiv, das letzten Herbst in Almaty, Schymkent und Temirtau gestartet wurde. Ihre Aufgabe ist es, Schüler anderer Schulen in Almaty für Umweltthemen zu sensibilisieren und in diesem Bereich zu bilden. Ein durchaus zeitaufwändiges Unterfangen: Insgesamt vier Module gehen die Schülerin und ihre Mitstreiter jeweils mit aktuell fünf Klassen durch – im Monat kommen sie dabei aktuell auf fünf Einheiten inklusive Vor- und Nachbereitung, parallel zum regulären Schulunterricht.

Unicef war schon lange mein Traum“, sagt Alima, die die Extrabelastung nicht anficht. Doch in das Programm zu gelangen, war nicht einfach. Aus einem Kreis von 400 bis 500 Bewerbern wurden am Ende 70 ausgewählt, berichtet die Schülerin. Zu den Aufnahmekriterien gehörte neben Zeit, Lust, Kommunikationsfähigkeit und natürlich vollständigen Bewerbungsunterlagen auch ein Aufsatz, in dem die Bewerber ihre Motivation für ein ehrenamtliches Engagement bei Unicef darlegen sollten.

Interesse von Schülern, Lob von Lehrern

Nach der Auswahl wurden die jungen Teilnehmer an dem Programm zunächst selbst intensiv geschult – zu Klimawandel und ökologischen Problemen wie Wasser-, Boden- und Luftverschmutzung. Anschließend erfolgte die Verteilung auf andere Schulen in Almaty, wo die Freiwilligen seitdem ihr Wissen an (fast) Gleichaltrige weitergeben – interaktiv, mit Spielen und in Teamformaten. Das Prinzip: Wissensvermittlung auf Augenhöhe, statt von oben herab.

Die anderen Jugendlichen begegneten dem neuartigen Konzept zunächst schüchtern und mit leichter Skepsis, berichtet Alima, für die ihre erste Einheit zugleich die erste Erfahrung vor einem größeren Publikum war: „Alle waren zunächst zurückhaltend. Aber nach einiger Zeit haben wir eine gemeinsame Sprache gefunden und sie begannen, sich zu öffnen und viele Fragen zu stellen, woran ich eindeutig ihr Interesse erkennen konnte.“ Unterstützung gibt es zudem von Seiten der Lehrer, die nichts dagegen haben, wenn die Freiwilligen wegen ihres sozialen Engagements mal den Unterricht früher verlassen müssen.

Auch im eigenen Freundeskreis stößt die 17-Jährige seitdem immer wieder auf eine Mischung aus Interesse und Erstaunen. „Meine Freunde sehen in den sozialen Medien, was ich mache, und fragen mich regelmäßig danach“, sagt Alima. „Ich erzähle ihnen dann alles und erkläre ihnen zum Beispiel, wie man den Müll sortiert, wo man leere Flaschen entsorgt und ähnliche Dinge.“ Die Aufklärungsarbeit macht dabei vor der eigenen Haustür nicht Halt. So werden zuhause Altpapier fürs Recycling gesammelt und Batterien nicht einfach im Hausmüll entsorgt, sondern zu speziellen Annahmestellen gebracht.

Noch viel Überzeugungsarbeit zu leisten

Dass es in der kasachstanischen Gesellschaft in Sachen Umweltbildung und -bewusstsein noch Luft nach oben gibt, erlebt Schülerin Alima jedoch im Rahmen eines anderen Programms, an dem sie sich parallel zu ihrem Unicef-Engagement beteiligt. So setzt sich die Umweltorganisation „Recycling Birge“ (kas. für „Recycling zusammen“) unter anderem für Mülltrennung ein und stellt dafür in der Stadt Behälter für verschiedene Arten von Plastik, Altpapier, Aluminiumdosen u. ä. auf. Darüber hinaus werden Umweltmessen veranstaltet, auf denen es Accessoires wie Schlüsselanhänger oder Tassen aus recyceltem Plastik gibt.

Doch gerade bei den Müllbehältern lässt sich ein Trend dahin entwickeln, dass nach einiger Zeit alles wieder seinen gewohnten unökologischen Gang geht: Sobald diese niemand mehr aktiv betreut, fangen die Leute wieder an, alle Müllsorten durcheinanderzuwerfen. Es fühlt sich dann mitunter so an, als ob die Behälter öffentlichkeitswirksam aufgestellt würden, die Öffentlichkeit aber nicht wirklich mit einbezogen sei. Schülerin Alima sieht sich durch solche Erfahrungen nur in ihrer Motivation bestärkt, Mitmenschen von einem umweltbewussten Verhalten zu überzeugen. „Denn ohne Verantwortung und sinnvollen Einsatz funktioniert es nicht.“

Jenseits vom Engagement für eine saubere Umwelt hat die junge Freiwillige auch für ihre persönliche Zukunft große Pläne. Nach dem Abitur möchte sie zum Studium nach Deutschland. Die Sprache lernt sie dafür bereits fleißig.

Christoph Strauch

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