Brautraub gilt vielen in Zentralasien als alte Tradition. Vielerorts werden auch heute noch Frauen entführt, um sie dann zu verheiraten. Diesem Thema nimmt sich die Inszenierung „Kyz Kuu“ an, die am 19. Januar Premiere in Almaty feierte. Es ist die erste von drei verschiedenen Aufführungen, die sich mit Frauenrechten, Meinungsfreiheit und Pazifismus auseinandersetzen.

Eine Frau wird entführt. Wenig später findet sie sich auf ihrer eigenen Hochzeit wieder. Dieses Schicksal ereilt jedes Jahr Tausende Frauen in Zentralasien. Obwohl Vorfälle von Brautraub immer wieder in den Medien auftauchen, gilt es für viele als Tradition und wird daher selten strafrechtlich verfolgt.

Die Inszenierung „Kyz Kuu“ erzählt genau diese Geschichte. Es geht um die Entführung einer Frau, ihre Verheiratung wider Willen, ihre Erfahrungen und die Reaktionen ihres Umfelds. Das Besondere dabei: „Kyz Kuu“ kommt ganz ohne Worte aus. In der Beschreibung heißt es, es handle sich um „plastisches Theater“, welches allein mit der Sprache des Tanzes auskomme.

Kasachische Tradition?

Brautraub wird in der kasachischen Öffentlichkeit nur selten diskutiert. Eine ungewöhnliche Inszenierung bringt das Thema auf die Bühne. | Bild: Diana Balajan / Facebook

Am 19. Januar fand die Premiere im Kulturraum „Transforma” statt. Auf Deutsch könnte man „Kyz Kuu“ mit „Die Jagd nach Mädchen“ übersetzen. Der Name stammt von einem traditionellen Sport, bei dem ein Mann auf einem Pferd einer Reiterin nachjagt. Holt er sie vor dem Ziel ein und schafft es, einen Kuss „zu stehlen“, gewinnt er. Schafft er sich nicht, jagt die Frau dem Mann hinterher und kann ihm mit ihrer Peitsche schlagen, was einen Sieg für sie bedeutet.

Die Idee, das Thema Brautraub tänzerisch umzusetzen, stammt von Jekaterina Schmonina und Marina Konstantinowa. Insgesamt stehen acht Tänzer auf der Bühne – sechs Frauen und zwei Männer. Eine der Frauen stellt jedoch einen Mann dar. Zu Beginn und am Ende stellten sich alle Darsteller mit Namen vor. Die Musik zu dem Stück stammt von der kasachischen Schlaginstrumentengruppe „BugaraBu“ und kasachischen Volksliedern.

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Rund 5.000 Brautentführungen jedes Jahr

Selbst für die kasachische Kulturhauptstadt Almaty ist „Kyz Kuu“ mit seinem Ausdruckstanz eine eher ungewöhnliche Aufführung. Regisseurin Schmonina fasst die Handlung so zusammen: Der beste Freund der Hauptdarstellerin verbündet sich mit einem Typen, dem sie gefällt. Die Frau wird entführt, doch am Ende rettet der Freund die tragische Heldin dennoch.
Vor dem eigentlichen Beginn der Aufführung erzählen Frauen auf einem Videobildschirm, die selbst Opfer von Brautraub waren, ihre Geschichten. Das Stück zeigt dann verschiedene Situationen: die Entführung, die Heirat, den Zwang, für seinen Mann gut aussehen zu müssen, die Geburt des Kindes, die Flucht. Für die Hauptdarstellerin, die zum Schluss mit gepackten Koffern und einem Lächeln auf den Lippen geht, nimmt die Geschichte ein gutes Ende.

Für viele Frauen ist das in der Realität nicht der Fall. Obwohl es keine offiziellen Zahlen gibt, gehen Nichtregierungsorganisationen von circa 5.000 Frauen aus, die jedes Jahr Opfer von Brautraub werden. „Kyz Kuu“ ist die erste Theaterproduktion von Marina Konstantinowa, die einen Abschluss in Psychologie und lange als Fotographin gearbeitet hat. Vor einiger Zeit stellte sie Fotos aus, die ebenfalls das Thema Gewalt gegen Frauen zeigten, darunter auch Brautraub.

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Kaum Öffentlichkeit

In Kasachstan ist für die Entführung von Menschen zwar eine Freiheitsstrafe von vier bis sieben Jahren vorgesehen, einen extra Paragraphen gibt es im Strafgesetzbuch jedoch nicht. Außerdem werden die Strafverfolgungsbehörden nur nach Anzeige tätig. Aus Scham der Betroffenen kommt es jedoch eher selten dazu. Auch in der kasachischen Öffentlichkeit wird das Thema nur selten diskutiert.

Brautraub wird in der kasachischen Öffentlichkeit nur selten diskutiert. Eine ungewöhnliche Inszenierung bringt das Thema auf die Bühne. | Bild: Diana Balajan / Facebook

„Ich bin überrascht, dass es im 21. Jahrhundert noch jedes Jahr 5.000 Fälle von Brautentführung in Kasachstan geben soll. Ich dachte, das gehört der Vergangenheit an“, sagt zum Beispiel Altyn Kenschegalijewa. Ihr sei nun erst bewusst geworden, dass Brautraub noch immer ein Problem ist.

Für die 29-Jährige war die Aufführung daher nicht nur künstlerisch, sondern auch thematisch etwas Besonderes: „Es ist notwendig, Probleme wie Brautentführung in unserer Gesellschaft zu beleuchten, vor allem für Jugendliche. Die Darstellung der Thematik in Form von Tanzen regt uns zum Nachdenken an.“ Sie habe zwar eher ein tragisches Ende erwartet, findet aber gut, dass gezeigt wurde, dass es einen Ausweg und somit auch ein Happy End geben kann.

Die Bühne des Kulturraums “Transforma” ist zwar nicht riesig, doch die rund 100 Plätze waren fast bis auf den letzten Platz gefüllt. Vor allem junge Menschen waren zu der Aufführung erschienen. „Kyz Kuu“ ist das erste von drei Theaterstücken über Frauenrechte, Meinungsfreiheit und Pazifismus. Der Kulturraum „Transforma“ wird von Antoine Dukravetz geleitet, der früher Schauspieler am Deutschen Theater in Almaty war. Die Aufführungen werden vom British Council und der Soros Foundation Kazakhstan gefördert.

Othmara Glas

Сегодня в «Трансформе» состоялась премьера пластического спектакля «Кыз Куу» Спасибо @marik1001 за такое красивое видео! Мы всегда Вам рады !))) #Repost @marik1001 with @get_repost・・・Зашел тут в пространство @transforma.kz на пластический спектакль «Кыз Куу», основанный на реальных историях девушек, которых "украли" против их воли. Наверное у нас еще очень долго будет актуальна эта тема, а может быть и всегда. Смотреть на все эти истории, рассказанные языком тела, для меня это что-то совсем новое и неизведанное. Было интересно. Рад был всех видеть, а пространство прикольное)) @marinakonstantinow @fathermonk @anna8_ @omalysheva @touch_my_trylala #video #almaty_city #kaz #kz #photo #pic #instalook #instasize #instagram #алматы #каз #кз #зашелтут #dark #кызкуу #transformakz

Опубликовано Пространство Трансформа Пятница, 19 января 2018 г.

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