Heutzutage netzwerken alle Leute, was das Zeug hält. Ich auch. Aber, wie es richtig geht, weiß ich immer noch nicht.
In erster Linie ist es Typsache. Einige netzwerken aus dem Stegreif und Handgelenk, als hätten sie ihr Leben lang nichts anderes getan. Mich persönlich stresst es sehr. Das Ding mit den Geschäftsgesprächen geht mir inzwischen einigermaßen leicht von der Hand. Das ist schön greifbar. Man hat ein konkretes Anliegen. Man verabredet sich, um zu diesem Anliegen die Ziele und Modalitäten zu verabreden. Nach einem knappen aber freundlichen „Guten Tag!“ und „Wie war Ihre Anreise?“ geht’s auch schon los, man setzt sich an einen Tisch und gießt sich noch kurz Kaffee und Wasser ein, bevor man in einem vorab definierten Zeitraum Nägel mit Köpfen macht. Dann darf man wieder nach Hause fahren, um sich mit Freunden persönlichen Anliegen zu widmen und zu feiern. Dienst ist Dienst, und Schnaps ist Schnaps.
Beim Netzwerken „eiert“ und „scharwenzelt“ man in einer diffusen Grauzone um halbgare Anhaltspunkte herum, zeigt durch Anekdoten, Nebenbemerkungen, Witz, Charme und Persönlichkeit fachliche Kompetenz und Interesse an einer Kooperation. Man zeige sich, um sich in Erinnerung zu bringen, falls jemand gerade oder bald jemand Pfiffigen braucht. So weit, so gut. Aber was heißt das konkret für das Auftreten? Wie viel Persönliches gibt man preis, welche Schwächen gibt man zu? Wie kriegt man die Kurve von der Anekdote hin zum Fachlichen? Wie offen darf man zugeben, dass man auf der Suche nach einem Auftrag ist? Wie lange darf eine Plaudereinheit dauern? Wie viel Alkohol darf man im vermeintlich privaten informellen Teil eines Netzwerk-Anlasses in sich hineinkippen?
Bis ich die Antworten kenne, mache ich das irgendwie, mehr intuitiv als gekonnt, und hoffe, dass ich zumindest keinen Imageschaden anrichte. Es scheint weitgehend zu gelingen, aber manchmal bin ich doch irritiert. Zum Beispiel, wenn ich das Gefühl habe, in einem richtig guten Gespräch mit jemandem zu sein und mit großer Anteilnahme tiefschürfende Gedanken auszutauschen – und sich dann aber mein Gesprächspartner durch eine kleinste Ablenkung jäh aus dem Gespräch verabschiedet, als hätten wir nur über das Wetter geredet! Dann wird mir klar: Aha, derjenige war innerlich gar nicht so engagiert und involviert, sondern befand sich im „Netzwerken-Modus“, in dem man keine Wurzeln schlägt, sondern leichtfüßig von Kontakt zu Kontakt schwebt, weil man mit möglichst vielen Leuten in Kontakt treten will.
Während die anderen behände durch den Raum flattern, stehe ich da wie mit einem Klumpfuß und komme mir vor, wie bestellt und nicht abgeholt. Und wenn ich mir mal vornehme: So, jetzt betreibe ich Kontakt- und Netzwerkpflege und gehe offensiv und zielstrebig auf Leute zu, um mich mit ihnen zu vernetzen, lande ich immer! bei Leuten, die gar nicht zum Vernetzen da sind, sondern bei den Fotografen, Dolmetschern, Technikern und Praktikanten. Es wird wohl ihre Ausstrahlung des Abseitsstehens sein, was mir ein Gefühl von Vertrautheit und Heimischsein vermittelt und mich magnetisch anzieht. Aber wer weiß, vielleicht steuere ich ja intuitiv die richtigen Leute an, weil ich später mal Fotografen, Dolmetscher, Techniker und Praktikanten viel besser gebrauchen kann als andere Fachleute. Das weiß man beim Netzwerken ja immer erst später.