Bei Olga Becker ist es nie langweilig zu Hause. Ob alleine oder zusammen mit ihren Geschwistern – die 35-Jährige findet immer Zeit zu musizieren.

Mit zwölf Jahren ist Olga Becker, geborene Huber, mit ihren Eltern und Geschwistern aus Kasachstan nach Albersdorf in Schleswig-Holstein gekommen. Hier hat die Familie, die ein Vorbild der gelungenen Integration der Russlanddeutschen ist, seit 1992 eine neue Heimat gefunden. Der Vater Robert Huber machte sich von Anfang an um die schnelle Integration vieler Deutscher aus Russland verdient, engagierte sich im Sportverein und im DRK und kümmerte sich um die zugezogenen Familien. Seinem Engagement stehen auch die Kinder und Enkel nicht nach, die sich seit Jahren in das Kulturleben der Gemeinde einbringen. Auch die Landsmannschaft und ihre Wanderausstellung haben durch die Bemühungen der Familie Huber einen ausgesprochen guten Ruf im nördlichsten Bundesland.

Die Familiengeschichte der Hubers hatte vor 250 Jahren mit ihrem Vorfahr Ludwig Huber und seiner Auswanderung an die Wolga genau dort begonnen, wo die Familie heute lebt. Robert Huber hat die wechselvolle Familiengeschichte bis ins Jahr 1762 zurückverfolgt und in vier Chronik-Bänden zusammengefasst.

Seit 2013 erinnert ein Gedenkstein im Zentrum des Kolonistengebietes mit der Gemeinde Jörl im Kreis Schleswig-Flensburg an die 87 Kolonistenfamilien, die zwischen 1763 und 1766 nach Russland zogen, darunter auch Ludwig Huber. Olgas Vater Robert Huber ist sein Nachfahre in achter Generation. 1941 wurde er als Vierjähriger mit seinen Eltern nach Kasachstan deportiert.

Tochter Olga (geb. 1980) ging bis zur sechsten Klasse in Atbassar/Kasachstan zur Schule. Nachdem sich die Hoffnung auf die Wiederherstellung der deutschen Wolgarepublik als Trugbild herausgestellt hatte, brach auch die Familie Huber ihre Zelte ab. In Albersdorf machte Olga 1997 ihren Realschulabschluss und absolvierte anschließend die Fachhochschulreife am Fachgymnasium für Wirtschaft, wo sie sich an mehreren Schulprojekten engagierte. 2001-2005 folgte die Berufsausbildung an der Dr. Gillmeister-Schule, Fachrichtung Laboratoriumsmedizin, mit Diplomabschluss als medizinisch-technische Assistentin (MTA). Ihre berufliche Erfahrung als medizinisch-technische Laborassistentin sammelte Olga zwischen 2006 und 2011 am Westküstenklinikum Brunsbüttel und anschließend am Westküstenklinikum Heide.

2012 eröffnete ihr Mann Sergej Becker, mit dem sie seit 2004 verheiratet ist, eine private Physiotherapie-Praxis, wo Olga ihn an der Rezeption, in der Patientenbetreuung, bei Rezeptbearbeitung oder Buchführung unterstützt. Nicht zu vergessen sind ihre vier Kinder: Luisa (2004), Isabel (2008), Arthur (2011) und Albert (2014) – die zehnte Huber-Generation im weitverzweigten Familienstamm der Hubers.

Obwohl Olga Becker alle Hände voll zu tun hat, findet sie Zeit für ihre Leidenschaften und das Ehrenamt. In ihren Schuljahren hatte sie Klavierunterricht an der Dithmarschen Musikschule und hat schon immer gern gesungen. Seit 1998 singt Olga (Sopran) im Frauenchor „Harmonie“ / „Chorisma“ unter der Leitung ihrer großen Schwester Valentina Rokotov (geb. Huber), einer ausgebildeten Musikerin, die durch ihre intensive musikalische Arbeit dem kulturellen Leben in Albersdorf neue Impulse verliehen und den Frauenchor des kleinen Ortes unter ihrer Leitung in die Spitzengruppe auf Landesebene gebracht hat. Beide singen auch in der A-Capella-Gruppe des Chors. Außerdem leitete Olga Huber drei Jahre lang einen Kinderchor, in dem auch einige Huber-Nachkommen mitgesungen haben.

Dieser Artikel ist zuerst in der Zeitschrift Landsmannschaft der Russlanddeutschen e.V. „Volk auf dem Weg“ erschienen. Wir veröffentlichen ihn mit freundlicher Genehmigung der Redaktion.

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