Mein Freund Bernd zieht aus und sucht einen Nachmieter für seine Wohnung. Die Wohnung ist schön, nicht zu teuer, zentral gelegen, hat einen Balkon und könnte damit ruckzuck vermietet werden – wenn nicht die Vermieterin wäre.
Und wenn die Mieter nicht schwul, lesbisch oder ausländisch wären. Anwärter gäbe es genug, aber die Vermieterin lässt nicht irgendwen in ihre Wohnung, nein, nein! Also, Lesben dürfen es auf gar keinen Fall sein, die findet sie eklig, sagte sie meinem Freund Bernd. Eigentlich hätte sie gern wieder einen schwulen Mann, nanu?! Ob sie schon schwule Männer als Mieter wollte, bevor Bernd dort gewohnt hat oder ob sie festgestellt hat, dass schwule Männer auch gute Mieter sein können, wie Bernd einer ist, lässt sich nicht mehr nachvollziehen. Aber geläutert ist sie nur ein bisschen. Eklig werden schwule Männer dann, wenn sie sich küssen, das kann sie gar nicht gutheißen. Ich wusste doch, da war ein Haken. Jetzt ist es aber schwer, einen schwulen Mieter zu finden, der sich vertraglich auf ein Knutschverbot in der Wohnung einlässt. Aber in Köln gibt es ja nicht nur schwule und lesbische Mieter, obwohl Köln durchaus den Ruf hat. Wir haben ja auch viele Migranten, in der Sprache der Vermieterin: Ausländer. Und natürlich – mit denen hat sie auch ein Problem. Migrant hin oder her, Ausländer bleibt Ausländer und Ausländer ist, wer einen ausländischen Namen hat, ihr kann man da nix vormachen. Jetzt muss man aber fairerweise sagen, dass sie sich doch ein wenig tolerant zeigt und dabei ist, sich interkulturell zu öffnen. Sie ist durchaus bereit, einer Wohnungsbewerberin mit ausländischem Namen eine Chance zu geben und einen Schritt auf sie zuzugehen. Ja, das wird sie machen. Sie hat erfahren, dass diese Dame in einem Herrenbekleidungsladen arbeitet und wird sie inkognito und undercover dort aufsuchen, um sich die mögliche zukünftige Mieterin zu beschauen. Eine ethnologische Studie quasi, die die Wohnfähigkeit dieser fremden Artgenossen ergründen soll. Schon richtig. Man sollte sich nämlich kein X für ein U vormachen lassen und Vorsicht ist eh immer besser als Nachsicht. Bernd, beinahe sprachlos, wie man nicht anders sein kann, brachte aber dennoch ein: „Ja, dann tut sie es halt!“ heraus. Ja, das werde sie! Das sei ihr gutes Recht! findet die Vermieterin. Und solche Vermieter finden sich immer wieder mal. Ein kurdischer Freund von mir wurde einst von einer potenziellen Vermieterin gefragt, ob er auch reinlich sei. Sie hatte als konstruktives Entgegenkommen sogar vorgeschlagen, sich einmal in seiner vorherigen Wohnung umzuschauen, um die Wohntauglichkeit zu begutachten. Ein faires Angebot! Schon toll, die Vermieterinnen machen sich extra die Mühe, ihre potenziellen Nachmieter aufzusuchen, quasi einen Schritt auf sie zuzugehen; sie da abholen, wo sie sind. Wenn das nicht handfeste Integration ist!
Julia Siebert
17/08/07