Über die tägliche Energieversorgung macht sich der Normalbürger keine tiefgreifenden Gedanken. Energie aber ist ein besonderer Saft. Die meisten von uns sehen nur das Endergebnis, also die Wärme oder das Licht. Die Energieerzeugung hat jedoch eine Vielzahl komplexer Wirkungen auf die Gesellschaft. Aus diesem Grunde ist die Energiepolitik immer sehr komplexer Natur, sie hat eine Vielzahl sicherheitspolitischer, wirtschaftlicher, ökologischer, sozialer und technischer Aspekte. Da Energie immer von Menschen für Menschen gemacht wird, ist sie natürlich auch ein politisch-kommunikatives Element. Deshalb wird in vielen Ländern die aktuelle oder beabsichtige Energiepolitik intensiv öffentlich diskutiert, meist auch sehr kontrovers.

 

Unsere heutige Energie gewinnen wir fast ausschließlich durch die Förderung und Verbrennung fossiler Brennstoffe, die uns Mutter Natur irgendwann in einem langwierigen Prozess geschaffen hat. Das Vorhandensein dieser Vorräte ist keine Leistung irgendeines Staates, auf mittlere und längere Frist sind die Vorräte begrenzt. Folglich muss man sich Gedanken machen, wie der bereits schon sehr große und weiter wachsende Energiehunger der Menschheit befriedigt werden kann.
Dafür gibt es verschiedene Möglichkeiten, die letztlich immer erst in einer bestimmten Kombination eine optimale Energieversorgung sichern. Wirklich „alternative“ Energiearten gibt es letztlich nicht. Das, was heute manchmal unserer Meinung nach fälschlicherweise so genannt wird, kann und wird keine automatische vollwertige Alternative zur heutigen Struktur der Energieversorgung sein. Sonne, Wind und Biomasse müssen sich, wie jede andere Energieart vor ihnen, schrittweise ihren Platz im Energieversorgungsmix erobern. Dabei muss eine Vielzahl technischer Fragen gelöst werden und nach einer bestimmten Anlaufzeit muss auch die Wirtschaftlichkeit stimmen.
In Europa wird gegenwärtig vor allem die Frage der weiteren Perspektive der Nutzung der Kernenergie diskutiert und zwar in einer höchst kontroversen Art. Gewöhnlich stehen sich dabei die Verteidiger der Kernenergienutzung und die Gegner dieser Art der Energieerzeugung ohne jegliche Kompromissbereitschaft gegenüber. Auch hier liegt die Wahrheit sicher irgendwo in der Mitte: auch die Kernenergie zeichnet sich nicht nur durch Vorteile, sondern auch durch Nachteile aus.
Deutschland gehört zu den Ländern, die offiziell (bereits vor zehn Jahren) beschlossen haben, schrittweise aus der Nutzung des Atoms für die Energieerzeugung auszusteigen, also die vorhandenen Kernkraftwerke nach einem abgestimmten Plan abzuschalten und dann zu „verschrotten“.
Die Befürworter der weiteren Kernenergienutzung argumentieren unter dem Eindruck des durch den CO2-Ausstoss vor sich gehenden Klimawandels damit, dass bei der Kernspaltung im Unterschied zur Verbrennung von Kohle und Gas kein CO2 emittiert wird. Kernenergie sei also umweltfreundlich. Die Atomkraftgegner (das sind in Deutschland etwa zwei Drittel der Bevölkerung) sehen als Hauptargument gegen die weitere Nutzung der zwölf deutschen Kernkraftwerke (KKW) vor allem Sicherheitsfragen, insbesondere das nirgendwo in der Welt technisch und wirtschaftlich gelöste Problem der Lagerung der hochgiftigen Rückstände. Diese müssen etwa 100.000 Jahre sicher aufbewahrt werden, also wesentlich länger, als die Menschheit bewusst existiert.
Auch Kasachstan will in der Zukunft die Kernenergie zur Energieerzeugung nutzen. Als Hauptbegründung wird dabei das Vorhandensein großer eigener Uranvorkommen genannt. Allerdings findet hierzulande de facto keine öffentliche Diskussion dieser sensiblen Frage statt. Da aber das Land – wenn auch in anderen politischen Rahmenbedingungen – nicht gerade positive Erfahrungen mit dieser Energieart gemacht hat, sollte auch die Meinung der Bevölkerung eine Rolle in der Entscheidungsfindung spielen.
Das oftmals gebrachte Argument, dass weltweit eine Renaissance der Kernkraftnutzung (die nach dem Unfall von Tschernobyl drastisch verringert wurde) stattfindet, ist nicht stichhaltig. Zwar werden weltweit gegenwärtig etwa 30 neue KKW gebaut und etwa ebensoviel sind in Planung, gleichzeitig aber werden aus Altersgründen in den nächsten Jahren etwa 100 KKW stillgelegt. Folglich wird weltweit trotz des Neubaus von KKW deren Anteil an der Stromerzeugung zurückgehen. Renaissance sieht eigentlich anders aus.

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