Julianna Kirjanowa studiert in Innsbruck. Die gebürtige Russin wohnt seit fünf Jahren in Tirol. Was sie an Österreich schätzt, welche Fragen ihr am häufigsten gestellt werden und was Österreich von Deutschland unterscheidet, hat sie der DAZ erzählt:
/Foto: privat. ‚Ausblick ins Tiroler Inntal.’/
Julianna, woher kommst du genau, seit wann wohnst Du in Österreich?
Ich komme aus dem Ural und wohne seit fünf Jahren in Österreich.
Was machst du dort?
Ich studiere Russisch auf Lehramt und Deutsch. Meine Familie ist in Russland, aber ich fühle mich nicht einsam, weil ich sehr viele Freunde, Studien-und Arbeitskollegen habe. Meine beste Freundin aus dem Ural ist zum Glück auch hier.
Warum studierst du in Europa?
Es war immer mein Traum, irgendwo im Ausland zu studieren und die Welt anzuschauen, andere Kulturen und Leute kennenzulernen. Nach meinem Germanistik-Studium in Russland habe ich ein Jahr als Au-Pair-Mädchen in Deutschland gearbeitet. Es war eine tolle Zeit! Ich habe so viele schöne Städte gesehen: Hamburg, Rostock, Berlin, Bremen, München sowie kleine Orte und Dörfer. Besonders Köln ist mir ans Herz gewachsen.
Was unterscheidet Österreich von Deutschland?
Ich finde nicht, dass sich Österreich von Deutschland großartig unterscheidet. Am ehesten in der Mentalität: die Österreicher sind lockerer, die Deutschen sind eher pünktlich, pedantisch. In der Sprache gibt es auch Unterschiede: Es gibt viele Wörter zum Beispiel für Gemüse oder Küchenutensilien, die in Österreich ganz anders heißen als in Deutschland.
Was wirst du am häufigsten gefragt? Welche Fragen nerven dich?
Es ist immer die gleiche Frage: „Gefällt es dir in Österreich?“ Sie wird aber immer ironisch gestellt, in dem Sinne, dass die Leute glauben, es würde mir in Russland so schlecht gehen und man würde dort so schlecht leben. Eine andere Frage ist, ob die Russen wirklich so viel Wodka trinken oder ob es in Russland tatsächlich nur Reiche und Arme gibt.
Was gefällt dir an Österreich, was findest du doof?
Es gibt sehr viele Dinge, die mir an Österreich gefallen: ich mag die Ordnung, die schöne Natur und die saubere Luft. Es gibt ein gut funktionierendes Gesundheitswesen, super öffentliche Verkehrsmittel und ein stabiles Leben. Doof finde ich, dass man für alles bezahlen muss, die hohen Steuern, Einschränkung der Arbeitszeiten und strenge Regeln für ausländische Studenten.
Kennst du Kasachen in Innsbruck?
In Innsbruck kenne ich noch niemanden aus Kasachstan. Aber in Deutschland kenne ich ein paar Kasachen, die ich damals während meiner Au-Pair-Beschäftigung kennengelernt habe.
Was geht dir durch den Kopf, wenn du den Ural besuchst, möchtest du zurück?
Nach so langer Zeit in Europa möchte ich hier bleiben. Jedes Mal, wenn ich meine Familie besuche, sehe ich, dass sich dort nichts ändert. Die Leute verdienen immer noch sehr wenig, die Preise für Lebensmittel sind sehr hoch.
Wie stehen die beruflichen Chancen in Österreich?
Ich glaube, für Ausländer ist es eher schwierig. Für Tirol sehe ich aber große Chancen, mit Russischkenntnissen einen guten Arbeitsplatz zu bekommen. Aber ich mache mir darüber jetzt noch keine Sorgen, es dauert noch, bis ich mit dem Studium fertig bin.
Wie klappt die Integration?
Es klappt gut! Ich habe viele russische, ukrainische und genauso viele österreichische Freunde. Nationalität spielt für mich keine Rolle! Ich bin sehr offen und unkompliziert. Ich glaube, es hängt von jedem Menschen persönlich ab. Einige Immigranten leben seit vielen Jahren in Europa und können sich nicht integrieren. Sie haben Probleme mit der neuen Sprache, kommen schwer mit der Kultur und Mentalität zurecht. Deswegen suchen sie sich nur Freunde aus dem eigenen Land. Ich finde das einfach schade.
Interview: Marion von Zieglauer