Das Hamburger Landgericht hat FDP-Chef Guido Westerwelle untersagt zu behaupten, Gerhard Schröder habe als Bundeskanzler dem russischen Gasprom-Konzern einen Auftrag für die deutsch-russische Ostsee-Pipeline erteilt. Dennoch geht der Streit um Schröders Verhalten weiter: FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG
„Die Causa ‚Schröder und die Gasleitung‘ hat mindestens zwei kontroverse Aspekte: einen energiewirtschaftlich-außenpolitischen und einen, der des früheren Bundeskanzlers Reputation betrifft. Dass der zweite Aspekt Anlass für Gerichtstermine gibt und Überlegungen provoziert, einen Untersuchungsausschuss des Bundestages einzusetzen, sollte den Machtpolitiker Schröder nicht wundern. Er hatte das Projekt einer Gasleitung von Rußland durch die Ostsee nach Deutschland ohne Rücksicht auf EU-Partner betrieben und auf eine Weise forciert, die durch Schröders Übernahme des Aufsichtsratsvorsitzes im Betreiberkonsortium eine fragwürdige Fortsetzung fand. Und ob nun eine Bürgschaft in Anspruch genommen wird oder nicht – schon der Verdacht, hier werde Privates mit öffentlichen Belangen vermengt, ist peinlich genug.“
MINDENER TAGEBLATT
„Was von Anfang an zu befürchten stand, bewahrheitet sich mit jeder Weiterung des Pipeline-Geschäfts, das die deutsche Öffentlichkeit zwangsläufig noch über Jahre beschäftigen wird, nicht zuletzt deshalb, weil es für seine Energieversorgung eine wichtige Rolle spielt: Der Ex-Bundeskanzler hat vielleicht sich persönlich einen Gefallen getan. Seinem Ansehen, dem des einst von ihm ausgeübten Amtes und dem seines Landes ganz gewiss nicht, als er die Versorgungssicherheit zu seiner persönlichen Angelegenheit machte. Er sollte das Mandat niederlegen.“
SCHWÄBISCHE ZEITUNG
„Trotz aller anderslautenden öffentlichen Bekundungen ist Schröders Gasprom-Engagement vielen Genossen einfach nur peinlich. Es gibt Regeln, die sind nirgendwo aufgeschrieben und werden trotzdem eingehalten. Etwa, dass man eigene Stärken nicht nur zum eigenen Vorteil einsetzt. Es sind Regeln des Anstands oder des Gewissens oder auch der Ehre, die für das erfreuliche Zusammenleben auch in der Politik wichtig sind.“
MITTELBAYERISCHE ZEITUNG
„Es besteht wenig Hoffnung, dass sich das Informationsdickicht rund um die Ostsee-Pipeline lichten wird. Hinter der wirtschaftlich und politisch zweifellos wegweisenden deutsch-russischen Initiative stehen zu viele, zu mächtige Interessen; und jene auf die Person Schröder zugeschnittene, scheinheilige Debatte hinterlässt einen faden Beigeschmack. Davon, dass der Ex-Kanzler das Verhältnis zu Moskau, dem erbitterten Gegner von einst, auch auf eine neue qualitative Ebene gehoben hat, spricht schon heute niemand mehr.“