In den Sommermonaten hatte man früher auf der ganzen Welt seine Nöte mit der Bevorratung, da waren die Deutschen in Russland keine Ausnahme. Die Vorratskammern waren geleert, und in den Kellern stieg die Temperatur so weit, dass man Fleisch und Fleischerzeugnisse darin nicht mehr sicher aufbewahren konnte. Auch Milch konnte nicht mehr über mehrere Tage aufbewahrt werden, so dass man nur Kleintiere für Feste schlachtete und die Milch zu Käse, Sauermilch, Quark und anderen Milchprodukten verarbeitete. Mehl war das einzige Lebensmittel, das über das ganze Jahr verfügbar war. Und so musste man ohne Kühlschränke genau überlegen, was man auf den Tisch bekam.
Auf der anderen Seite hatte man Arbeit auf dem Feld und im Garten und war für jede Vegetation dankbar. Die Frauen und Kinder sammelten reife Früchte und Beeren. Diese wurden nicht nur für den Winter konserviert – also zu Saft, Marmelade, sauer Eingelegtem oder Ähnlichem verarbeitet –, sondern direkt für die Speisen hergenommen. Und so kombinierte man diese frischen Geschenke der Natur mit Teig. Vor diesem Hintergrund stellen wir Ihnen heute Sommerrezepte der Deutschen auf russischen Gebiet vor, Käswareniki aus dem Wolgagebiet und Käsknepflja von der Ukraine. Mit hundertprozentiger Sicherheit können wir Ihnen allerdings nicht sagen, ob es sich dabei um aus der ukrainischen Küche entlehnte und abgewandelte Gerichte handelt oder ob unsere Vorfahren ähnliche Speisen nach Russland mitbrachten.
Vermutlich stammen die pelmeniartigen Teigtaschen ursprünglich aus der türkischen Küche. Das Gericht soll den Ukrainern so gut geschmeckt haben, dass allmählich aus den Düsch-wara Wara-niki wurden und sich mit der Zeit zum Stolz der ukrainischen Küche, den Wareniki, mit den typischen Füllungen aus Speck, Zwiebeln, Kartoffeln und Kirschen entwickelten. Unabhängig davon, ob es sich tatsächlich so abgespielt hat – ohne dieses Gericht kann man sich die russlanddeutsche Küche im Sommer gar nicht vorstellen. Der Fantasie wurde freier Lauf gelassen, und man nahm den Teig für zahlreiche Füllungen aus Kürbissen, Karotten, Pilzen oder Quark. Wobei Wolgadeutsche eher süße Varianten bevorzugten.
Wenn es noch keine Früchte gab oder zur Fastenzeit wurden die wolgadeutschen Kartoffelwareniki oder die ukrainedeutschen Krumberaknepflja mit gestampften Kartoffeln, verfeinert mit gerösteten Zwiebeln, gekocht. Zu jeder Früchte- und Beerensaison gab es ganz besondere Spezialitäten, von Kirschknepflja zur Kirschenzeit bis Schwarzebeere (Pasljony; hochdeutsch: Schwarzer Nachtschatten). Heute kennt man mehr als 150 verschiedene Warenikifüllungen.
Albina Baumann und Valentina Wudtke, VadW
Käsewareniki oder Käsknepflja
Früher wurden die Käsewareniki bzw. Käsknepflja aus selbst gemachtem Quark hergestellt. Jetzt wird entweder Hüttenkäse oder Schichtkäse genommen. Wichtig: Der Quark muss ausgepresst und trocken sein! Am besten den Quark bereits am Vortag auspressen bzw. abtropfen lassen.
Teig für Käsewareniki oder Käsknepflja
- 600 g Mehl.
- 1 Ei
- Wasser
- Salz
Aus Mehl, Ei, Salz und Wasser (beim Kneten langsam dazugeben) einen Nudelteig herstellen und den Teig für mindestens 20 Minuten zugedeckt in einer Schüssel ruhen lassen. In vier Teile teilen, durchkneten und noch mal ca. 10 min. ruhen lassen.
Füllung für Käsewareniki aus dem Wolgagebiet
- 600 g Quark
- 2 EL Zucker
- 1 Ei
- Weißbrot (ca. 1/3 der Quarkmenge)
- 1 Prise Salz
Das Weißbrot in kleine Würfel schneiden und in brauner Butter anbraten, bis sie goldgelb sind. Aus dem Fett herausholen und auf dem Teller (Papierküchentuch) abkühlen lassen.
Den abgetropften oder ausgepressten Quark mit dem Zucker gut vermengen und mit Salz abschmecken. Der Quark soll angenehm süß sein. Das Ei dazugeben und gut vermischen. Zum Schluss einen Teil der gerösteten Weißbrotwürfel dazugeben und vorsichtig umrühren.
Den Teig dünn ausrollen und in ca. 6×6 cm große Stücke schneiden. Die Füllung in die Mitte der Quadrate geben und von allen vier Seiten zur Mitte zusammendrücken, so dass pyramidenförmige Teilchen entstehen.
Wasser in einem großen Topf zum Kochen bringen, etwas Salz und Zucker dazugeben, die Käsewareniki vorsichtig hinein gleiten lassen und ca. 5 Minuten bei mittlerer Hitze im leicht siedenden Wasser gar ziehen lassen, bis sie oben schwimmen.
Die Käsewareniki aus dem Wasser nehmen und auf dem Teller mit Crème fraîche anrichten. Die Weißbrotwürfel mit Butter darüber streuen (abschmelzen). Kalte Milch dazu trinken.
Füllung für Käsknepflja – Ukrainische Wareniki (mit Schichtkäse)
- 500 g Schichtkäse (auspressen)
- 1 Ei
- Salz
- Pfeffer
- Zucker
Für Krischtlja (zum Drüberstreuen):
– Weißbrot
– Butter
Den Käse mit dem Ei vermischen und mit Salz, Zucker und Pfeffer würzen. Den Teig dünn ausrollen und mit einem großen bemehlten Trinkglas Kreise ausstechen. Jeweils etwas Füllung in die Mitte der Kreise geben, umklappen und die Ränder fest zusammendrücken.
Wasser mit zwei Lorbeerblättern in einem großen Topf zum Kochen bringen, die Wareniki vorsichtig hinein gleiten lassen und etwa 5 Minuten bei Mittelhitze im leicht siedenden Wasser gar ziehen lassen, bis sie oben schwimmen.
In der Zwischenzeit das Brot in kleine Würfel schneiden und in der heißen Butter goldgelb anrösten. Die Käsknepflja aus dem Wasser nehmen und auf dem Teller mit Crème fraîche anrichten. Die Krischtlja darüber streuen und mit der Butter übergießen.