Seit 1999 arbeitet der Freiburger Diplompädagoge Winfried Berndt im postsowjetischen Raum als Lehrer für Deutsch als Fremdsprache. Von 2007 an ist er nun in Usbekistan tätig. Während eines kurzen Besuchs im kirgisischen Osch sprach er mit der DAZ über seine Arbeit und seine Erfahrungen in Zentralasien.
/Bild: Abduraschid Jorajew. ‚Winfried Berndt unterwegs mit Deutschlernern in Osch.’/
Herr Berndt, wie sind Sie auf die Idee gekommen, in Zentralasien zu arbeiten?
An Zentralasien interessiert mich vor allem das bunte Mosaik von Völkern und Traditionen. Hier gibt es Einflüsse aus dem Osten und dem Westen. Für mich sind diese Traditionen interessant. Sie mit moderner interkultureller Begegnung zu verbinden ist wichtiger Teil meiner Arbeit. Ich versuche, diesen Kulturraum kennen zu lernen und Vergleiche anzustellen. Ich bemerke viele Parallelen, aber auch sehr interessante Unterschiede. Nicht viele Deutsche arbeiten in Zentralasien. Diese Region ist nicht sehr bekannt in Deutschland, aber dafür um so interessanter. Deutsche wählen, wenn sie ins Ausland gehen, zum Beispiel Kanada, Australien, Neuseeland und so weiter, mich aber hat der Osten eher gereizt. Seit meinem Abschluss habe ich mich in Richtung Osten orientiert. Und jetzt habe ich natürlich viele Bekannte und Freunde in Zentralasien. Auch in Deutschland stammt ein großer Teil meiner Freunde inzwischen aus Zentralasien: Meine ehemaligen Studenten und Kollegen, und irgendwann bildet sich ein Netzwerk.
Wo konkret waren Sie in Zentralasien tätig?
Von 1999 bis 2001 arbeitete ich in Russland, dann folgte ein kurzes Intermezzo in Deutschland. Daraufhin hab ich mich entschlossen, nach Zentralasien zu gehen, und zwar zunächst nach Tadschikistan, wo es mir sehr gut gefallen hat. Dort war ich für den DAAD als Leiter des Informationszentrums in Duschanbe tätig. Ich arbeitete mit Studierenden, Hochschullehrern und Wissenschaftlern und organisierte internationale Sommerschulen. Letzteres hat besonders viel Spaß gemacht. Dann war ich wieder zwei Jahre in Deutschland, bis es mich 2007 wieder nach Zentralasien gezogen hat. Diesmal bin ich in Usbekistan gelandet. Im Moment arbeite ich für die Zentralstelle für Auslandsschulwesen (ZfA) an einer Sprachdiplom-Schule in Margelan und einer weiteren Schule in Fergana. Ich mache Lehrerfortbildung an beiden Schulen und unterrichte einige Stunden an der Universität in Fergana.
Sind Sie zum ersten Mal hier in Osch?
In Osch war ich zum ersten Mal im August 2007. Ich unterrichtete in einem Hochschulsommerkurs für den DAAD. Hier lernte ich viele Kollegen, Kolleginnen, Studenten und Studentinnen kennen. Seitdem haben wir oft Kontakt und treffen uns regelmäßig. Ab und zu gebe ich auch Seminare am Lehrstuhl für Deutsch an der Oscher Universität zu interkulturellen Themen und Landeskunde deutschsprachiger Länder. Das macht mir viel Spaß, weil das Interesse in Osch an Deutsch sehr groß ist. Zweitens ist Osch – obwohl nicht groß – eine relativ internationale Stadt. Hier gibt es viele ausländische Studenten und einheimische, die schon im Ausland waren. Das spornt die jungen Leute hier an, Fremdsprachen zu lernen. Und drittens fasziniert mich die Umgebung: In Fergana gibt es keine Berge, um so mehr dafür in der Umgebung von Osch.
Wie sehen Sie die Chancen für junge Menschen in der Region?
In der zentralasiatischen Region, wie überall, ist Offenheit das Wichtigste. Um eine Chance in der globalisierten Welt zu haben, ist der Aufbau von Kontakten substanziell. Die Möglichkeiten dazu sind wesentlich besser als in der sowjetischen Zeit. Man kann mit den ausländischen Gaststudenten Kontakte knüpfen. Wichtig ist, dass jeder Student vielleicht ein Semester, vielleicht noch länger im Ausland verbringt. Dafür gibt es viele Programme. Es ist gar nicht so wichtig, in welches Land man geht, wichtig ist die Erfahrung. Das gilt für die Deutschen wie die Studenten hier. Im Moment ist ein solcher Weg in Zentralasien noch vergleichsweise schwierig, aber um so mehr bewundere ich Leute, die ihn gehen und ihre Kenntnisse mit denen teilen, die hier geblieben sind. Ohne diese Erfahrung hat man in der globalisierten Welt wenig Chancen. Eine wichtige Rolle spielen dabei Sprachen: 90 Prozent Erfolg beim Lernen hängen sicher von der Motivation ab, und für diese wiederum ist der Sprachkontakt entscheidend.
Das Interview führte Abduraschid Jorajew
16/01/09