Xanten ist ein vermeintlich unbedeutender kleiner Ort am linken Niederrhein. Der Archäologische Park Xanten (APX) ist ein touristischer Höhepunkt, doch auch die historische Innenstadt, an deren Rand die römisch-katholische Kirche St. Viktor liegt, lohnt einen Besuch.
Die heutige Pfarr- und ehemalige Stiftskirche St. Viktor wird wegen ihrer Größe und Bedeutung meist als Xantener Dom bezeichnet. 1937 verlieh Papst Pius XI. ihr den Titel einer Basilica minor; sie ist heute zudem Propsteikirche. Ihren Namen trägt sie nach dem Märtyrer Viktor von Xanten, einem Angehörigen der Thebäischen Legion, der im 4. Jahrhundert im Amphitheater von Vetera Castra, einem römischen Legionärslager unweit von Xanten, hingerichtet worden sein soll.
Zur Architektur und Baugeschichte sei auf die Sekundärliteratur verwiesen, etwa den Artikel in der Wikipedia („St. Viktor (Xanten)“). Noch interessanter ist aber die Innenausstattung der Kirche. Der Grundstein des heutigen Baus wurde 1263 durch Friedrich und Konrad von Hochstaden gelegt. Beim Betreten beeindruckt zunächst die schiere Größe der Hallenkirche mit in Reihen angeordneten Sitzbänken, die auf zwei Altäre ausgerichtet sind, die ihrerseits – ähnlich wie in St. Lambertus in Düsseldorf – wie eine Insel wirken, um die sich die Gemeinde gruppiert.
Im Chor entstand zwischen 1396 und 1400 ein Lettner, der den Hochaltar vom Gemeindealtar trennt. Er blieb nach der Säkularisation durch das Eingreifen Karl Friedrich Schinkels (1781–1841) erhalten. Der Lettner, eine steinerne oder hölzerne Schranke, trennte in Stifts- und Klosterkirchen den Raum des Klerus vom Bereich der Laien.
Über dem Chorgestühl hängen Brüsseler Spätrenaissanceteppiche aus dem frühen 16. Jahrhundert mit biblischen Szenen. Sie sind nicht all zu leicht zu entdecken – man muss schon wissen, dass es sie gibt.
Der Hochaltar birgt die Gebeine des heiligen Viktor in einem edelsteinbesetzten Schrein, einem der ältesten erhaltenen im Rheinland. Seit 1128 werden sie dort aufbewahrt. Das Altarretabel wurde 1529 beim Schreiner W. von Roermond und dem Maler Barthel Bruyn d. Ä. in Auftrag gegeben. Bruyns Gemälde von 1534 zählen zu den Hauptwerken der frühen Renaissance am Rhein; weitere seiner Arbeiten finden sich im gesamten Dom. Bis heute sind 24, meist hölzerne, Altäre erhalten, vor allem aus dem 15. Jahrhundert. Besonders hervorzuheben sind der Märtyreraltar (1525, Antwerpen), der Marienaltar (1536, Heinrich Douvermann, Dinslaken), der Martinusaltar (1477) und der Antoniusaltar (um 1500). Sie zeigen Szenen aus dem Leben Christi, Marias und verschiedener Heiliger. Weitere Altäre, etwa der Helena- und der Matthiasaltar, stammen aus der Barockzeit.
Das Kirchengebäude ist auch außerhalb von Gottesdiensten geöffnet. Xanten gilt – wie Kevelaer – als Wallfahrtsort am linken Niederrhein, auch wenn heute kaum noch Wallfahrten stattfinden.
Und dennoch ist St. Viktor kein Ort, an dem man allzu lang verweilen möchte. Die Hallenkirche wirkt groß, dunkel und kühl; es fehlte über die Jahrhunderte hinweg eine kuratorisch gestaltende Hand, die die Kunstwerke wie in einer Galerie ansprechend präsentiert. So bleibt die Wirkung dieser Schätze trotz ihrer historischen Bedeutung ein wenig unpersönlich.


























