Die Fahrt mit einer deutschen Straßenbahn ist auch in Almaty möglich! Schon seit fast zehn Jahren sind die ausrangierten Waggons aus Deutschland in der Stadt. Im Jahre 1998 hatte die Leitung des Straßenbahndepots die ersten gekauft. Auf einigen von ihnen kann man immer noch die Spuren der Bundesrepublik finden.

„Die Straßenbahn ist das ökologisch sauberste, öffentliche Verkehrsmittel. Aber trotzdem ist es nicht so populär in Almaty. Das will ich ändern“, sagt Abdibek Muchamedschanow. Auf den Schultern des Chefs des Almatyer Straßenbahndepots lastet die Pflicht, den Straßenbahnverkehr zu organisieren und zu kontrollieren. Doch heute ist das einfacher als noch vor einigen Jahren: Die Stadtverwaltung achtet mehr auf die Probleme des öffentlichen Nahverkehrs und den Umweltschutz in der Millionenmetropole.

„15 Jahre alte Straßenbahnen – fast wie neu“

Noch 1998 gab es in Almaty 200 Straßenbahnen. Mit dem Zerfall der Sowjetunion und der Krise in den 1990er Jahre brach die Versorgung mit Ersatzteilen aus Russland zusammen, die Zahl der Waggons verringerte sich. Die Lösung des Problems hat die Almatyer Depotleitung in Deutschland gefunden. Die Straßenbahnunternehmen im wiedervereinigten Deutschland begannen, ihre alten osteuropäischen Straßenbahnen zu verkaufen und neue zu erwerben.

Die ersten 50 tschechischen Wagen hat man in Berlin für Almaty beschafft. „Das war für uns keine Frage, dass die Straßenbahnen in Deutschland gekauft werden. Die Hauptrolle spielte, dass bei den Deutschen immer alles in Ordnung und ganz perfekt ist“, sagt Abdibek Machamedschanow, der Depotleiter der Almatyer Straßenbahn. „Die Wagen, die wir gekauft haben, sind in Deutschland schon seit 15 Jahren genutzt worden, aber trotzdem waren sie fast wie neu.”

Die ersten guten Erfahrungen mit Waggons aus Deutschland und gute Kontakte zu den deutschen Kollegen führten dazu, dass 2003 noch zwölf Straßenbahnen aus Deutschland nach Kasachstan gebracht worden sind, diesmal aus Schwerin. Im Jahr 2006 kamen weitere zehn Waggons aus Dresden hinzu. Die meisten von ihnen wurden neu lackiert. „Trotzdem erkennt man die Dresdner Waggons noch auf Almatys Straßen. Sie haben deutsche Werbung und die Farbe der Türen ist oft immer noch gelb“, erzählt der Straßenbahndepotchef.

„Umweltfreundlich, komfortabel und gut gepflegt“

Manche der Wagen, die in Dresden gekauft wurden, haben sogar immer noch das Dresdner Stadtwappen an der Front. Doch nun hat der Almatyer Bürgermeister angeordnet, dass alle Straßenbahnen in Almaty weiss-grün werden müssen. Momentan arbeitet das Depot daran.

„Im Jahre 2011, wenn in Almaty die Olympischen Winterspiele Asiens stattfinden, soll die Stadt ganz durch unser ökologisch sauberes Verkehrsmittel bedient werden“, hofft Muchamedschanow. Deswegen wird im Moment das Almatyer Straßenbahnnetz von 63 auf 100 Kilometer erweitert und die Zahl der Wagen steigt weiter an. „Wir orientieren uns an europäischen Standards“, erzählt der Depotchef. „Wenn man auch bei uns in einer Straßenbahn schlafen kann, dann haben wir unser Ziel erreicht”, scherzt er.

An seine Reisen nach Deutschland erinnert sich Muchamedschanow mit einem Lächeln. „Ich konnte nur drei Worte Deutsch: „Fräulein“, „alles“ und „Schnaps“. Aber auch mit so einem geringen Wortschatz habe ich unseren deutschen Freunden gezeigt, was echte Gastfreundschaft bedeutet”, lacht er.Der Chef des Almatyer Depots hat einen Traum: „Ich wünsche mir, dass die Straßenbahnen in Almaty genau so wie in Deutschland sind. Umweltfreundlich, komfortabel und gut gepflegt“, erzählt er und berichtet, wie überrascht er vom guten Zustand der deutschen Trams war. Die Deutschen hätten ihm das ganz plausibel erklärt: Davon, wie ein Mensch morgens zur Arbeit und abends nach Hause käme, hänge seine Laune ab. Zufriedene Menschen würden nie an einem Streik teilnehmen. „Und überhaupt bin ich in Deutschland verliebt“, sagt Muchamedschanow. Er hofft, dass sich sein Traum vom umweltfreundlichen Nahverkehr in Almaty möglichst bald erfüllt, „damit unsere Kinder gesund bleiben, und nicht Lungen wie Grubenarbeiter bekommen.”

Von Katharina Bolgert

23/11/07

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