Der Erfolg der rechtsextremen NPD sorgt anlässlich des Politischen Aschermittwochs für einen Schlagabtausch zwischen den Parteien. Während Regierung und Opposition sich gegenseitig beschuldigen, neuen Nährboden für den Rechtsextremismus zu schaffen, wird ein Verbot der NPD immer unwahrscheinlicher

Der Streit über das Erstarken der rechtsextremen NPD ist einen Tag vor dem Politischen Aschermittwoch eskaliert. Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) warf CSU-Chef Edmund Stoiber Realitätsverlust vor, weil dieser die Politik der Bundesregierung als Nährboden für Neonazis bezeichnet hatte. Die Union hielt der SPD Scheinheiligkeit vor, da Schröder und der heutige Parteichef Franz Müntefering die hohe Arbeitslosigkeit früher selbst als Grund für das Erstarken der Extremisten genannt hätten.

Ein neues NPD-Verbotsverfahren wird immer unwahrscheinlicher. Auch Bundestagspräsident Wolfgang Thierse (SPD) äußerte sich skeptisch. Dafür will die SPD über den Bundesrat das Versammlungsrecht verschärfen. Dadurch sollen Demonstrationen von Rechtsextremen an politisch sensiblen Orten verboten werden können. Die NPD kann wegen ihrer Wahlerfolge bei Europa- und Sachsen-Wahl mit einer Verdopplung ihrer Staatszuschüsse rechnen.

Schröder hielt dem bayerischen Ministerpräsidenten vor, er sei nicht ganz damit fertig geworden, „dass er die Bedeutung, die er sich für sich selber auf internationaler und nationaler Ebene vorstellt, wohl nicht mehr erhalten wird“. Der Kanzler meinte, die Solidarität der Demokraten müsse frei gehalten werden von kleinlichen parteitaktischen Erwägungen. Stoiber blieb ungeachtet der Vorbehalte in Teilen der CDU und der Kritik von Rot-Grün bei seinen Vorwürfen.

Eine Mahnung von Bundespräsident Horst Köhler, der nach einem Bericht der „Passauer Neuen Presse“ bei einem Essen mit Bundestagsabgeordneten auf seiner kürzlichen Israel-Reise vor einem Parteienstreit ausdrücklich gewarnt hatte, blieb damit insgesamt ungehört.

Der Streit dürfte auch auf den verschiedenen Aschermittwochs-Veranstaltungen eine zentrale Rolle spielen. Stoiber tritt am Vormittag in der Passauer Dreiländerhalle vor rund 8.000 Zuhörern auf. Die SPD bietet wenig später in Nordrhein-Westfalen Paroli, wo in drei Monaten der neue Landtag gewählt wird. Schröder wird vor rund 1.100 Zuhörern in Köln sprechen. Am Nachmittag will auch CDU-Chefin Angela Merkel im schleswig-holsteinischen Neumünster reden. Im Norden wird in knapp zwei Wochen gewählt. Grüne und FDP halten ihre Hauptveranstaltungen wie gewohnt in Passau ab.

Ein CSU-Pressesprecher und CDU-Generalsekretär Volker Kauder zitierten frühere SPD-Mitteilungen, in denen Müntefering und Schröder eine ähnliche Argumentation wie Stoiber vertreten hätten. Müntefering habe im Jahr 2000 als Generalsekretär in einem Brief an die SPD-Basis geschrieben: „Arbeitslosigkeit, fehlende Perspektiven, … treiben der extremen Rechten Proteststimmen zu.“ Schröder äußerte sich 1998 ähnlich, damals noch als niedersächsischer Ministerpräsident.

Thierse sagte der „Welt“, eine zweite Ablehnung eines NPD-Verbots durch das Verfassungsgericht würde noch verheerender als die erste 2003. Auch Alt-Kanzler Helmut Kohl lehnte ein Verbot ab. Die Neonazis seien leicht zu entlarven, weil sie intellektuell nichts zu bieten hätten.

Schröder befürwortete in der „Jüdischen Allgemeinen“ eine Verschärfung des Versammlungsrechts. Müntefering verlangte in den „Stuttgarter Nachrichten“ und der „Kölnischen Rundschau“, dass die Regelung schon gelten müsse, wenn am 10. Mai das Holocaust- Denkmal in Berlin übergeben wird. Das SPD-regierte Rheinland-Pfalz will nach einem Bericht der „Sächsischen Zeitung“ dazu eine Bundesratsinitiative starten.

Der Chef des gewerkschaftsnahen Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung in der Hans-Böckler-Stiftung, Gustav Adolf Horn, warf Teilen der deutschen Wirtschaft in der „Berliner Zeitung“ vor, durch ständige Rufe nach immer neuen Sozialreformen rechtsradikalen Parteien Auftrieb zu verschaffen. Dagegen vertrat der Berliner Demoskop Richard Hilmer im „Tagesspiegel“ die Meinung, die Arbeitslosigkeit spiele zwar auch eine Rolle, aber zentral sei die Schwäche der Opposition.

Die rechtsextreme NPD kann nach Informationen der „Financial Times Deutschland“ mit rund 700.000 Euro an Staatszuschüssen rechnen. Thierse will die Zuschüsse an alle in deutschen Parlamenten vertretenen Parteien Mitte Februar verkünden. (dpa)

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