Präsident Tokajew drängt auf schnellere Privatisierungen von Assets des Staatsfonds Samruk-Kazyna. Derweil gibt es erste Einzahlungen in den neu geschaffenen „Volksfonds“, über den wohlhabende Bürger und Großunternehmen ärmere Bevölkerungsschichten unterstützen sollen.

Nach den Januar-Unruhen in Kasachstan sind die Trümmer und Scherben der zerstörten Geschäfte und Verwaltungsgebäude inzwischen beseitigt. Die politische Aufarbeitung aber ist weiter in vollem Gange. Im Fokus steht noch immer die Rede von Präsident Tokajew im Unterhaus des Parlaments vergangene Woche. Darin hatte das Staatsoberhaupt ungewöhnlich scharfe Kritik an den bestehenden Institutionen im Land geübt – etwa dem Staatsfonds Samruk-Kazyna, dem große Teile der kasachischen Wirtschaft gehören. Wenn der Fonds sich nicht reformieren lasse, so Tokajew, dann sei für ihn kein Platz in der kasachischen Wirtschaft.

Anfang dieser Woche konkretisierte Tokajew seine Forderungen an die neue Regierung im Zusammenhang mit dem Staatsfonds und ließ diese über seinen Pressesprecher Berik Uali mitteilen. So sollen nach Tokajews Willen die Führungsstrukturen verschlankt und damit vereinfacht werden. Zudem mahnte er mehr Konkurrenzfähigkeit von Schlüsselsektoren der kasachischen Wirtschaft sowie Transparenz bei Akquisitionen durch den Fonds und seine Staatsunternehmen an.

Stockende Privatisierung wegen Corona

Vor allem aber solle die Privatisierung von Assets des Fonds intensiviert werden, um „die übermäßige Staatspräsenz in der Wirtschaft zu reduzieren“.  Hintergrund: Die Anteile, die Samruk-Kazyna an kasachischen Staatsunternehmen hält, betragen etwa 60 Prozent des BIPs des Landes. Dazu gehören große Anteile an systemrelevanten Großunternehmen wie der nationalen Fluglinie Air Astana oder dem größten Telekomanbieter Kazakhtelekom.

Bereits bei seinem Berlin-Besuch 2019 thematisierte Tokajew die geplante Privatisierung von 700 kasachischen Staatsbetrieben und die damit einhergehenden Chancen für Investoren aus Deutschland. Unter dem Eindruck der Corona-Pandemie, die 2020 für extreme Volatilität an den Finanzmärkten sorgte, wurde eine Reihe von Börsengängen auf den Zeitraum zwischen 2021 und 2025 verschoben. Der letzte Börsengang eines Unternehmens in Staatsbesitz war der von Kazatomprom, dem weltweit größten Uranproduzenten, im Jahr 2018.

Inzwischen spiegelt sich auch der Regierungsumbau, der als Reaktion auf die Proteste erfolgte, an der Spitze des Staatsfonds wider. So teilte Samruk-Kazyna mit, dass der neue Wirtschaftsminister Alibek Kuantyrow anstelle von Aset Irgaliew in den Aufsichtsrat einzieht. Irgaliew war seit Januar 2021 Wirtschaftsminister, übernahm dann aber infolge des Regierungsrücktritts am 6. Januar den Posten als Chef der Agentur für strategische Planung und Reformen. Eine bedeutende Personalie gab es zu Wochenbeginn auch bei der Unternehmerkammer Atameken, wo der langjährige Präsidiumsvorsitzende Timur Kulibajew von seinem Posten zurücktrat.

Ein Volksfonds für Bedürftige

Präsident Tokajew treibt derweil sein Projekt eines „Volksfonds“ voran, das er ebenfalls in seiner Ansprache vor der Maschilis ankündigte. Er versprach dort, dass der Fonds für die Bildung und Gesundheitsfürsorge ärmerer Bevölkerungsschichten zur Verfügung stehen solle, und nahm in diesem Zusammenhang die besonders wohlhabenden Bürger und Unternehmen des Landes in die Pflicht. Für sie sei „die Zeit gekommen, seinen Teil gegenüber dem Volk Kasachstans zu leisten“.

Finanziert werden soll der Fonds unter anderem durch eine obligatorische Abgabe seitens Lotterie- und Glücksspielunternehmen, aber auch aus privaten Quellen. Laut Medienberichten haben bislang 6.500 Menschen in Kasachstan etwa 10 Millionen Tenge in den Fonds eingezahlt. Unternehmen hätten demnach sogar über 12 Milliarden Tenge eingezahlt. Darunter seien allein 10 Milliarden von Kasachstans Vorzeige-Tech-Unternehmen Kaspi Bank und dessen Gründern geflossen.

Finanzmärkte mitgenommen von Unruhen

Die Finanzmärkte des Landes haben sich von den Januar-Ereignissen unterdessen noch nicht erholt. Im Zuge der Unruhen hatte der Leitindex KASE kräftig nachgegeben. Besonders hart hatte es die auch in London gelisteten Aktien von Kaspi getroffen, die in der Spitze rund 40 Prozent an Wert verloren. Mit seiner App für bargeldloses Bezahlen, die sich im ganzen Land großer Beliebtheit erfreut, litt das Unternehmen unter der tagelangen Abschaltung des Internets. Hart erwischt hat es auch die Halyk Bank, die seit Beginn der Unruhen mehr als 20 Prozent eingebüßt haben.

Zu den Schäden, die die kasachische Wirtschaft durch die Unruhen erlitten hat, gibt es inzwischen ebenfalls Zahlen. So wurden laut Atameken 1.823 Businessobjekte in Kasachstan bei den Auseinandersetzungen beschädigt, davon 1.573 in Almaty. Bei den meisten von ihnen handelte es sich demnach um kleinste bis kleine Unternehmen des Einzelhandels. Bereits vor einer Woche hatte Präsident Tokajew den gesamtwirtschaftlichen Schaden auf 2 bis 3 Milliarden US-Dollar geschätzt.

cstr.

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