Die Tourismusbranche in unserem Land ist bis jetzt sehr wenig entwickelt. Während der Sowjet- und später der Perestroika-Zeit hat man dem Sektor nicht so viel Wert beigemessen und deshalb auch nicht genug für dessen Entwicklung getan. Und das, obwohl Kasachstan sehr attraktiv für Reisende aus dem Ausland sein könnte.

Die Republik Kasachstan ist eng mit der zentralasiatischen Kultur und Lebensweise verbunden und blickt auf eine reiche Geschichte zurück: Angehörige verschiedener Völker lebten und leben hier, Herrscher aus unterschiedlichen Geschlechtern regierten die Gebiete, über die sich das Land heute erstreckt. Die alten Handelswege Zentralasiens, wie die Seidenstraße, verliefen auch durch Kasachstan. Kaufleute mit unbekannten Waren aus Europa, Asien und dem Nahen Osten kamen hierher. An der Grenze zweier Zivilisationen – der asiatischen und europäischen – entstanden viele Städte, die die Architektur und Kultur unseres Landes prägten.

Expo und Universiade brachten den Erfolg

Ist der Tourismus trotzdem nach wie vor nur ein „Stiefkind Kasachstans?“ Die Frage treibt seit einiger Zeit nicht nur unsere Staatsführung um, sondern auch die ausländischen Partner in der Tourismusbranche aus vielen Ländern. Der ehemalige Präsident Nursultan Nasarbajew erließ 2012 Strategien zur Entwicklung des Tourismusbereichs. Allerdings erhielt das Programm erst 2017 einen wirklichen Realisierungsschub, fanden doch im Winter jenen Jahres die Universiade und im Sommer die weltberühmte Expo-Ausstellung bei uns statt. Beide wurden mit großem Erfolg durchgeführt.

Statistiken zu den Entwicklungsperspektiven zeigen, in welche Richtung die Reise geht. So erhöhte sich nach dem Erlass des Präsidenten zunächst die Zahl der Kasachstan-Touristen, um wenig später wieder zu sinken und für drei Jahre zu stagnieren. 2017, als die Verwirklichung des Entwicklungsprogramms auf eine neue Stufe gehoben wurde, schlug sich dies wiederum in höheren Zahlen nieder: Kamen 2014 nur etwas mehr als
6 Millionen Touristen nach Kasachstan, waren es 2017 schon über 7,5 Millionen. Für 2018 berichtete der Chef der nationalen Tourismusfirma „Kazakh Tourism“ im vergangenen Jahr gar von 8,5 Millionen, was einem Anstieg von knapp zehn Prozent im Vergleich zum Vorjahr entsprach.

Deutschland als Vorbild

Die wichtigste Frage ist nun: Wird sich der Tourismus in Kasachstan zu einer Industrie entwickeln oder zu einer Oase der Gastfreundschaft? Wird bei den handelnden Akteuren ein Umdenken in der Frage stattfinden, ob Tourismus rein wirtschaftlich sein soll oder auch der „sanfte Tourismus“ gefördert werden kann, bei dem die besuchten Naturgebiete so wenig wie möglich beeinträchtigt werden? Kasachstan steht jedenfalls noch am Anfang seiner Entwicklung hin zu mehr Nachhaltigkeit.

Deutschland dagegen beschäftigt sich damit schon seit vielen Jahren und berücksichtigt dabei das Interesse aller Beteiligten. Das zeigte bereits 2015 eine Online-Umfrage, die das auf nachhaltigen Tourismus spezialisierte Beratungsunternehmen „mascontour“ zusammen mit der ITB Berlin durchgeführt hatte. Von 134 Tourismus-destinationen, die an der Umfrage teilgenommen hatten, waren 86 Prozent überzeugt, dass Nachhaltigkeit künftig eine größere Rolle spielen werde. Auch die Bundesregierung ist in dem Bereich engagiert. So fördert das Umweltministerium etwa das Projekt „Voluntourismus für biologische Vielfalt in den Nationalen Naturlandschaften“, das auf einer Partnerschaft zwischen Schutzgebietsträgern und touristischen Anbietern basiert. Im Rahmen des Projekts werden Angebote entwickelt, bei denen umweltbewusste Urlauber während ihres Aufenthalts einen freiwilligen Beitrag zum Umweltschutz leisten.

Auch Kasachstan erlebt momentan einen Wandel. Der neue Präsident Qassym-Zhomart Tokajev und die Regierung räumen den Themen Umwelt und Nachhaltigkeit eine große Bedeutung ein. Bei der Förderung von erneuerbaren Energien arbeitet Kasachstan dabei eng mit Deutschland zusammen. Das lässt hoffen, dass sich auch mit Blick auf den Tourismus umweltschonende Positionen stärker durchsetzen. Nachhaltiger Tourismus ist wichtig, damit auch unsere Nachkommen die vielen unberührten und einzigartigen Orte, die es hier noch gibt, mit dem gleichen Gefühl der Freude bewundern können wie wir. Der Tourismus könnte so gleichzeitig zu einem geliebten Kind werden, statt ein Stiefkind zu bleiben.

Slata Kononenko, Absolventin des 18. Gymnasiums in Almaty

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