Ein Bücherflohmarkt in Kasachstan? Diese Marketingidee aus Deutschland erntet viel Zustimmung auf der Konferenz „Zusammenarbeit Verlag und Buchmarkt“, die im Rahmen der Verlegerfortbildung 2009-2011 des Goethe-Instituts Ende August in Almaty stattfand. Ziel der Konferenz war es, einen Austausch zwischen zentralasiatischen und deutschen Verlegern herzustellen und die Themen „Pressearbeit und Kommunikation“, „Rechte und Lizenzen“, „Sponsoring, Partnerschaft und Kooperation“ und „Buchgestaltung und Design“ genauer zu diskutieren.

/Bild: Kathrin Justen . ‚Die Konferenzteilnehmer lauschen den Vorträgen.’/

Die Aufgabe lautet wie folgt: Ein VIP möchte eine Biographie in Ihrem Verlag veröffentlichen. Wie sieht Ihre Vermarktungsstrategie aus? Und schon steckt die fünfköpfige Arbeitsgruppe der Konferenz „Zusammenarbeit Verlag und Buchmarkt“ ihre Köpfe zusammen und diskutiert und überlegt, was man als Verlag alles tun kann, um das Sachbuch an den Mann zu bringen. Aber nicht alle Ideen und Aufgabenstellungen der Seminarleiter aus Deutschland kommen auf Anhieb so gut an.

Manche der in Deutschland praktizierten Marketingstrategien, die die Dozentin des mediacampus Frankfurt, Michaela von Koenigsmarck, präsentiert, lösen bei den Teilnehmern der Konferenz zunächst eher Verwirrung denn Begeisterung aus. Wie zum Beispiel das erfolgreich realisierte Konzept mancher Buchhandlungen, ausgewählte Kunden eine Nacht in der Buchhandlung übernachten zu lassen, so dass diese stundenlang schmökern und sich in aller Ruhe das gesamte Sortiment vom Thriller bis zum Backbuch anschauen können. Da müsse man doch den Kunden ein hohes Maß an Vertrauen entgegenbringen, meint ein Seminarteilnehmer erstaunt, und einige andere stimmen ihm zu.

Pressearbeit in Deutschland

Die Arbeitsatmosphäre im Astra-Hotel in Almaty ist von Konzentration und Interesse geprägt. Die Gruppe aus ungefähr 25 Verlegern und Buchhändlern aus Zentralasien, die sich zu der Konferenz im Rahmen der Verlegerfortbildung 2009-2011 zusammengefunden hat, lauscht den Worten von Michaela von Koenigsmarck. Diese ist beim mediacampus Dozentin im Bereich Sortiments- und Verlagskunde und hat lange als Pressesprecherin im Verlagswesen gearbeitet.

Gerade erzählt sie den Konferenzteilnehmern, wie Pressearbeit in Deutschland gemacht wird und erklärt, wie vielseitig diese sein kann. Unter anderem geht sie auf die klassischen PR-Instrumente wie die Pressemitteilung ein, redet aber auch über Ideen wie Broschüren, Interviews und über die Chancen im Web 2.0.

Weblogs als eine Art Forum bieten hier beispielsweise die Möglichkeit, mit den Kunden direkt in Kontakt zu treten. Und auch die Kunden können sich auf solch einer interaktiven Plattform bequem untereinander austauschen. Von Koenigsmarck betont in dem Zusammenhang auch die Bedeutung von persönlichen Kontakten, die man nicht unterschätzen sollte, will man sein Produkt erfolgreich vermarkten.

Begeisterung für Gruppenarbeit

Doch es wird hier nicht nur um deutsche Sicht- und Arbeitsweisen gehen, sondern es kommen auch Kollegen aus Zentralasien zu Wort und berichten von ihrer Arbeit. Allein daran sieht man schon, dass der Austausch zwischen den Ländern Zentralasiens und Deutschland einer der wichtigsten Aspekte der Konferenz in Almaty ist.

diesem Grund wird auch in den immer wieder stattfindenden praktischen Übungen viel Wert auf Gruppenarbeit gelegt, bei der die Teilnehmer mit Leuten unterschiedlichen Alters und unterschiedlicher Nationalität zusammenarbeiten. Dabei ist von Scheu keine Spur. Kaum sind die Gruppen eingeteilt und die Aufgaben verteilt, wird auch schon losgelegt. Jede Gruppe sucht mit Feuereifer nach Ideen und Umsetzungsmöglichkeiten für die Aufgaben. Sind sich die Gruppenmitglieder dann sicher, die Aufgabe zufriedenstellend gelöst zu haben, wird alles auf den Seiten eines Flipcharts aufgeschrieben und den anderen präsentiert.

Gerade die Arbeit in den Kleingruppen ist ein Aspekt, den die zweite Dozentin des mediacampus Frankfurt, Monika Kolb-Klausch, schätzt. „Es ist schön, mit den Leuten hier zusammenarbeiten zu können, die alle mit sehr viel Eifer dabei sind und schon gestern während des einführenden Workshops viele kreative und konkrete Konzepte und Ideen für ihre Arbeit vorgestellt haben“, erzählt die Geschäftsführerin des mediacampus in Frankfurt und Bildungsdirektorin des Börsenvereins.

Unterschiede und Ähnlichkeiten

Während der Kaffeepause der Konferenz erzählt Frau Kolb-Klausch dann noch ein bisschen von ihren vielfältigen Erfahrungen, die sie aufgrund des Programms machen konnte. So bereiste sie schon viele der Länder, mit denen das Goethe-Institut während der Verlegerfortbildung zusammenarbeitet, und stellte dabei neben vielen Ähnlichkeiten in der Arbeit im deutschen und im zentralasiatischen Verlagswesen auch große Unterschiede fest, die sie vor allem im Bereich der Markt- und Kundenorientierung sieht.

„Da sind wir in Deutschland sicher viel weiter, gerade was das Bewusstsein von Kunden- und Marktorientierung, aber auch die Themen Logistik, Marketing und Vertrieb angeht“, so Monika Kolb-Klausch. Außerdem sei das berufliche Niveau in den Ländern, in denen die Fortbildung stattfindet, sehr unterschiedlich. Die Geschäftsführerin des mediacampus betont in dem Zusammenhang aber auch die vielen Unterschiede im politischen und wirtschaftlichen Gefüge Deutschlands und in den Ländern Osteuropas, Zentralasiens und im Südkaukasus, die es schwierig machten, manche Strategien eins zu eins zu übernehmen.

Aber gerade dafür ist die Konferenz schließlich da: Um Ideen zu finden, Anregungen zu bekommen, sich auszutauschen und Kontakte zu knüpfen. Den Eindruck, dass dies gelungen zu sein scheint, bekommt man vor allem dann, wenn man den angeregten Gesprächen der Teilnehmer eine Weile zuhört. Und wer weiß, vielleicht kann man schon bald in Almaty, Bischkek oder Taschkent auch eine Nacht in einer Buchhandlung verbringen.

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Die Verlegerfortbildung 2009-2011
„Wir möchten mit dem Programm erreichen, dass sich das Buch- und Verlagswesen in den teilnehmenden Ländern etwas weiterentwickelt, wir bringen sozusagen ein wenig Input aus Europa und schauen dann, was hier in welcher Form umsetzbar ist“. So erklärt Andre Augustin vom Goethe-Institut Kasachstan die Idee der Verlegerfortbildung. Im Rahmen dieser Fortbildung, die vom Goethe-Institut gefördert und vom mediacampus Frankfurt unterstützt wird, finden seit ihrem Start auf der Frankfurter Buchmesse im Herbst 2009 zahlreiche Seminare, Workshops und Konferenzen in verschiedenen Ländern statt. Es sind Länder in Zentralasien, Osteuropa und im Südkaukasus, aus denen Mitarbeiter aus dem Verlagswesen zu den Konferenzen fahren, die speziell auf ihre Bedürfnisse zugeschnitten sind. Zu der Konzeption der Fortbildung erklärt Andre Augustin: „Wir haben uns letztes Jahr mit dem deutschen Projektpartner und mit Verlegern aus der Region getroffen, um im Vorfeld der Veranstaltungen zu sehen, welche Themen interessant für die Verleger sind und in welchen Bereichen der Bedarf einer speziellen Fortbildung besteht.“ So entstand ein individuelles Programm, das den Teilnehmern größtmöglichen Nutzen bringen soll. Nächste Station der Verlegerfortbildung ist Ende September Taschkent, bevor es Anfang Oktober wieder zur Buchmesse nach Frankfurt geht.

Die Initiative „Kultur und Entwicklung“
Eine Modenschau in Äthiopien, ein Wissensmagazin für Kinder in Südostasien oder eben die vorgestellte Verlegerfortbildung in Zentralasien und Osteuropa – die Liste der Aktivitäten, die im Rahmen des Programms „Kultur und Entwicklung“ des Goethe-Instituts durchgeführt werden, ist lang. Insgesamt besteht das Programm aus vier Feldern, in denen weltweit Projekte stattfinden. Diese Felder sind die berufliche Qualifizierung, Bildungsberatung und Bildungskooperation, die Gestaltung kultureller Räume und die Zusammenarbeit mit der Zivilgesellschaft. Mit dieser Initiative sollen die in der Kultur- und Medienwelt Tätigen vor Ort Unterstützung bekommen und mit Gleichgesinnten aus verschiedenen Ländern in einen Dialog treten. Hierbei wird das Goethe-Institut von verschiedenen Partnerorganisationen aus Deutschland unterstützt, im Rahmen der Verlegerfortbildung ist dies der Börsenverein des deutschen Buchhandels bzw. der mediacampus Frankfurt.

Von Kathrin Justen 

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