Die Finanzlage des kasachischen Bankensektors ist nicht rosig. Fast keine kasachische Geschäftsbank erwirtschaftet in letzter Zeit Gewinne, die Eigenkapitalquote ist negativ. Gewinn ist zwar nicht alles, aber auf Dauer ist er aus gesamtgesellschaftlicher Sicht unverzichtbar. An ihm hängen die finanzielle Stabilität der Bank, die Interessen der Eigentümer, Investitionen, Steuereinnahmen des Staates, Arbeitsplätze und eine ganze Menge mehr. Eine negative Kapitalquote ist eine kleine Katastrophe, sie bedeutet, dass die Bank selbst sich nicht mehr aus eigener Kraft finanzieren kann und sehr leicht zum Bankrottkandidaten werden kann oder es schon ist.

Die Ursachen für diesen Zustand liegen immer noch in den Sünden der jüngeren Vergangenheit, im ungehemmten Kreditboom der fünf oder sechs Jahre vor dem Beginn der jüngsten Finanzkrise. Nach wie vor ist das Kreditportfolio der Geschäftsbanken in einem katastrophalen Zustand. Der Anteil der zweifelhaften Kredite, also derjenigen, von denen man nicht weiß, ob sie je zurückgezahlt werden, ist mit 44 Prozent mehr als nur hoch. Hinzu kommen die so genannten verlorenen Kredite, also diejenigen, die aktuell schon nicht mehr bedient werden und als Verlust abgeschrieben werden müssen. Das sind 30 Prozent der gesamten ausgegebenen Kreditsumme. Von diesen beiden Kreditgruppen, also etwa drei Viertel aller ausgegeben Kredite, fließt de facto kein Geld mehr an die Banken zurück. Hinzu kommt noch die Notwendigkeit einer gesteigerten Risikovorsorge, was heißt, dass Geld für den zu erwartenden hohen Ausfall von Krediten zurückgelegt werden muss. Diese Mittel stehen für Geschäfte folglich nicht mehr zur Verfügung.

Eine wichtige Neuigkeit aus dem Bankensektor ist zweifelsohne die Nachricht, das die BTA-Bank vor dem Abschluss der Restrukturierung ihrer Schulden steht oder stehen soll. Zur Erinnerung: die größte Geschäftsbank Kasachstans musste vor zwei Jahren sehr kurzfristig und mit viel Geld vom Staat vor dem Zusammenbruch gerettet werden. Die vielen in- und vor allem ausländischen Kreditgeber bangen seither um ihr Geld, das sie der BTA-Bank geliehen haben.

Der Prozess der Restrukturierung dieser Schulden, also der Neuordnung der Schulden durch Verzicht durch die Gläubiger, Verlängerung der Kreditdauer oder andere geeignete Maßnahmen, hat sich hingezogen und war lange Zeit durch die unzureichende Einsicht und Kompromissbereitschaft des Eigentümers der Bank – des kasachischen Staates – gekennzeichnet. Diese ungelöste Situation hat nicht nur den Bankensektor belastet, sondern generell das Investitions- und Geschäftsklima in Kasachstan erschwert.

Die Lösung für die BTA sieht nun so aus, dass ihre Schulden durch Forderungsverzicht und anderes mehr von 12,2 auf 4,4 Milliarden Dollar reduziert werden sollen. Die Tilgungsfrist der verbliebenen Schulden wird dabei von acht auf 20 Jahre gestreckt. Damit sollte die Bank doch die Chance haben, zu überleben und wieder wirtschaftlich zu werden. Auch die Eigentümerstruktur hat sich gewandelt. Nachdem die BTA vor zwei Jahren aus kasachischen Privathänden fast komplett in staatliches Eigentum übergegangen war, halten nach der Umstrukturierung die Gläubiger, die ihr Geld über den normalen Weg der Kredittilgung nicht zurückbekommen konnten, 18,5 Prozent der Aktien. Der Rest verbleibt allerdings noch beim kasachischen Staat, sicher so lange, wie die Bank auch mit Hilfe der neuen Eigentümer wieder gesundet ist.

Möglicherweise reicht aber der Schritt schon aus, um einen Käufer für die leicht wiederbelebte BTA zu finden und vom Staat die schwere Last eines unkalkulierbaren finanziellen Risikos zu nehmen. Gesund sind damit die BTA und der Bankensektor noch nicht, ein erster Schritt dahin könnte das Ganze aber gewesen sein. Die negativen Erfahrungen der heimischen Bankenwelt sollten nach Besserung der Lage aber nicht aus dem Gedächtnis verschwinden. Eine davon heißt: Hochmut und Selbstüberschätzung kommen vor dem Fall.

Bodo Lochmann

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