Schlägt man gegenwärtig in Deutschland und anderen europäischen Staaten eine Zeitung oder Zeitschrift auf oder schaut Fernsehen, gibt es überall ein zentrales, beherrschendes Thema: den Klimawandel. Die Massenmedien sind voll mit Informationen über die Ursachen und die absehbaren Folgen.

Zweifelsfrei ist mittlerweile erwiesen, dass der Klimawandel voranschreitet und das sogar schneller als bisher angenommen. Zweifelsfrei ist auch erwiesen, dass wir Menschen mit unserem gewaltigen, meist nicht sehr rationellem Ressourcen-, insbesondere Energieverbrauch hauptschuldig an den Veränderungen sind. Die deutschen Politiker, allen voran die Bundeskanzlerin Merkel haben sich den Kampf gegen den Klimawandel zur zentralen politischen Aufgabe gemacht. Kaum ein anderer von den hohen Staatschefs geht die unangenehmen, aber notwendigen Diskussionen dazu so direkt und schonungslos, zugleich aber auch diplomatisch an wie sie. Das nötigt durchaus Hochachtung ab, ist ihre Partei doch bisher durchaus nicht als Umweltschutzpartei in der deutschen Politiklandschaft aufgefallen.

Die Zeitungen und andere Massenmedien überschlagen sich nun förmlich mit Tipps und Hinweisen, was der Einzelne tun kann, um vor allem den Energieverbrauch zu senken, der ja der Hauptverursacher für das drastische Ansteigen der Konzentration von Treibhausgasen in der Atmosphäre ist. Die Tipps erfassen relativ einfache Dinge, wie benzinsparendes Autofahren und Vermeiden von Stand-by-Verbräuchen eigentlich ausgeschalteter elektrischer Geräte, aber auch schwergewichtigere Dinge, wie die Wärmedämmung von Häusern und den Einsatz moderner Heiztechnik, darunter von Sonnenkollektoren. Nach letzteren übrigens stehen die Käufer Schlange ebenso wie nach anderen Geräten zur Nutzung neuartiger regenerativer Energiequellen (Sonne, Wind, Erdwärme). Die meisten Produzenten dieser Technik befinden sich in der beneidenswerten Lage, mit ihrer Produktion nicht hinter dem Bedarf herzukommen. Die Kapazitäten sind voll ausgelastet, so dass stark investiert werden muss, um die bestehende und weiter wachsende Nachfrage zu befriedigen. Dadurch entstehen nun wieder neue Arbeitsplätze in zukunftssicheren Branchen. Mittlerweile sind in Deutschland in den Bereichen zur Nutzung der erneuerbaren Energien schon über 200 000 neue Arbeitsplätze entstanden. Bei einer offiziellen Arbeitslosenzahl von etwa 3,5 Millionen ist das eine ganze Menge.

Noch vor 10 Jahren wurden in Deutschland die damals in größeren Mengen auftauchenden Windgeneratoren oder Sonnenkollektoren belächelt, manchmal sogar bekämpft. Nur die allergrößten Optimisten erkannten das Potential dieser Neuerungen. Mittlerweile exportiert der deutsche Maschinenbau in großen Stückzahlen technische Anlagen zur Energieeinsparung und zur Nutzung der regenerativen Energiequellen. Er ist in den meisten Positionen technologisch und qualitativ führend in der Welt, was auch auf die Risikobereitschaft von Erfindern und Unternehmern vor ein bis zwei Jahrzehnten zurückzuführen ist. Die aktuell hohe Wachstumsdynamik der Branche kommt aber woanders her – vom Energieverbraucher. Dessen Nachfrage versetzt die Unternehmer erst in die Lage, langfristig zu investieren und Maschinen und Geräte mit geringerem Energieverbrauch und folglich geringerer Umweltbelastung anzubieten.

Die Verbraucher wiederum haben ihre eigenen, spezifischen Motive für ihre Bereitschaft in neue energiesparende Geräte und Anlagen zu investieren. Die eine Gruppe von Verbrauchern war sich schon vor Jahren des Zusammenhangs zwischen Energieverbrauch und Umweltbelastung bewusst und hat von sich aus rational reagiert, auch wenn es nicht unbedingt wirtschaftlich sinnvoll war. Denn die Preise für die klassischen Energieträger waren in der Vergangenheit noch relativ niedrig. Die zweite Gruppe – und das ist der größere Teil – handelt unter dem Druck der hohen und weiter steigenden Energietarife, das heißt unter ökonomischem Druck. Für den Schutz der Umwelt ist das Motiv des Handelns letztlich egal, Hauptsache der Energieverbrauch verringert sich. Er tut das und kann das mittlerweile auch – das ist besonders wichtig –  ohne Verlust an Lebenskomfort. Keiner braucht also zu frieren oder nur noch zu Fuß zu laufen, um die Umwelt zu schützen.

In Kasachstan gibt es bis jetzt leider noch keine „Informationswelle“ über den Klimawandel und seine Folgen, erst recht noch keine „Welle“ von Tipps zum Energiesparen. Solche wären zum Teil auch kaum umzusetzen – zum Beispiel bei den nicht gegebenen Möglichkeiten zum Regulieren der Heizungssysteme. Andererseits wären Energiesparhinweise aber bitter nötig – zum Beispiel für die Autofahrer. Doch es gibt auch erste positive Anzeichen, wenn auch noch sehr wenige. So soll im nächsten Jahr in Kasachstan mit der Herstellung von Sonnenkollektoren und von Windgeneratoren begonnen werden. Ebenfalls sollen Kapazitäten zur Erzeugung von Biodiesel errichtet werden. Das ist ein Anfang, der aber mit Sicherheit in absehbarer Zeit nicht die Dimensionen Deutschlands erreichen kann. Es fehlen in Kasachstan ganz einfach der Wille der Politik und die realen Möglichkeiten für die meisten Verbraucher, den Energiebedarf signifikant zu beeinflussen.

Die hohen Energiepreise sind langfristig für die deutsche Wirtschaft ein großer Vorteil, denn sie zwingen zu Innovationen, die sich gut auf den Weltmärkten verkaufen lassen. Die niedrigen Energietarife in Kasachstan sind für die Innovationskraft der kasachischen Volkswirtschaft langfristig folglich eher ein Nachteil.

Bodo Lochmann

12/10/07

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