Kein Staat, außer die Supermacht USA kann es sich leisten, auf Kosten anderer Staaten zu leben. Einer der größten Kreditgeber ist zum Beispiel China. Warum das Haushaltsproblem der USA auch zum Problem der chinesischen Volkswirtschaft werden könnte, das weiß Dr. Bodo Lochmann.)
In den letzten Wochen hat der Haushaltsstreit in den USA vor allem die Finanzwelt, aber auch die politische Weltbühne in Atem gehalten. Eher ungläubig wurden die Prozesse der Selbstblockade der größten Wirtschaftsmacht der Welt verfolgt, wurde beobachtet, wie sich die politischen Kräfte des Landes gegenseitig zu schaden versuchten und auch nicht zu den kleinsten Kompromissen bereit waren. Zehntausende Staatsangestellte konnten nicht bezahlt werden und wurden fast einen Monat lang in den Zwangsurlaub geschickt, der Präsident selbst musste geplante Auslandsreisen aus Geldmangel absagen. Der radikale Teil der oppositionellen Republikaner wollte auf keinen Fall einen Kompromiss mit dem Präsidenten. Dabei ging es ihnen nicht mal um weitere Schulden, sondern vor allem um die teilweise Rücknahme der „Obamaschen Gesundheitsreform“. Diese ist auch für die meisten Amerikaner eher eine gute Sache, nicht jedoch für die Ultrarepublikaner, die alles hassen, was vom Staat kommt.
Klar, der Schuldenstand des amerikanischen Staates ist horrend hoch. Er hat mit über 16 Billionen Dollar den Wert des Bruttoinlandsproduktes überschritten. Das ist schon ein Problem. Dass gespart werden muss, steht außer Frage.
National bewirken die hohen Staatsschulden eine enorme Belastung des Staatshaushalts mit Zinszahlungen, die zunehmend die finanziellen Spielräume der Regierung einengen. Da sich der Staat das meiste Geld auf den internationalen Finanzmärkten beschafft, kommt hinzu, dass die Akteure auf diesen Märkten sich zunehmend fragen, wie lange denn die Amerikaner ihre Schulden noch bedienen können. Es gilt die Regel, dass ab etwa 80 % Staatsschulden vom BIP sich die Staatsfinanzen in einem sehr problematischen Zustand befinden und das Land kaum noch in der Lage ist, da ohne internationale Hilfe herauszukommen. Andere Länder wurden bei einem solchen Schuldenstand auch schon regelmäßig von den Finanzmärkten abgestraft, was sich über ein verschlechtertes Rating in höherem Zinsniveau für neue Kredite ausdrückt. Im Falle USA sind die Akteure auf den internationalen Finanzmärkten jedoch erstaunlich ruhig geblieben und haben trotz des politischen Durcheinanders keine Panik gezeigt. Das zeigt durchaus vom Vertrauen in die wirtschaftliche Stärke der USA, denn kaum ein anderes Land hätte sich ungestraft ein solches Theater leisten können.
Andererseits zeigen die Vorgänge aber auch die Verletzbarkeit der Supermacht USA auf. Dabei geht es nicht nur um mehrere Dutzend Milliarden Dollar, die das Land durch den teilweisen wirtschaftlichen Stillstand erlitten hat. Das ist wohl unangenehm, aber doch zu verkraften. Der internationale politisch-strategische Schaden jedoch dürfte enorm sein.
Vor allem der Hauptkreditor der USA – China – reibt sich schon die Hände, weil sich durch die Selbstschwächung der USA die Chancen für den chinesischen Renimbi erhöhen, schneller als gedacht eine Weltwährung zu werden. Andererseits beäugt China argwöhnisch die Vorgänge in den USA, weil die Chinesen dort gewaltige Mittel investiert haben. Insgesamt etwa ein Drittel der weltweit verkauften US-Staatsanleihen liegen in chinesischen Banken und Fonds. China ist der größte ausländische Gläubiger der USA und darum ist das US-Haushaltsproblem auch Chinas Problem. China sitzt – bedingt durch die jahrelang enormen Außenhandelsüberschüsse – auf einem unvorstellbar hohen Devisenbestand (etwa 3600 Milliarden Dollar) und hat schon einige Probleme, dieses viele Geld zinsbringend anzulegen.
Logischerweise will man sein Geld wiedersehen, weshalb China einen Gutteil seiner Reserven in die bisher als ziemlich sicher geltenden Staatspapiere angelegt hat. Diese Anlagen nun wegen der inneren Konflikte in den USA einfach zu verkaufen geht bei den enormen Mengen an Papieren, die China hält, auch nicht so ohne Weiteres. Schließlich würden dann deren Marktkurse und zugleich noch der Wechselkurs zum Dollar sinken und so drastische Verluste generieren. Außerdem gehen jeden Monat nicht weniger als drei Milliarden Dollar in China aus den USA ein, die Zinsen für die gehaltenen US-Staatsanleihen. Darauf will man natürlich auch nicht verzichten.
Die beiden Großen dieser Welt sind im Moment also untrennbar miteinander verbunden, eine Art Hassliebe sozusagen.
Für den Moment ist in den USA zwar ein Kompromiss gefunden worden, das Problem der überdimensionierten Staatsschulden – angehäuft unter Präsidenten beider Lager – bleibt jedoch ungelöst. Im Januar steht der nächste Konflikt an, im Moment stehen die Zeichen eher auf Unversöhnlichkeit. Ein gutes Zeichen für die Weltwirtschaft, ganz zu schweigen von den USA selbst, ist das nicht.