Es ist kaum noch etwas zu hören von dem vor sechs-sieben Jahren doch ziemlich lauthals angekündigten und gar in einem speziellen Gesetz verankerten Vorhaben, Almaty zum führenden regionalen Finanzzentrum aufzubauen. Damals ist nicht wenig Geld für internationale Beratungsfirmen ausgegeben worden, die die Regierung in diesem Vorhaben bestätigt haben.

Mit aufmerksamem Blick sieht man Werbeschilder der speziell für den genannten Zweck gegründeten Finanzorganisation RFCA, die auch praktisch tätig ist, wenn auch in wesentlich bescheidenerem Umfange als geplant. Offizieller Grund für den bisherigen Misserfolg ist die Finanzkrise an sich; hinzuzufügen ist auf jeden Fall die Selbstüberschätzung der eigenen Potentiale. Wenn man vielleicht noch ein klassisches Produktionszentrum mit staatlichem Dekret schaffen kann, dürfte das für den sensiblen Bereich der Finanzen, wo eine mehr als gehörige Portion Vertrauen eine Rolle spielt, eher nicht funktionieren.

Zum allmählichen Herausprägen eines Finanzzentrums sind mindestens zwei sachliche Voraussetzungen notwendig: 1. ein stabiler Bankensektor und 2. ein funktionierender Wertpapiermarkt. Beides ist in Kasachstan im Moment nicht vorhanden. Über den Zustand des Bankensektors dürften allgemein ausreichend Informationen bekannt sein, obwohl man da manchmal auf die tollsten Meinungen über dessen Zustand trifft.

Nun soll im Bereich der Finanzmärkte ein qualitativ neuer Schritt unternommen werden, um von einem solchen auch berechtigterweise sprechen zu können. Gemeint ist das im Herbst dieses Jahres startende Projekt des sogenannten „Volks-IPO“, also der Ausgabe von Aktien von Staatsbetrieben für das einfache Volk.

Der Plan ist durchaus begrüßenswert, schließlich ist eine übermäßige Konzentration von Wertpapieren in nur wenigen Händen aus verschiedener Sicht auf Dauer nicht gut. Unter eine breitere Volksschicht sollen ab September dieses Jahres Aktien des Staatskonzerns „Kaztransoil“ kommen. In 2013 folgen dann der Stromübertrager „Kegoc“, „Air Astana“, „Kazmortransport“, „Samruk-Energo“ und „Kaztransgas“. Für 2014 bis 2015 sind dann die Börsengänge der Eisenbahngesellschaft “Kasachstan Temir Zholy“, „Kaztemirtrans“, „Kazatomprom“ und „Kazmunaigas“ angekündigt. Obwohl der Staat Hauptaktionär in allen Unternehmen bleiben wird, ist das insgesamt ein durchaus interessantes und wichtiges Programm der Teilprivatisierung der bisherigen Staatsgiganten. So weit, so gut.

Eine Reihe von Fragen bleibt aber. Zuerst einmal die, ob die nicht gerade erfolgreiche Teilprivatisierung von „Kasachtelekom“ vor zwei Jahren auch ausreichend gründlich analysiert worden ist. Damals war ebenfalls von einer bevorstehenden Verbreiterung der Aktionärsbasis geschwärmt worden, real sind die angebotenen Aktien dann aber in den Depots nur weniger gelandet. Das Gleiche war beim Experiment mit dem direkten Verkauf von Staatsanleihen an die Bürger der Fall. Jetzt soll also strikt nur an Privatpersonen verkauft werden. Das ist richtig, hebt jedoch das ABER nicht auf. Zum einen ist die Schicht der in finanziellen Fragen ausreichend Gebildeten wohl noch überschaubar, vor allem aber wird man den Sekundärmarkt kaum überwachen und steuern können (und wohl auch nicht wollen). Es wird also für trainierte Strukturen keine Schwierigkeit sein, über Privatpersonen die Aktien zu erwerben und sie dann doch in einer eigentlich nicht erwünschten Masse zu konzentrieren.
Löblich ist auch das der Teilprivatisierung vorgeschaltete Informationsprogramm zur Funktionsweise von Wertpapieren, speziell Aktien. Dafür ist Geld und Zeit geplant. Für Letzteres allerdings nur ganze vier Monate. Wie da eine dringend breitere Aufklärung gelingen soll, ist mehr als schleierhaft.

Und nicht zuletzt bleibt als kritischer Punkt die Frage der Transparenz der Tätigkeit der für das „Volks-IPO“ vorgesehenen Unternehmen. Natürlich gelten mittlerweile auch in Kasachstan für Unternehmen, speziell auch für börsennotierte, die internationalen Bilanzierungsregeln. Diese sehen eine umfassende Transparenz aller Geschäftsaktivitäten der börsennotierten Unternehmen vor, was auch von verschiedenen Organisationen geprüft wird. Formell wird das wohl schon gesichert, doch die immer noch tief sitzende Kultur „linker“ Varianten der Geschäftsführung dürfte das Transparenzvorhaben in der Praxis wohl erschweren.
Insgesamt bleiben also doch Zweifel, ob das richtige Vorhaben seinen offiziellen Adressaten, den durchschnittlichen Staatsbürger, auch erreichen kann.

Bodo Lochmann

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