Abenteuer im Bundesfreiwilligendienst: Sofia Stroh arbeitet seit September 2019 im Landheim der Tellkampfschule in Springe. Ihre Heimatstadt ist Petropawlowsk in Kasachstan, wo sie zur Zeit ihren Urlaub verbringt. In der DAZ berichtet die Freiwillige, warum sie die weite Strecke von Deutschland komplett mit dem Zug zurückgelegt hat und wie ihr Corona nun bei der Rückreise einen Strich durch die Rechnung macht.

Wer von Deutschland nach Kasachstan mit dem Zug reisen will, braucht Geduld. 69 Stunden hat meine Reise gedauert, mit vier verschiedenen Zügen und unvergesslichen Erlebnissen. Die erste Etappe von Springe nach Hannover dauerte nur eine halbe Stunde. Von Hannover bis Berlin waren es schon zwei, und dann ging es richtig los: 22 Stunden von Berlin bis Moskau, und anschließend genau die doppelte Zeit nach Petropawlowsk.

Besonders interessant war die Reise zwischen Berlin und Moskau. Auf dieser Strecke fährt der Zug „STRIZH“ durch vier Länder und überquert dabei zwei Grenzen. Der Fahrplan: Berlin, Frankfurt an der Oder, Warschau, Brest, Minsk, Smolensk und Moskau. Die Schengengrenze verläuft zwischen Polen und Weißrussland, deshalb finden hier Passkontrollen statt. Ebenfalls wichtig zu erwähnen: Hier wechselt man die Radsätze, weil die Spurweite der Schienen in Weißrussland und Russland 85 cm größer als in den Ländern der EU ist. „STRIZH“ fährt mit einer durchschnittlichen Geschwindigkeit von 92 Kilometern pro Stunde. Das Personal ist nett, bietet Getränke an, und obendrein gibt es noch die Möglichkeit, das Bordrestaurant zu besuchen und dort warm zu essen. Der Zug hat sogar WLAN, und die Schlafplätze sind bequem. Trotz der langen Zeit kam mir die Reise sehr schnell vor, da es nie langweilig wurde.

Die Umwelt beim Reisen im Blick

Bei meinem Reiseverhalten lege ich ein besonderes Augenmerk auf das Thema CO2-Emmissionen. Deshalb hatte ich mich auch für die Zugfahrt als Alternative zum Flugzeug entschieden. Denn laut Berechnungen entstehen bei einer Flugreise auf meiner Reisestrecke (4.000 Kilometer mit Hin- und Rückflug) etwa 350 Kilogramm CO2-Emission. Deutlich besser dagegen das Ergebnis bei der Zugreise: Die sorgt demnach nur für etwa acht Kilogramm CO2-Emission. Der Unterschied ist eindeutig zu sehen.

Ich für meinen Teil kann diese Art zu reisen auf jeden Fall empfehlen. Auf den ersten Blick erscheinen einem die 69 Stunden vielleicht als eine lange Zeit. Man kann diese aber sehr gut für sich nutzen, um etwa ganz in Ruhe ein Buch zu lesen oder die Mitreisenden kennenzulernen. Ich habe nur sehr gute Eindrücke gewonnen.

Dann kam Corona…

Als ich meine Reise antrat und später in Kasachstan ankam, war die allgemeine Weltsituation fast noch vollständig in Ordnung, wenngleich auch schon etwas Verwirrung in der Luft lag. Für die Rückreise nach Deutschland hatte ich den gleichen Fahrplan, und die Tickets waren auch schon gekauft. Nach zwei Wochen kam dann die Nachricht von der Russischen Eisenbahn, dass mein Zug ausfalle und auch die europäischen Züge wegen Quarantäne und geschlossener Grenzen nicht mehr verkehrten. Eine weitere Woche später schrieb mir mein Chef, dass jetzt auch in Landheim die Situation sehr schwierig sei.

Er sagte, dass sie den Vertrag mit mir unterbrechen und das Haus ab dem 1. April schließen müssten. In der zweiten Jahreshälfte werde es dann hoffentlich wieder besser.
In dieser Situation habe ich entschieden, dass ich nicht weiter versuchen werde, gerade jetzt nach Deutschland zurückzufahren. Ich bleibe nun bis zum Ende der Quarantäne in Kasachstan. Es ist schwierig, die Situation einzuschätzen, und ich glaube, dass wir im Moment einfach alle zuhause bleiben sollten.

Einen Vorteil hat die Quarantäne trotz all ihren negativen Auswirkungen auf das Wirtschaftsleben und die zwischenmenschlichen Beziehungen: Durch die Einstellung von Flugverkehr und Industrieproduktion nehmen die schädlichen Emissionen zur Zeit stark ab. Allein in China haben sie sich seit Februar um 25 Prozent reduziert. Ein solcher Bruch kann sich auch positiv auf die Ökologie unseres Planeten auswirken. Ich hoffe, dass alle Menschen nach der Krise ein Bewusstsein auch für die ökologischen Probleme zeigen und versuchen, dieses Gleichgewicht nachhaltig aufrechtzuerhalten.

Sofia Stroh

Teilen mit: