Eine Woche lang werden junge Beamte aus ganz Zentralasien und Afghanistan an der Deutsch-Kasachischen Universität (DKU) Almaty ein entscheidendes Problem der Menschen in der Region diskutieren. Wasser im Kontext des Klimawandels.
„Die Kriege der Zukunft werden um Wasser geführt.“ Diese Warnung sprach der UN-Generalsekretär Boutros Ghali bereits vor 30 Jahren aus. Auch wenn sich diese düstere Prophezeiung aktuell noch nicht eingetreten zu sein scheint, so verbirgt sich hinter Fragen nach Verteilung, Nutzung und Verschmutzung dieser kostbaren Ressource ein großes Konfliktpotenzial. Rasantes Bevölkerungswachstum und ein zunehmend spürbarer Klimawandel erhöhen den Druck gerade in Zentralasien.
Um einen transnationalen Austausch in der Region voranzubringen, wird die Tagung “Water Resources Management in the context of climate change for Central Asia and Afghanistan 2016” veranstaltet. Experten, Wissenschaftler und junge Beamte aus über acht Ländern diskutieren für vier Tage in Almaty die Hintergründe, Probleme und Perspektiven der Ressource Wasser.
Populärstes Beispiel für die Probleme der Region ist wohl der Aralsee, bzw. das, was von ihm übrig ist. Zu Sowjetzeiten wurde begonnen, rücksichtslos Wasser für die Baumwollindustrie in Usbekistan zu verbrauchen. Im Laufe der nächsten Jahrzehnte sorgte dies für eine Naturkatastrophe epischen Ausmaßes, die ein ganzes Ökosystem zerstört hat und Hunderttausende ihrer Existenz und Heimat beraubt hat. So trifft der Deutsche Generalkonsul Jörn Rosenberg den Kern des Problems, wenn er sagt: “Wasser kennt keine Staatsgrenzen.”
Aber auch neue Infrastrukturprojekte in der Region sind nicht unumstritten. So plant die Regierung in Tadschikistan den Bau des Rogun-Staudamms am Fluss Wachsch. Das wäre mit 338 Metern die höchste Talsperre der Welt. Zum einen gibt es Zweifel an der Umweltverträglichkeit und zum anderen führt es zu politischen Spannungen. Was Tadschikistan zum Exporteur erneuerbarer Energie machen soll, löst in Usbekistan Befürchtungen um einen ihrer wichtigsten Wasserquellen aus.
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Falk-Juri Knauft, Prorektor für Forschung und Kooperation an der DKU, gibt noch einen weiteren Aspekt zu bedenken. Angesichts eines erwarteten Bevölkerungsanstiegs von 80 auf 150 Millionen Menschen innerhalb der nächsten 50 Jahre in Zentralasien werden sich unter dem Bevölkerungsdruck in Zukunft diese Interessenkonflikte kaum entspannen. Hinzu kommt, dass in der Region mit der Ressource Wasser oft sehr ineffizient umgegangen wird. So verbraucht Usbekistan 90 Prozent seines verfügbaren Wassers für die bereits erwähnte Baumwollproduktion.
Der Wasserverbrauch pro Kopf im Land steigt hierdurch auf das Vierfache des Verbrauchs in Deutschland.Die Konferenz legt auch ein besonderes Augenmerk auf die Probleme, die der stetig voranschreitende Klimawandel mit sich bringt. So ist bereits an vielen Stellen der Region eine Desertifikation, also die Ausbreitung von Wüsten in vormals fruchtbares Land zu beobachten.
Gleichzeitig erklärt Professor Tilman Rost, dass die Gletscher in den Bergen Zentralasiens zum Teil bereits so schnell schmelzen, dass sie bedrohliche Hochwasser und Schlammlawinen auslösen. Vom Verlust der hierdurch verschwindenden Süßwasserreservoirs ganz zu schweigen.
Um diesen komplexen Problemen zu begegnen, wurde 2008 das Programm “Grenzüberschreitendes Wassermanagement in Zentralasien” oder auch “Berliner Prozess” ins Leben gerufen. Volker Frobarth erklärt, dass seit über sieben Jahren alle fünf zentralasiatischen Länder mit Unterstützung Deutschlands und der Europäischen Union versuchen, kooperative Lösungen für die Herausforderungen zu finden und somit Konflikte zu vermeiden.
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Knauft betont gerade mit Hinblick auf die deutsche Geschichte: “Deutschland ist auch nicht perfekt, wir glauben nicht, dass wir die Besten und die Schlausten der Welt sind, aber wir haben in der Geschichte viele Fehler gemacht, die andere nicht wiederholen müssen.” So muss die politische und menschliche Katastrophe zu Beginn des 20. Jahrhunderts in Deutschland ein mahnendes Beispiel sein. Aber auch die ökologischen Folgen einer rücksichtslosen Industrialisierung im 18. und 19. Jahrhundert wie Wasser– und Luftverschmutzung oder das fast völlige Verschwinden der Wälder zu dieser Zeit können vermieden werden, wenn man aus diesen Fehlern lernt.
Hiermit erklärt er auch die Motivation Deutschlands sich mit diesem Programm um eine bessere Zusammenarbeit auf politisch-institutioneller wie auch auf wissenschaftlich-technischer Ebene zu engagieren. Das Ziel des “Berliner Prozess” sei am Ende, gemeinsam praktische Ansätze für ein nachhaltiges regionales Wassermanagement zu finden. Denn hier sind sich alle Redner der Eröffnungsveranstaltung einig: Die Probleme sind bereits Realität und jetzt ist es höchste Zeit, gemeinsam Lösungen zu finden.
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