Die Bankenkrise 2008 – 2009 wurde unerwartet schnell überwunden. In den beiden letzten Jahren boomt der Realsektor weltweit stark, viele Unternehmen befinden sich an der Grenze der Auslastung ihrer Produktionskapazitäten, manchmal müssen Kunden gar längere Wartezeiten in Kauf nehmen, um ihre bestellte Ware zu bekommen. Der Preis für diesen Wirtschaftsboom ist allerdings nicht gering, schließlich war die Bankenkrise nur durch das völlig ungeplante Überweisen gewaltiger und eigentlich nicht vorhandener Geldmengen an den privaten Sektor durch den Staat überwindbar. In der Folge ging die Bankenkrise in vielen Staaten nahtlos in die Krise der Staatsfinanzen über. Dabei ist im Bankensektor selbst die Krise noch nicht vorbei. Eine ganze Reihe von Großbanken hat nach wie vor heftige Bauchschmerzen in Form sehr instabiler Finanzeckwerte, und es wird noch einige Jahre dauern, bis diese Schmerzen verschwunden sind. Die neuen Probleme im Finanzbereich kommen deshalb durchaus zur Unzeit, da die alte Krankheit noch gar nicht richtig geheilt ist.

In der wirtschaftswissenschaftlichen Theorie ist die jüngste Bankenkrise im Moment erst dabei, der Star der Forschungen zu werden. Bisher dominieren eher Beschreibungen der komplexen und dynamischen Abläufe der Krisenjahre sowie Teilanalysen. Versuche einer grundlegenden theoretischen Interpretierung sind sicher auch noch nicht zu erwarten, dazu sind die Ereignisse noch zu jung.

Interessant sind die bisher vorliegenden Teilergebnisse aber allemal. Wie kaum anders zu erwarten war, ist sich die Ökonomenzunft natürlich in der Interpretation der bekannten Fakten keinesfalls einig. Das ist normal, schließlich ist die Wirtschaft kein mechanisches Gebilde, dessen Abläufe man mehr oder weniger sicher vorhersagen kann. Dort wo große Menschengruppen am Ablauf von Prozessen beteiligt sind, wird es wohl immer zu unterschiedlichen Bewertungen kommen müssen.

Ein Großteil der Untersuchungen zu den Krisenursachen konzentriert sich auf die Frage, ob mehr oder weniger Wettbewerb im Bankensektor richtig wäre. Die Lager sind in dieser Frage zwar gespalten, doch die Meinung, dass schärferer Wettbewerb eher die Bankenstabilität erhöht, dominiert trotzdem. Zu wenig Wettbewerb macht demnach den Bankensektor träge, es fehlt an der Motivation zur stetigen Verbesserung der eigenen Finanzkennziffern. Grundlage dieser Sicht ist die Beobachtung, dass gerade solche Länder mit einer hohen Konzentration des Bankensektors (relativ geringe Zahl von Banken), wie Großbritannien und die USA, von der Bankenkrise besonders stark erwischt wurden. Deutschland dagegen, das über einer sehr hohen Bankendichte oder mit anderen Worten mit seinen 2 500 Banken über eine starke Dezentralisierung des Bankensektors verfügt, ist dagegen ziemlich glimpflich durch die Krise gekommen. Nachweisbar ist, dass europaweit gerade die Bankinstitute besonders schlecht wirtschafteten, in deren Heimatländern eine hohe Marktkonzentration herrscht. Die gleiche Aussage gilt für Banken, die sich im Wesentlichen auf ihre Heimatländer konzentrierten, also nicht oder nur gering international tätig waren. Auf den Finanzweltmärkten bläst nun mal in der Regel ein schärferer Wind als auf den vielleicht auch noch abgeschotteten Heimatmärkten.

Doch was unterscheidet den Wettbewerb von Banken eigentlich so grundlegend von dem auf anderen Märkten? Kaum ein Ökonom zweifelt daran, dass harter Wettbewerb bei der Erzeugung von Produkten und Dienstleistungen gut ist, schließlich zwingt er die Firmen, billiger und besser zu produzieren. Das aber gilt bei Banken nur eingeschränkt. Zwar sind die Banken auch „nur“ Unternehmen, aber eben sehr spezielle. Schließlich sind die Folgen von Bankeninsolvenzen infolge ihrer tiefgehenden Verflechtung mit vielen Wirtschaftsbereichen und den privaten Haushalten deutlich gravierender als bei einem normalen Produktionsbetrieb. Bei einem Bankencrash werden den Produktionsunternehmen ohne Eigenschuld die Zugänge zu Krediten und anderen Bankprodukten abgeschnitten, während der Ausfall eines Produktionsunternehmens meistens durch andere ausgeglichen werden kann.

Die geübte Praxis der Rettung von nichtliquiden Banken wird in den jüngsten Untersuchungen zwar als alternativlos, aber dennoch nicht als ungefährlich dargestellt. Auch Banken, so der Tenor, müssen bankrott gehen können, ansonsten kann sich die Mentalität des ungerechtfertigt hohen Risikos ausbreiten, denn man weiß ja, dass Vater Staat helfen wird. Allerdings sollten für den Bankrott einer systemstützenden Großbank klare Regeln einer geordneten Insolvenz gelten, die chaotische Zusammenbrüche verhindern.

Die Bankenkrise wurde nicht unwesentlich – manche Forscher meinen gar ausschließlich – durch den Herdentrieb vieler Geldhäuser zumindest verstärkt. Auf der Jagd nach höchster Rendite wurden von zu vielen Banken wichtige Regeln unbeachtet gelassen, alle legten das gleiche Risikoverhalten an den Tag. Konservatives Verhalten dagegen, dass nicht auf das ganz schnelle Geld aus war, wurde seinerzeit zwar belächelt, hat aber wesentlich weniger Probleme hervorgebracht, als bei gar zu risikofreudigem Verhalten.

Die Ergebnisse dieser Studien sind ohne prinzipielle Einschränkungen auch für den kasachischen Bankensektor gültig.

Bodo Lochmann

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