Allein die Anreise zur Sommerschule war ein Abenteuer. Nach der stundenlangen Zugfahrt, die man von Astana, Karaganda, Bischkek, Kostanai oder Pawlodar bis Öskemen auf sich nehmen musste, ging es von Öskemen weiter mit dem Taxi über holprige Straßen bis zum Buchtarma-See und weiter mit einem Kutter, den man aber würdevoll Fähre nennt, in den entlegenen Ferienort Ajudinka. Doch die Ankunft in diesem Stück unberührte Natur entschädigte. Die felsigen Berge, der blaue, kühle See und die absolute Ruhe – ein idealer Platz für eine Sommerschule. Eine Erkenntnis, die wohl auch die Sprachlernzentren (SLZ) Kasachstans und Kirgisistans gemeinsam mit dem Goethe-Institut Almaty hatten, denn hier fand Mitte Juni bis Anfang Juli deren Sommerschule statt.

/Bild: privat. ‚„Wochenend und Sonnenschein“: dieses Lied der Comedian Harmonists beschreibt die Stimmung während der Sommerschule wohl am treffensten.’/

Die Sommerschule der Sprachlernzentren Kasachstans und Kirgisistans sowie des Goethe-Instituts Almaty stand ganz unter dem Motto Landeskunde und interkulturelles Lernen – und dieses Thema war sowohl während der täglichen Seminare als auch im Alltag Programm. An dem Seminar nahmen neben den 15 kasachstanischen Teilnehmern auch drei Deutschlernende aus Kirgisistan teil, außerdem waren deutsche Muttersprachler anwesend. Der Austausch zwischen den Nationen und Kulturen war dem Dozenten und Projektberater des Goethe-Instituts Winfried Berndt besonders wichtig: „Die Teilnehmer sollen sich mit ihrer eigenen Region und Kultur auseinandersetzen und damit auch offen für andere Kulturen werden.“ Die ehemalige Germanistikstudentin Kamilla Kerimschan Kizi, die bereits zwei Jahre lang in Deutschland lebte, hat, wie sie selbst sagt, während dieser zwei Wochen viel über ihr Nachbarland Kasachstan gelernt, aber auch über ihr eigenes Land – Kirgisistan.

Das Programm der Sommerschule selbst war buntgemischt. Die Themen der Seminare reichten von interkultureller Kommunikation und Kulturschock, über Grundrechte in der BRD, deutsche Sitten und Bräuche, Literatur, Wirtschaft bis hin zu Globalisierung. Im Rahmen eines Seminars „Medien“ fand eine Schreibwerkstatt zum Thema „interkulturelles Leben“ statt. (Die Ergebnisse der Teilnehmer sind in dieser sowie in den nächsten Ausgaben der DAZ nachzulesen.) Die Workshops am Abend beschäftigten sich u.a. mit dem Thema Sport, den deutschen Bundesländern, Kunst, klassischen Märchen, oder man rappte die Gedichte von Schiller, Goethe und Co. „Das Programm muss so vielseitig, sein“, erklärte Winfried Berndt, „denn auch die Gruppe der Teilnehmer ist vielseitig und schließlich wollen wir möglichst viele Interessen abdecken.“

In den Kursen saßen Germanisten neben Elektrotechnikern, Informatiker neben Biotechnikern. Was sie alle verbindet – ihr Interesse an Deutschland und der deutschen Sprache. Auch wenn der Fokus der Sommerschule auf der Vermittlung von Allgemeinwissen zu verschiedenen Themenbereichen lag, so hatte dies doch den positiven Nebeneffekt – nämlich der tägliche Umgang in deutscher Sprache. Schanar Sadykowa – Studentin aus Pawlodar, die ein halbes Jahr in Neubrandenburg studiert hat und nun auch ihren Master in Deutschland machen möchte – erklärte: „Ich werde jeden Tag ein bisschen mutiger, Deutsch zu sprechen.“

Es schien, als sei es Winfried Berndt auch ein besonderes Anliegen, die Teilnehmer mit den deutschen Eigenheiten vertraut zu machen und sie somit auf das Studium und die Arbeit in Deutschland und mit Deutschen vorzubereiten. Dass das nicht immer einfach sein wird, haben die Kursteilnehmer ziemlich schnell gelernt. Auf die Frage, was er während der Sommerschule gelernt, antwortete Andrej Klein: „Neue Vokabeln und was ein Kulturschock ist.“

Es war die erste Sommerschule, die die SLZ’s und das Goethe-Institut gemeinsam anlässlich des Jahres „Deutschland in Kasachstan“ sowie des 10-jährigen Bestehens des Sprachlernzentrums Öskemen organisiert haben. Ob es ein Nachfolgeprojekt geben wird, ist ungewiss. Aber auszuschließen ist es nicht, denn das Resümee, das Veranstalter, Dozenten und Teilnehmer gezogen haben, war durchaus wohlwollend-positiv. Maria Kalelowa, Leiterin des SLZs in Öskemen, ist mit der Sommerschule mehr als zufrieden. Besonders freut sie sich über das Interesse und das Engagement der Teilnehmer. „Viele Teilnehmer haben ihr Interesse an einer weiteren Sommerschule im kommenden Jahr erklärt.“

Nach vierzehn lehrreichen, spannenden und erfahrungsreichen Tagen gemeinsam in Ajudinka hieß es aber erst einmal Abschied nehmen. Teils mit feuchten Augen machen sich die Teilnehmer der Sommerschule auf den Heimweg zurück nach Öskemen, Astana, Karaganda, Bischkek, Kostanai oder Pawlodar – ein Abenteuer ging zu Ende.

Von Antje Pfeifer

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