Können Frauen die Welt verändern? Der Regisseur Viktor Njemtschenko glaubt ja. Er hat die Plattform DramCom gegründet und will mit dem Projekt Lysistrata zeigen, welche Kraft weibliche Solidarität auf militärische Konflikte und Spannungen in der ganzen Welt haben kann.
„Im Moment gibt es mehr als 40 militärische Konflikte. Zeitgleich gibt es immer mehr soziale Bewegungen, die von Frauen organisiert werden und die Weltordnung im 21. Jahrhundert beeinflussen. Sie verändern die öffentliche Weltanschauung. Das Projekt Lysistrata der Plattform DramCom untersucht die Natur dieser Veränderungen und bietet eine Fantasie über den Versuch einer radikalen Veränderung der Ordnung durch Frauen“, sagt der Regisseur Viktor Njemtschenko.
Die Premiere der pazifistischen Tragikkomödie „Lysistrata“ fand am 23. Februar im Kulturraum „Transforma” statt. Gleichzeitig wurde die Aufführung im Internet übertragen. In den Hauptrollen waren Jelena Taimatowa, Aleksandra Morozowa, Jelena Wownowa, Torry Talgat, Natascha Dubs, Johanna Schamschadin, Madi Bekdair und Marat Abischew zu sehen. Laut Angaben von DramCom haben 3.600 Menschen die Premiere live im Internet mitverfolgt.
Lesen Sie auch: Modernes Tanztheater „Kyz Kuu“ bringt Brautraub auf die Bühne
Feministische Antikriegsbewegung
„Wir werden uns weigern, Kinder zur Welt zu bringen, die später getötet werden oder selbst zu Mördern werden; die Opfer gieriger Geschäftsleute, von Politikern oder religiösen Fanatikern werden. Wir werden den Männern solange die Intimität versagen, bis diese unmenschliche Barbarei aufhört“, erklärt Lysistrata, dargestellt von Jelena Taimatowa, zu Beginn des Stücks, während im Hintergrund Kriegsbilder auf einer Videoleinwand laufen. Sie organisiert mit vier weiteren Frauen eine Antikriegsbewegung. Zu ihnen gehören eine junge Frau, die von ihrem Mann misshandelt wird, eine Prostituierte, eine Lehrerin mittleren Alters und eine Studentin. Selbst ein Mann macht bei der Bewegung mit und versorgt die Frauen mit rosa Skimasken, mit denen sie ihre Gesichter verbergen können.
Im Laufe des Stücks haben die Frauen mit verschiedenen Schwierigkeiten zu kämpfen. Als einige kurz vor der Aufgabe stehen, zerstreitet sich die Gruppe und Lysistrata erkennt, dass sie in ihrem Kampf gegen die Männer und die Kriege in der Welt, selbst Gewalt und Konflikte in die Gruppe gebracht hat. Ein Soldat soll die Aktivitäten der Gruppe schließlich gewaltsam beenden. Er weigert sich jedoch und schließt sich dem Kampf ebenfalls an. Am Ende merkt Lysistrata, dass sie zwar ihre Schlacht gewonnen hat, die Kriege in der Welt aber trotzdem weitergehen werden. Es sind nicht die Männer die Schuld am Krieg haben: Vielmehr tragen alle Menschen die Verantwortung für den Frieden. Es gebe gute und schlechte Menschen in der Welt und man müsse all diejenigen unterstützen, die gegen die Bösen kämpfen.
Lesen Sie auch: „Wer zwingt, kann nicht geliebt werden“
Alte Thematik, neu umgesetzt
Lysistrata, die Heeresauflöserin, stammt ursprünglich von dem griechischen Dichter Aristophanes. Die Komödie wurde im Frühjahr 411 v. Chr. – im zwanzigsten Jahr des Peloponnesischen Krieges – uraufgeführt. Sie thematisiert den Kampf einiger Frauen gegen die Männer als Verursacher von Krieg und den damit verbundenen Leiden. So verschwören sich die Frauen Athens und Spartas, um Frieden zu erzwingen. Unter Führung der Titelheldin Lysistrata besetzen sie die Akropolis und verweigern sich fortan sexuell gegenüber ihren Gatten. Am Ende führt der Liebesentzug tatsächlich zum Erfolg.
Natascha Dubs, Leiterin der Deutschen Theaters in Almaty, sagte im Vorfeld der Aufführung: „Dieses Projekt ist für mich aus mehreren Gründen wichtig: Erstens haben wir ein cooles Team, mit dem die Arbeit interessant ist. Zweitens habe ich eine solche Rolle noch nie gespielt. Es hat mich selbst überrascht. Drittens betrifft mich das Thema als Mutter, Tochter, Frau und Mensch. Wir werden über Krieg und Frieden, über Liebe und Hass, über Wahl und die Kosten dieser Wahl sprechen.“ Das Ziel des Stückes war, zu zeigen, dass Frauen durch Humanismus und Liebe, etwas verändern können, wenn sie sich zusammenschließen.
Das Projekt wurde über eine Crowdfunding-Kampagne finanziert. Das Ziel war es, 1,2 Millionen Tenge (ca. 3.000 Euro) zu sammeln, um Musikinstrumente, die Technik, Requisiten und die Videos zu kaufen, die während der Show gezeigt wurden. Bisher kamen so über die Plattform baribige.kz 336.00 Tenge zusammen. Die Aufführung wurde außerdem von den Neuen Bürgerinitiativen, vom British Council und der Soros Foundation Kazakhstan unterstützt.